Geschichte der Landwirtschaft

Geschichte der Landwirtschaft

Dieser Artikel beschreibt die Geschichte der Landwirtschaft. Für die geschichtswissenschaftliche Disziplin, siehe Agrargeschichte.

Inhaltsverzeichnis

Frühgeschichte der Landwirtschaft

Die Geschichte der Landwirtschaft begann mit dem Übergang von der Lebensweise als Jäger und Sammler zu der des Ackerbauern und Viehhalters (Neolithische Revolution).

Europa

Die Kultur der Bandkeramik brachte 5500 v. Chr. den Ackerbau vom Balkan entlang der Donau nach Mitteleuropa; bereits zuvor brachte die Cardial- oder Impressokultur den Ackerbau entlang der italienischen Mittelmeerküste nach Südfrankreich, und von dort ins übrige Frankreich und nach Spanien. Eine nach dem französischen Ort La Hoguette benannte Kultur gelangte noch vor der Bandkeramik an Maas und Rhein. Ackerbau wurde zunächst vor allem auf Flussterrassen und Gebieten mit Lössböden betrieben. Die weitere Landnahme geschah durch Waldrodung.

Gemälde aus dem Jahr 1500

Ab dem 6. Jahrtausend v. Chr. erfolgte die Ausbreitung von Pflugbau und später die von Nutzungswechselwirtschaft. Zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit wurde mit Mist gedüngt, wobei Rasenstücke dem tierischen Dung beigemischt wurden.

Aus Funden in alten Keramiken (als Grabbeigaben o.ä.) kennt man einige der von den Kelten angebauten Pflanzen: Dinkel, Emmer, Einkorn, Mohn, Ziegenweizen, Gerste, Rispenhirse, Ackerbohnen, Linsen, Lein zur Öl- und Fasergewinnung.

In der Antike wurden im Mittelmeerraum Weizen, Wein und Ölbäume angebaut, verbunden mit Viehhaltung in den stark entwaldeten Gebirgen. Dazu kamen Obst- und Gemüsebau, der wie der Weinbau von den Römern nach Mitteleuropa übertragen wurde. Die Araber führten den Baumwoll- und Zuckerrohranbau und die Bewässerungstechniken in Spanien ein.

In Nord- und Osteuropa war neben der Waldrodung das Trockenlegen von Sümpfen und Mooren mittels Entwässerungsgräben eine wichtige Quelle für neuen Ackerboden.

Neuere Geschichte der Landwirtschaft

Landarbeit in einer Darstellung um 1470
Bauern bei der Ernte von Gerste 1943
Haferernte im Jahr 1974

Seit dem 8. Jahrhundert setzte sich in Europa die Dreifelderwirtschaft mit Winter- und Sommergetreide sowie einer Brache (einjährige Ruhe der Böden) durch, aber regional gab es durchaus auch noch zahlreiche andere Formen der Fruchtfolge.

Ein Großteil der Einkünfte der Bauern in der Frühen Neuzeit stammte aus dem Ackerbau, dementsprechend wurde auch die Tierproduktion vernachlässigt. Verursacht wurde dies durch den seit dem 16. Jahrhundert ständig steigenden Getreidepreis, lediglich um 1650 und nach 1800 fiel der Preis plötzlich um bis zu 50%. Auch konnte bei der Viehhaltung lange Zeit das Problem der Winterfütterung nicht gelöst werden, sodass der Viehbestand zwangsläufig klein bleiben musste.

Seit dem 16. Jahrhundert erfolgte eine zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft, die Produktionsmethode der Dreifelderwirtschaft wurde im 18. Jahrhundert durch den Übergang zu einem kontinuierlichen Fruchtwechsel aufgegeben. In diese Zeit fällt auch die Verbesserung vorhandener und die Einführung neuer landwirtschaftlicher Techniken (z.B. Bodenwendepflug und Hufbeschlag der Pferde, die zunehmend die vorher als Zugtiere verwendeten Ochsen ersetzten). Durch die gezielte Auswahl von Saatgut und Zuchttieren konnten die Erträge gesteigert werden. Dazu kamen die Kultivierung von Ödland und die größere Verbreitung neuer Feldfrüchte (Rüben, Klee, Raps, Kartoffeln).

Das 19. und 20. Jahrhundert waren geprägt durch die weitere Technisierung und Spezialisierung der Landwirtschaft. 1840 beschrieb Justus von Liebig in seinem Werk „Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie“, kurz „Agriculturchemie“ genannt, die Möglichkeit des Einsatzes von Mineraldünger. Ab Ende des 19. Jahrhunderts konnte billiger synthetischer Dünger hergestellt werden. Er ermöglichte ebenso wie Erfolge in der Pflanzen- und Tierzüchtung und die Entwicklung neuer Maschinen eine Steigerung der Erträge um ein Vielfaches. Allerdings öffnete sich die Produktivitätsschere zwischen Gebieten mit moderner und traditioneller Landwirtschaft. Wegen der Knappheit an menschlicher Arbeitskraft bei großen zu bearbeitenden Flächen setzte sich die Mechanisierung zuerst in den USA durch. Sie erfasste mit der Industriellen Revolution und der damit verbundenen Abwanderung vieler Arbeitskräfte vom Land in die Industriestädte schließlich die übrigen Industrieländer und seit den 1960er-Jahren im Rahmen der Grünen Revolution die Entwicklungsländer.

Globale Entwicklungen

Die europäische Kolonisation war auch der Beginn einer globalen Ausweitung der Agrarwirtschaft und des Welthandels mit Agrarprodukten. Dies umfasste die Übertragung von Produktionsformen in andere Kontinente, die Entstehung einer neuen export- und kapitalorientierten Betriebsform (Plantagenwirtschaft) - oft auf Kosten der Selbstversorgung der Bevölkerung - und die Verbreitung von Kulturpflanzen und Nutztieren weit über ihre ursprünglichen Herkunftsgebiete hinaus (Columbian Exchange).

Literatur

  • Wilhelm Abel: Agrarkrisen und Agrarkonjunktur in Mitteleuropa vom 13. bis zum 19. Jahrhundert. 3. Auflage. Hamburg und Berlin 1978
  • Walter Achilles: Landwirtschaft in der Frühen Neuzeit, (Enzyklopädie Deutscher Geschichte Nr. 10), Oldenbourg Verlag, München 1991, ISBN 3-486-55702-5
  • Isabel Alfonso (Hrsg.), The Rural History of Medieval European Societies. Trends and Perspectives, Brepols, 2007.
  • Edith Ennen, Walter Janssen: Deutsche Agrargeschichte. Vom Neolithikum bis zur Schwelle des Industriezeitalters. Wiesbaden 1979
  • Günther Franz (Hrsg.): Deutsche Agrargeschichte. 6 Bände. Eugen Ulmer, Stuttgart 1993ff.
  • Ulrich Kluge: Agrarwirtschaft und ländliche Gesellschaft im 20. Jahrhundert. (Enzyklopädie deutscher Geschichte Nr. 73). Oldenbourg Verlag, München 2005, ISBN 3-486-56605-9 (Inhaltsangabe und Rezension)
  • Marcel Mazoyer, Laurence Roudart, Histoire des agricultures du monde: Du néolithique à la crise contemporaine, Paris: Seuil, 2002, ISBN 2-02-053061-9, engl. A History of World Agriculture: From the Neolithic Age to the Current Crisis, New York: Monthly Review Press, 2006, ISBN 1-58367-121-8
  • Peter Moser: Der Stand der Bauern. Bäuerliche Politik, Wirtschaft und Kultur gestern und heute. Frauenfeld 1994
  • Alois Seidl: Deutsche Agrargeschichte. DLG-Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-7690-0655-1
  • Tom Standage: An Edible History of Humanity, Walker & Company, New York 2009, ISBN 978-0-8027-1588-3

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