Gertrud Scholtz-Klink

Gertrud Scholtz-Klink
Gertrud Scholtz-Klink (1934), Aufnahme aus dem Bundesarchiv

Gertrud Scholtz-Klink (* 9. Februar 1902 in Adelsheim, Baden als Gertrud Emma Treusch; † 24. März 1999 in Tübingen-Bebenhausen) war Reichsfrauenführerin im nationalsozialistischen Deutschen Reich.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gertrud Treusch wurde als Tochter eines Vermessungsbeamten geboren. Nach der mittleren Reife absolvierte sie eine Ausbildung und war zunächst als Journalistin tätig. Sie heiratete 1920 Friedrich Klink, der Bezirksleiter der NSDAP in Offenburg wurde und 1930 auf einer Wahlveranstaltung an einem Herzinfarkt starb.[1] Dieser Ehe entstammten vier Kinder. Zwei Jahre nach Klinks Tod heiratete sie den Arzt Günther Scholtz. Die Ehe bestand bis 1937. Nach der Scheidung von Günther Scholtz folgte im Dezember 1940 die Ehe mit dem SS-Obergruppenführer August Heißmeyer (1897–1979), den sie dienstlich kennengelernt hatte. Ihr dritter Mann brachte sechs Kinder mit in die Ehe. Ihr letztes Kind, das von August Heißmeyer stammt, wurde 1944 geboren.

Politische Karriere im Nationalsozialismus

V. links n. rechts: Olga Bjone, Landesleiterin d. norwegischen NS-Frauenorganisation, Reichsfrauenführerin Scholtz-Klink, die Gattin des japanischen Botschafters Ōshima, die spanische Frauenführerin Pilar Primo de Rivera und Marchesa Olga Medici (1941), Aufnahme aus dem Bundesarchiv
Scholtz-Klink im Gespräch mit Heinrich Himmler (August/September 1943), Aufnahme aus dem Bundesarchiv
Großkundgebung des Landdienstes der Hitler-Jugend am 13. Februar 1939 im Berliner Sportpalast, den Hitlergruß erbietend v.l.n.r.: Scholtz-Klink, Heinrich Himmler, Rudolf Hess, Baldur von Schirach und Arthur Axmann, hinter Himmler Ludolf von Alvensleben, Aufnahme aus dem Bundesarchiv

Gertrud Klink wurde 1928,[2] nach anderen Quellen im September 1929[3] Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer: 210.782). Seit 1930 war sie Leiterin einer nationalsozialistisch ausgerichteten Frauenorganisation in Baden (Deutscher Frauenorden). Als 1931 die NS-Frauenschaft die alleinige Frauenorganisation der Partei wurde, übernahm sie deren Leitung in Baden und bekam auch den Aufbau der Organisation im „Gau“ Hessen übertragen. Am 1. Januar 1934 wurde sie Leiterin des weiblichen Arbeitsdienstes (Reichsarbeitsdienst), am 24. Februar 1934 Reichsführerin der NS-Frauenschaft und des Deutschen Frauenwerkes. In dieser Funktion stand sie auch dem Deutschen Roten Kreuz vor. Seit November 1934 führte sie den Titel „Reichsfrauenführerin“. Aufgrund ihrer Kontakte zu Robert Wagner wurde sie außerdem Referentin für Frauenfragen im badischen Innenministerium. Scholtz-Klink propagierte ein traditionelles Frauenbild und lehnte den Feminismus ab. Ihr Leitgedanke hieß „Dienst“[4] und ihr Ziel benannte sie 1934 damit, „aus der guten Masse der deutschen Frauen einen Apparat zu bilden, ein Instrument, das auf jeden Wink bereitsteht“.[5]

Scholtz-Klink wurde in zahlreiche weitere Ämter berufen: als Sachverständige für das Arbeitsgebiet Frauenschutz in den Sachverständigenbeirat der NSBO, in den Sachverständigenbeirat für Bevölkerungs- und Rassenpolitik, in den Oberen Ehren- und Disziplinarhof der DAF, in den Ehrenführerring des Reichsbundes der Kinderreichen und in die Akademie des Deutschen Rechts. In ihrem Wirken war sie aufgrund der NS-Organisationsstrukturen zumeist dem NSV-Leiter Erich Hilgenfeldt unterstellt, bis Juli 1936 befand sich ihr Amtssitz auch im Gebäude der NSV-Zentrale in Berlin. Später bezog der über Jahre stetig anwachsende Verwaltungsapparat der Reichsfrauenführung ein eigenes Gebäude in der Derfflingerstraße.

Formell blieb Scholtz-Klink bis zum Kriegsende Reichsfrauenführerin, jedoch sank ihre Bedeutung schon ab 1936, nachdem alle Frauen direkt dem Reichsarbeitsdienst unterstellt wurden. Von 1943 an, mit der den Kriegsbedingungen geschuldeten Dezentralisierung der NS-Frauenschaft, verkam ihr Einfluss praktisch zur Bedeutungslosigkeit. Bereits 1938 beklagte Scholtz-Klink, dass es ihr nicht gelungen sei, mit Hitler „persönlich die Aufgabengebiete der Frau durchzusprechen".[6] Gleichwohl hielt die NS-Führung an der Goutierung von Scholtz-Klink fest. Martin Bormann verwies 1937 darauf, dass Scholtz-Klink laut einer Führerweisung der Rang eines Hauptamtsleiters zustünde. Auch in der NS-Auslandspropaganda wurde Scholtz-Klink häufig präsentiert, sodass ihre Rolle im Ausland bedeutender wahrgenommen wurde, als sie tatsächlich war.

Nach Kriegsende

Sie tauchte gemeinsam mit ihrem Mann in Leitzkau unter und erhielt falsche Papiere unter dem Namen Maria Stuckenbrock. Auf Vermittlung der Pauline Fürstin zu Wied, einer Tochter des letzten Königs von Württemberg, meldete sich Scholtz-Klink als Maria Stuckenbrock in Bebenhausen bei Tübingen an, wo sie sich entnazifizieren ließ. Pauline zu Wied wurde 1948 vom Mittleren Militärgericht in Ludwigsburg zu 25.000 Mark Geldstrafe verurteilt, weil sie das Ehepaar "Scholtz-Klink-Heißmeyer" versteckt hatte.

Anfang 1948 wurde Scholtz-Klink von der Polizei der französischen Besatzungsmacht verhaftet und im April vom Mittleren Französischen Militärgericht in Reutlingen wegen Führung einer falschen Identität zu 18 Monaten Haft verurteilt. Im November wurde sie von der Spruchkammer in Tübingen als Hauptbelastete der NS-Diktatur eingestuft und zu einer Strafe von 18 Monaten Internierungslager verurteilt, die sie aber nicht verbüßte. Nach Protesten gegen das Urteil kam es 1950 zu einem Revisionsverfahren, in dem sie zu zwei Jahren und sechs Monaten Internierung und dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt wurde. Nach Auffassung des Gerichts hatte man ihr keine verbrecherische Handlung nachweisen können. Sie sei in ihrer politischen Arbeit mit den „hauswirtschaftlichen, sozialen und karitativen Aufgaben der Frauen“ befasst gewesen. (zitiert nach Annette Kuhn 1996)

Nach einem Gnadengesuch wurde die Strafe erlassen. In ihren Memoiren von 1978: Die Frau im Dritten Reich, die sie den „Opfern der Nürnberger Prozesse“ gewidmet hat,[2] bewertete sie die nationalsozialistische Ideologie positiv.

Literatur

  • Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß: Enzyklopädie des Nationalsozialismus. München 1997.
  • Smelser/Syring/Zitelmann: Die braune Elite II, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt, 2. Aufl. 1999
  • Christiane Berger: Die „Reichsfrauenführerin“ Gertrud Scholtz-Klink. Zur Wirkung einer nationalsozialistischen Karriere in Verlauf, Retrospektive und Gegenwart. Dissertation, Universität Hamburg 2005. (Volltext).
  • Heinz Bergschicker: Deutsche Chronik 1933–1945. Ein Zeitbild der faschistischen Diktatur. 2. Auflage. Verlag der Nation, Berlin 1982, Abb. S. 162.
  • Hilde Kammer, Elisabet Bartsch (Hrsg.): Lexikon Nationalsozialismus. Begriffe, Organisationen und Institutionen. Hamburg 1999, S. 346.
  • Massimiliano Livi: Gertrud Scholtz-Klink. Die Reichsfrauenführerin. Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-8376-0. [7]
  • Gudrun Schwarz: Eine Frau an seiner Seite. Ehefrauen in der SS-Sippengemeinschaft. Hamburger Edition, Hamburg 1997, ISBN 3-930908-32-8, S. 86.

Weblinks

 Commons: Gertrud Scholtz-Klink – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Smelser/Syring/Zitelmann: Die braune Elite II, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt, 2. Aufl. 1999
  2. a b Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 557.
  3. Smelser/Syring/Zitelmann: Die braune Elite II, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt, 2. Aufl. 1999
  4. Smelser/Syring/Zitelmann: Die braune Elite II, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt, 2. Aufl. 1999
  5. Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer, Frankfurt am Main 2005, S. 557.
  6. Smelser/Syring/Zitelmann: Die braune Elite II, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt, 2. Aufl. 1999
  7. Vgl. Sebastian Winter: Rezension zu: Massimiliano, Livi: Gertrud Scholtz-Klink. Die Reichsfrauenführerin. Münster 2005. In: H-Soz-u-Kult, 9. März 2006.

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