Frohnauer Hammer

Frohnauer Hammer
Technisches Museum Frohnauer Hammer - Ansicht der Schmiede von außen
Das Herrenhaus, heute Gaststätte; im oberen Stockwerk ist eine für Museumsbesucher zugängliche Klöppelstube eingerichtet
Das Herrenhaus des Frohnauer Hammer 1965

Der Frohnauer Hammer ist ein historisches Hammerwerk in Frohnau, einem Ortsteil von Annaberg-Buchholz. Das Werk stellt einen bedeutenden Sachzeugen der protoindustriellen Entwicklung im Erzgebirge dar. Von den ehemals zahlreichen Hammerwerken blieben in Sachsen neben dem Frohnauer Hammer nur drei weitere Anlagen, der Eisenhammer Dorfchemnitz, der Kupferhammer Grünthal und das Freibergsdorfer Hammerwerk funktionsfähig erhalten.

Der an der Sehma gelegene Frohnauer Hammer wurde 1907 das erste technische Denkmal in Sachsen. Zum Museumskomplex gehören neben dem eigentlichen Hammerwerk eine Ausstellung zu den geschmiedeten Produkten, ein Freiformschmiedehammer, ein Mechanischer Berg sowie eine Klöppelstube.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Frohnauer Hammer geht auf eine im 15. Jahrhundert erwähnte Getreidemühle mit vier Mahlgängen zurück. Am 28. Oktober 1491 entdeckte Caspar Nietzel unweit der Mühle am Schreckenberg ein Silbererzvorkommen. Seit dem gleichen Jahr wurden im Garten der Mühle die Berggerichte abgehalten. Am 21. September 1496 erfolgte in den Räumen der Mühle der Beschluss zur Gründung der „Neustadt am Schreckenberg“, das spätere St. Annaberg. Namhaftester Vertreter der in Frohnau tagenden Gründungskommission war Ulrich Rülein von Calw, der Baumeister Annabergs.

1498 erhielt die junge Bergstadt das Münzrecht. Um 1590 kam die Mühle zum Stillstand und verfiel. Seit 1611 wurde sie als Ölmühle (Verwertung von Flachs) mit angegliederter Scherenschleiferei genutzt. Bereits 1616 existierten Planungen, die Mühle zu einem Eisenhammer umzubauen. Diese wurden aber erst 1621 realisiert. Wegen der Münzverschlechterungen infolge des Dreißigjährigen Krieges übernahm Kurfürst Johann Georg I. die Mühle und ließ sie zu einem Silberhammer umbauen. Allerdings arbeitete Frohnau nur für zwei Jahre und stand dann still. Der Rückbau zur Mühle war zu unrentabel, so dass der Kurfürst den Hammer 1629 an einen Scherenschmied verkaufte. Auch dem neuen Besitzer war kein wirtschaftliches Glück beschieden. Die Kriegswirren zwangen ihn 1631 zur Aufgabe des Betriebes. Seit 1632 arbeitete der Hammer dann als Kupferhammer, bis sein neuer Besitzer die Anlage 1642 wahrscheinlich wegen der Nöte des immer noch andauernden Dreißigjährigen Krieges verließ. Damit stand der Hammer nur zwanzig Jahre nach seinem Umbau still. Erst 1657 erfolgte die Wiederbelebung. Der neue Eigentümer, Gottfried Rubner, ein Annaberger Kaufmann, ließ den Betrieb für 740 Gulden bis 1660 zu einem Zain-, Zeug- und Schaufelhammer umbauen, um den im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Dreißigjährigen Krieg wachsenden Eisenbedarf zu befriedigen.

Der Eisenhammer erlebte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts seine betriebliche Blütezeit. Er entwickelte sich zu einem wichtigen Zulieferer für den Bergbau im Raum Annaberg und versorgte die Bergleute u. a. mit Schlägel und Eisen und anderen Gezähe. Daneben wurden auch landwirtschaftliche Geräte und Kunstschmiedearbeiten gefertigt. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Hammerwerken im Erzgebirge verfügte Frohnau über keinen eigenen Hochofen. Das hier verschmiedete Roheisen wurde aus anderen Eisenhütten geliefert. Am 6. Februar 1692 brannte der Hammer bis auf die Grundmauern nieder. Der damalige Besitzer, der Schmied Johann Klauß, konnte die Anlage aber sofort wieder aufbauen, was auf gut gehende Geschäfte hinweist. Beim Wiederaufbau entstand u. a. aus dem ehemaligen kleinen Wohnhaus das repräsentative barocke Hammerherrenhaus im Fachwerkstil (1697). Danach blieb der Hammer bis 1895 im regelmäßigen Betrieb, wurde aber zuletzt nur noch als Dorfschmiede genutzt. 1904 erfolgte die Stilllegung wegen mangelnder Rentabilität.

Nach der Stilllegung bemühten sich Heimatfreunde und Museen um den Erhalt des Hammers, da er deutschlandweit zu den wenigen Anlagen mit einer weitgehend original erhaltenen Technik aus dem 17. Jahrhundert gehörte. 1907 sicherte sich die Amtshauptmannschaft Annaberg ein Vorkaufsrecht am Hammer. Gleichzeitig gründete sich der Hammerbund (e.V.), der mit dem Amtshauptmann von Welck an der Spitze den Erwerb der Anlage anstrebte. Ein Jahr später (1908) konnte dieser Verein das Werk erwerben und in den folgenden Jahren als erstes technisches Denkmal Sachsens herrichten. Seit 1910 ist es als Museum zugänglich. Auch das Gasthaus wurde in jenem Jahr eröffnet. Siebzehn Jahre später (1925) konnten die drei Schwanzhämmer wieder in Funktion vorgeführt werden. 1938 wechselte der Hammer in den Besitz des Heimatwerks Sachsen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges ging das Werk in den Besitz der sächsischen Landesregierung über. Die Fortführung denkmalschützerischer Maßnahmen war wegen fehlender finanzieller Mittel nicht möglich. Dafür beschlagnahmte die SDAG Wismut die Gebäude und nutzte sie als Lager- und Verpflegungsstelle für den unmittelbar benachbarten Erkundungsschacht Nr. 132.

Nach Einstellung der Wismut-Aktivitäten wechselten sehr oft die Besitzer: Technische Hochschule Dresden, Landesregierung Sachsen, Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt. Mit der Verwaltung wurde von der Bezirksregierung die Abteilung Kultur des Rates des Kreises Annaberg beauftragt. 1952 stellte die Regierung der DDR 100.000 Mark zur Sicherung und in der Folgezeit jeweils knapp 20.000 Mark jährlich zur Erhaltung des Hammers zur Verfügung. 1953 konnte der Frohnauer Hammer als Museum wieder in Betrieb genommen werden. Innerhalb der nächsten sieben Jahre wurde die Anlage von einer Million Gästen besucht. 1985 konnte der fünfmillionste Besucher begrüßt werden, bis heute waren es rund 7,6 Millionen.

Technik

Innenansicht der Schmiede
Die Hämmer

Der Frohnauer Hammer verfügt über eine original erhaltene Hammerwerkstechnik aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Kernstück sind die drei Schwanzhämmer, deren Welle über ein oberschlächtiges Wasserrad angetrieben wird. Die Hämmer selbst haben ein Gewicht von 100 kg, 200 kg und 250 kg. Sie konnten im Betrieb eine Schlagkraft von bis zu 12 t entwickeln. Heute wird bei Vorführungen "nur" der kleine Hammer in Betrieb gesetzt. Ebenfalls erhalten blieb die Blasebalganlage. In einem Nebengebäude kann eine ebenfalls wasserradbetriebene Freihanddrehmaschine sowie eine Bohrspindel besichtigt werden.

Fallhammer

Des Weiteren ist auf dem Freigelände ein Freiformschmiedehammer aufgestellt. Diese Dampfhämmer lösten ab 1860 die wasserkraftbetriebenen Hämmer ab.

Technische Daten:

  • Baujahr 1918
  • Hersteller: Fa. Richard Hartmann, Chemnitz
  • Gesamtgewicht ohne Schabotte: 7 t
  • Fallgewicht des Hammerbärs: 600 kp (= 5884 N)
  • Größter Hub des Hammerbärs: 80 cm
  • Schlagzahl pro Minute: bis 105

Der Hammer war bis 1983 im VEB Preß- und Schmiedewerk „Einheit“ in Brand-Erbisdorf in Betrieb.

Literatur

  • Waldemar Berger: Der Frohnauer Hammer. Ein Kulturdenkmal des oberen Erzgebirges. Buchholz 1925.
  • Jörg Bräuer: Technisches Denkmal und Museum Frohnauer Hammer. Reihe Sächsische Museen kleine Reihe Nr. 5. Chemnitz 2002.
  • Siegfried Sieber: Der Frohnauer Hammer als Denkmal der erzgebirgischen Eisenindustrie. in: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz. Band XXVII. Heft 1-4. Dresden 1938. S. 1-29.
  • Dokumente zur Geschichte des Frohnauer Hammers, Heftreihe, Teil 1 - 10, Herausgeber: Technisches Museum Frohnauer Hammer und Hammerbund Frohnau e.V., 2007
  • Bernd Schreiter: 100 Jahre Hammerbund 1907 – 2007, Festgabe zum Jubiläum, Herausgeber: Hammerbund Frohnau e.V., 2007

Weblinks

 Commons: Frohnauer Hammer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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