Gerhard-Fieseler-Werke

Gerhard-Fieseler-Werke
Das Erfolgsmodell Fieseler Fi 156 „Storch“. Das hier abgebildete Flugzeug mit der Kennung D-IKVN war die Vorführmaschine des Unternehmens
Eine der in Großserie gefertigten Fieseler Fi 103 „V1“ vor dem Start
Fieseler F 4, gebaut 1932

Die Gerhard-Fieseler-Werke GmbH kurz „Fieseler-Werke“ oder „Fieseler“, waren eine Flugzeugfabrik der Rüstungsindustrie in Kassel. Bei Fieseler wurden u.a. das Verbindungsflugzeug Fieseler Storch und die Vergeltungswaffe V1 entwickelt und gebaut. Bis zum 1. April 1939 firmierte das Unternehmen unter Fieseler Flugzeugbau Kassel.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1930 übernahm Gerhard Fieseler den Segelflugzeugbau Kassel und benannte ihn 1931 in Fieseler Flugzeugbau Kassel um. Im Herbst 1933 wurde die Sportflugzeugproduktion aus räumlichen und logistischen Gründen von Ihringshausen nach Bettenhausen, Lilienthalstraße in die Hallen einer ehemaligen Munitionsfabrik verlegt. Das Reichsluftfahrtministerium erteilte Fieseler im Jahr 1934 Aufträge für Zivilflugzeuge und die Entwicklung eines Sturzkampfbombers. Ein Jahr später begann die Produktion des Langsamflugzeugs Fi 156 (Fieseler Storch) und erste Lizenzproduktionen (Messerschmitt Bf 109). Der mittlerweile auf 5300 Mitarbeiter gewachsene Großbetrieb wurde 1938 als NS-Musterbetrieb ausgezeichnet. Am 1. April 1939 wurde der Fieseler Flugzeugbau Kassel in Gerhard Fieseler Werke GmbH umbenannt.

Am 5. Juni 1942 erteilte das Reichsluftfahrtministerium den Auftrag, ein „Ferngeschoß in Flugzeugform“ zu entwickeln - die von Robert Lusser bei Fieseler entwickelte fliegende Bombe Fieseler Fi 103 (besser bekannt als „Vergeltungswaffe“ V1) ging im März 1944 bei mehr als 50 deutschen Rüstungsbetrieben in Massenproduktion. Von ca. 35.000 V1 wurden 9.251 gegen England (die meisten davon auf London) und 6.551 gegen Antwerpen abgeschossen. Bei den Luftangriffen auf Kassel wurden am 28. Juli 1943 die Fieselerwerke in Bettenhausen und Waldau Ziel eines ersten Angriffs der United States Army Air Forces (USAAF) auf Kassel. Getroffen wurden aber größtenteils „nur“ Wohngebiete und die benachbarte Spinnfaser AG. Am 22. Oktober 1943 aber kamen mehr als 10.000 Menschen beim Angriff der britischen Royal Air Force auf Kassel ums Leben. Sämtliche Industriebetriebe wurden schwer beschädigt. Die von der Luftwaffe geforderten Produktionszahlen wurden nicht erreicht, und Gerhard Fieseler wurde am 29. März 1944 als Betriebsführer der Fieseler-Werke abgesetzt. Der von Albert Speer kommissarisch eingesetzte Nachfolger Sachs verdoppelte die Produktion und setzte Todesstrafen für die Zwangsarbeiter um.[1] Am 19. April 1944 wurden die wieder instandgesetzten Fieselerwerke erneut durch Bombenangriffe der USAAF beschädigt. Ein prominenter Mitarbeiter von Fieseler vor 1944 war der Konstrukteur Erich Bachem, der dann 1944 bis 1945 im eigenen Unternehmen das erste senkrecht startende bemannte Raketenflugzeug Bachem Ba 349 („Natter“) und ab 1957 bei Hymer den Eriba Caravan produzierte.

Am 15. Oktober 1947 gaben die alliierten Militärgouverneure bekannt, dass die Gerhard-Fieseler-Werke im Rahmen ihres Demontageplans abgebaut werden. Bis heute erinnert der Straßennamen Am Fieseler Werk in Lohfelden an den früheren Standort des Unternehmens.

Flugzeugproduktion bei Fieseler

Fieseler baute sowohl Flugzeuge aus eigener Entwicklung als auch Lizenzbauten anderer Hersteller.

Zeitweise waren mehr als 10.000 Arbeiter und Arbeiterinnen, darunter tausende niederländische und französische Zwangsarbeiter, in den drei Kasseler Fieseler Werken beschäftigt.

Entwicklungen von Fieseler

Bezeichnung Name Verwendung Stückzahl
Fieseler F 1 Tigerschwalbe Kunstflug-Flugzeug 1
Fieseler F 2 Tiger Kunstflug-Flugzeug 1
Fieseler F 3 Wespe Sport- und Reiseflugzeug 3
Fieseler F 4 Sport- und Reiseflugzeug 2
Fieseler F 5 Schul-, Sport und Reiseflugzeug 51
Fieseler F 6 Schul- und Sportflugzeug 1
Fieseler Fi 97 Sport- und Reiseflugzeug 5
Fieseler Fi 98 Doppeldecker-Sturzkampfflugzeug 3
Fieseler Fi 99 Jungtiger Sport- und Reiseflugzeug 1
Fieseler Fi 103 V1 Fliegende Bombe rund 35.000
Fieseler Fi 156 Storch Verbindungsflugzeug 2.867
Fieseler Fi 157 Versuchsflugzeug, unbemanntes Zielflugzeug 3
Fieseler Fi 158 Versuchsflugzeug 1
Fieseler Fi 166 Projekt mit Wernher von Braun -
Fieseler Fi 167 Torpedobomber 14
Fieseler Fi 168 Projekt eines Erdkampfflugzeuges -
Fieseler Fi 253 Spatz Sport- und Reiseflugzeug 6
Fieseler Fi 256 Verbindungsflugzeug 6
Fieseler Fi 333 Projekt eines militärischen Mehrzweck-Transportflugzeuges -

Lizenzbauten

Bezeichnung Name Verwendung Stückzahl
Bf 109 Jagdflugzeug (Insbesondere das nur bei Fieseler produzierte Modell Bf 109 T, das für den Einsatz auf dem deutschen Flugzeugträger Graf Zeppelin bestimmt war.)
Fw 190 Jagdflugzeug

Gerhard-Fieseler Stiftung

Am 17. Oktober 1980 wurde die Gerhard-Fieseler-Stiftung in Kassel gegründet. Zweck ist die Förderung bestehender gemeinnütziger Institutionen des Wohlfahrtswesens, des Sports, der Altenhilfe sowie von Kunst und Kultur.

Weblinks

 Commons: Fieseler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Thorsten Wiederhold: Gerhard Fieseler – eine Karriere. Ein Wirtschaftsführer im Dienste des Nationalsozialismus. In: Nationalsozialismus in Nordhessen – Schriften zur regionalen Zeitgeschichte, Band 20) Jenior, Kassel 2003, ISBN 3-934377-98-X.
  • Gerhard Fieseler: Meine Bahn am Himmel. (Autobiographie). Bertelsmann Verlag, München 1989, ISBN 3-570-01192-5.
  • Gückelhorn, Wolfgang/ Paul, Detlev: V1 - „Eifelschreck“ Abschüsse, Abstürze und Einschläge der fliegenden Bombe aus der Eifel und dem Rechtsrheinischen 1944/45. Helios, Aachen 2004, ISBN 3-933608-94-5.

Einzelnachweise

  1. Peter, Heinrich Pilot des Superstorches Peter, Heinrich: Radiointerview vom 4. Dezember 2006 In: erinnerungen-im-netz.de

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