Fieseler Fi 156

Fieseler Fi 156
Fieseler Fi 156 Storch
Fieseler Storch im Deutschen Museum, ehem. Schweizer Armee
Typ: STOL-Verbindungsflugzeug
Entwurfsland: Deutsches Reich NSDeutsches Reich (NS-Zeit) Deutsches Reich
Hersteller: Gerhard-Fieseler-Werke
Erstflug: 10. Mai 1936
Indienststellung: 1937
Produktionszeit: 1936 bis 1949
Stückzahl: 2.867

Die Fieseler Fi 156 ist ein propellergetriebenes Flugzeug, das erstmals 1936 flog. Entwickelt und gebaut wurde es in den Gerhard-Fieseler-Werken in Kassel. Der Storch, wie er wegen seines hochbeinigen, starren Fahrgestells genannt wurde, wurde im gesamten Zweiten Weltkrieg als Verbindungs-, Beobachtungs- und Sanitätsflugzeug eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Konstruktion

Fi 156 im Langsamflug; gut zu sehen die Landeklappen und der feste Vorflügel.

Das Tragwerk war mit starren Vorflügeln über die gesamte Spannweite, statisch ausgeglichenen Schlitz-Querrudern mit Flettner-Ruder über die halbe Spannweite und großen Landeklappen ausgestattet. Das sorgte für gute Langsamflug- und STOL-Eigenschaften. Die Tragflächen ließen sich zum Straßentransport um 90° nach hinten wegklappen. Eine großzügig verglaste Kabine erlaubte eine ausgezeichnete Rundumsicht. Konstrukteur der Maschine waren Dipl.-Ing. Reinhold Mewes und sein Stab, die seit 1934 bei den Gerhard-Fieseler-Werken angestellt waren.[1]

Besondere Flugleistungen

Fi 156 während der Befreiung Benito Mussolinis vom Gran Sasso

Die Konstruktion des Storches ermöglichte ihm eine extrem niedrige Mindestfluggeschwindigkeit von unter 50 km/h. Somit verringerten sich auch die Anforderungen an Start- und Landestrecken. Zum Start reichten dem Storch bei Gegenwind 50 Meter, zum Landen 20 Meter. Das Flugzeug flog langsam genug, um Fernmeldekabel verlegen zu können. Bei entsprechendem Gegenwind konnte der Storch auch in der Luft stehen oder sich gar rückwärts bewegen.

Hans Heinz Rehfeldt beschreibt in seinem Kriegstagebuch die Landung eines Fieseler Storches mit den Generälen von Richthofen und Hoernlein an der Front bei Jassenki am 2. Juli 1942.[2]

Ein spektakulärer Einsatz eines Fieseler Storches war das Unternehmen Eiche, die Befreiung des gestürzten italienischen Diktators Benito Mussolinis vom Gran Sasso d'Italia am 12. September 1943.

Internationale Anerkennung erlangten die Störche, als am 19. November 1946 eine Douglas C-53 Skytrooper der USAAF am Gauligletscher in der Schweiz verunglückte. Alle 11 Personen an Bord überlebten den Absturz. Die aufwändigen Rettungsversuche der Amerikaner misslangen allesamt, doch mit den Störchen der Schweizer Flugwaffe konnten nach fünf Nächten die Verunglückten gerettet werden; unter ihnen befanden sich zwei US-Generäle und weitere hohe Offiziere. In der Schweizer Flugwaffe war der Storch bis 1963 im Dienst.

Produktion

Deutschland

Verwundetentransport mit Fi 156 an der Ostfront (1944)

Vor dem Krieg wurden 268 Flugzeuge an das Reichsluftfahrtministerium geliefert. Fieseler blieb bis 1942 Alleinlieferant.

Zusätzlich wurde eine Vertriebsserie aufgelegt, die während des Krieges exportiert wurde. Einige Flugzeuge aus dieser Serie wurden auch an deutsche Dienststellen geliefert.

Tschechoslowakei

Pestizid-Sprüheinsatz im Weinbau bei Bratislava (1951)

Da Fieseler sich ab 1944 auf die Fertigung der Focke-Wulf Fw 190 konzentrieren sollte, wurde ab Dezember 1943 die Produktion in Kassel eingestellt und zu „Leichtbau Budweis“ (LBB) verlagert. Ab 1944 wurde erneut umgelagert nach Beneš-Mráz in Chocen im damaligen „Reichsprotektorat Böhmen und Mähren“. Dort wurden bis Kriegsende noch 138 Stück Fi 156 gebaut. Die Produktion wurde auch nach Kriegsende unter der Bezeichnung K-65 Čáp [ˈtʃɑp] (tschechisch für Storch) fortgeführt und erst 1949 eingestellt.

Frankreich

Ab April 1942 fertigte die französische Firma Morane-Saulnier die ersten Fi 156. Nach der Befreiung wurde die Produktion für die Armée de l’air weitergeführt. Das Flugzeug wurde nach Kriegsende mit kleinen Änderungen (z.B. größere Räder, Metallpropeller) zunächst in der Originalvariante als MS 500 gebaut, bis die vorhandenen Argus-Motoren verbaut waren, danach mit weiteren Änderungen (z.B. nach oben zur Tragfläche hin öffnender Tür, außerhalb der Tragflächen laufende Benzinleitungen) als MS 502 „Criquet“ mit Salmson-9ab-240-PS-Sternmotor und als MS 505 mit Jacobs-R755-305-PS-Sternmotor. Es wurden 141 Stück für das Deutsche Reich gefertigt und 925 Stück für die Armée de l’air. Die Flugzeuge wurden auch noch im Krieg um Französisch-Indochina eingesetzt. Im feuchten Klima dort zeigten sich allerdings Schwächen der Holzbauweise und die Tragflächen wurden im Laufe der Produktion der MS 500 sowie für die folgenden Modelle dann auf Metallbauweise umgestellt. Im Jahr 1965 wurde die Produktion eingestellt.

Rumänien

Eine weitere Lizenz-Produktion wurde 1943 bei IAR (Īntreprinderea de construcţii aeronautice româneşti) in Bukarest begonnen, aber nur zehn Stück wurden noch für Deutschland gefertigt, ehe Rumänien 1944 die Seiten wechselte. Anschließend wurden weitere 70 Stück für den eigenen Bedarf gebaut, bis die Produktion im Jahr 1946 eingestellt wurde.

UdSSR

Sowjetische Storch-Kopie OKA-38 (1940)

Bereits um 1940 entstand bei ANBO in Kaunas (Litauen) eine nicht lizenzierte Kopie des Flugzeugs in der UdSSR, die Antonow OKA-38. Sie war mit einer Kopie des französischen Renault-MV-6-Motors bestückt. Die Fabrik hatte zuvor schon eigene Aufklärungsflugzeuge gefertigt und war daher ausgesucht worden, den Storch-Nachbau zu fertigen. Allerdings wurde die Fabrik während des deutschen Vormarschs am 22. Juni 1941 bombardiert und die gesamte Produktion vernichtet. Sie wurde nicht wieder aufgenommen.[3]

Produktionszahlen

Produktionszahlen der Fi 156 bis 31. März 1945:

Version GFW Morane Mraz LBB SUMME
A-0 10       10
B-0 14       14
B-1 36       36
C-1 286       286
C-2 239       239
C-3tp 1.230 525     1.755
C-7   259 32 63 354
D-1tp 117       117
D-2     46 10 56
SUMME 1.908 784 78 73 2.867

Erhaltene Flugzeuge

D-EMAV Bj.1944 Flugplatzfest Kassel 2010
OE-AKA (Baujahr 1943)
D-EVDB auf dem Flugplatz Bonn/Hangelar (2009)

Das letzte Exemplar der original in Kassel gebauten Fieseler Fi 156 C-3/Trop in der Sanitätsausführung aus dem Jahre 1943 mit dem Kennzeichen D-EKLU wird nach einigen Stationen am Hessischen Landesmuseum, in einem Hangar auf dem Heeresflugplatz Fritzlar und im Kasseler Hauptbahnhof[4] derzeit am Flughafen Kassel-Calden aufbewahrt und wartet dort auf die Restauration zum flugfähigen Zustand. Im Zweijahresrhythmus wird es im Rahmen des Flugplatzfestes ausgestellt.[5] [6] [7]

Am Flugplatz Damme fliegt die einzige existierende flugfähige Sanitätsversion des Fieseler Storch (Fi 156-D2) mit dem Kennzeichen D-EMAV, der 1944 mit der Werk-Nr. 475303 bei Mraz hergestellt wurde.

Ein aus Teilen mehrerer Maschinen zusammengesetztes Flugzeug befindet sich im Eigentum des Deutschen Museums, Flugwerft Schleißheim. Das Flugzeug ist flugfähig und mit dem Kennzeichen D-EAWD zugelassen.[8]

Am 6. Mai 2008 fand der Erstflug eines als Fieseler 156 C-7 restaurierten Storchs in Bonn/Hangelar statt. Die Restaurierung geschah durch den Luftfahrttechnischen Betrieb Dirk Bende.[9] Er ist mit der Kennzeichnung D-EVDB zugelassen und wird unter anderem auch für Rundflüge und Filmaufnahmen genutzt.

Ein flugfähiger Storch ist in Österreich mit der Kennung OE-AKA zugelassen. Die 1943 gebaute Maschine war zunächst unter der Typenbezeichnung S14B bei den schwedischen Luftstreitkräften im Einsatz und wurde nach dem Krieg zunächst als Schlepper für Segelflugzeuge am Flugplatz Wiener Neustadt/Ost verwendet. Die Maschine befindet sich heute in Privatbesitz.

In der Dauerausstellung des Wiener Heeresgeschichtlichen Museums befindet sich ein sehr gut erhaltener Fieseler Storch Fi-156 C-3, der von der deutschen Wehrmacht als Verbindungs- und Aufklärungsflugzeug eingesetzt wurde.[10]

Weitere Exemplare befinden sich im britischen RAF Cosford Aerospace Museum (Rufzeichen GM+AK)[11], im schwedischen Flygvapenmuseum in Linköping[12], sowie im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern[13].

Es gibt noch andere Nachbauten, wie der Criquet von Criquetaviation mit dem neuen, in Australien gefertigten Rotec-2800 (einem 120 PS leistenden Siebenzylinder-Sternmotor). Ab 1991 wurde eine Nachbauversion im 3:4-Maßstab von Viktor Slepcev gezeichnet. Sie verfügt über ähnliche Kurzstart- und Landeeigenschaften wie das Original. In Deutschland fliegt (als Experimental zugelassen) die D-EPEG. Diese Flugzeuge werden als Metallbausatz ohne Bespannung und Motor oder komplett mit Rotax-Motor in Novi Sad gefertigt.[14]

Technische Daten

Fieseler Fi 156 C-3:
Kenngröße Daten
Länge    9,90 m
Flügelspannweite    14,27 m
Tragflügelfläche    26 m²
Höhe    3,00 m
Antrieb    Ein Argus As10C hängender, luftgekühlter V8-Motor mit 240 PS Startleistung
Höchstgeschwindigkeit    175 km/h in Meereshöhe
Mindestgeschwindigkeit    45 km/h
Reichweite    377 km
Besatzung    ein Pilot und zwei Beobachter
Dienstgipfelhöhe    4.600 m
Leergewicht    930 kg
Fluggewicht    1.320 kg
Bewaffnung    ein 7,92-mm-MG 15, bis zu drei 50-kg-Bomben
oder eine 135-kg-Wasserbombe oder 48 Schüttbomben

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Fieseler: Meine Bahn am Himmel. Der Erbauer des Fieseler Storch und der V 1 erzählt sein Leben. Bertelsmann Verlag, München 1979, ISBN 3-570-01192-5 (Autobiographie).

Einzelnachweise

  1. s. Meine Bahn am Himmel. S. 208ff.
  2. Hans Heinz Rehfeldt: Mit dem Eliteverband des Heeres „Großdeutschland“ tief in den Weiten Russlands. Erinnerungen eines Angehörigen des Granatwerferzuges 8., Infanterieregiment (mot.) „Großdeutschland“. 1941–1943. 2. Auflage. Flechsig, Würzburg 2009, ISBN 978-3-88189-773-0, S. 165–166.
  3. http://www.airwar.ru/enc/other2/oka38.html
  4. s. http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/2931648
  5. s.http://www.tmk-kassel.de/unterseiten/sammlungsgebiete/mobil_verkehr/luft/storch.shtml
  6. s.http://www.flugzeugbilder.de/search4.cgi?srch=D-EKLU&stype=reg&srng=2
  7. s. http://www.flughafenkassel.de/t3/index.php?id=flugplatzfest
  8. s. http://www.deutsches-museum.de/flugwerft/sammlungen/propellerflugzeuge/fieseler-fi-156/
  9. s. http://www.ltb-dirkbende.de/Fieseler_Storch.html
  10. Manfried Rauchensteiner, Manfred Litscher (Hrsg.): Das Heeresgeschichtliche Museum in Wien. Styria, Graz u. a. 2000, ISBN 3-222-12834-0, S. 79.
  11. http://www.myaviation.net/search/search.php?view=&regnr=VP546
  12. http://www.ipmsstockholm.org/magazine/2001/03/stuff_eng_detail_fi156.htm
  13. http://www.verkehrshaus.ch/index.cfm?srv=cms&rub=79&id=100092
  14. http://www.slepcevstorch.com/index.php

Weblinks

 Commons: Fieseler Fi 156 – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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