Gewinnerzielungsabsicht

Gewinnerzielungsabsicht

Gewinnerzielungsabsicht ist ein Begriff, der sowohl im Privat- als auch im Steuerrecht Verwendung findet. Er hat Bedeutung für die Kaufmannseigenschaft im Handelsrecht sowie für die Berücksichtigung von Verlusten im Steuerrecht. Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht ist eine Betriebsführung, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung – auf die Dauer gesehen – dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. Dies erfordert eine in die Zukunft gerichtete langfristige Beurteilung, wofür die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten können.[1]

Inhaltsverzeichnis

Privatrecht

Im Privatrecht ist die Gewinnerzielungsabsicht eines der Tatbestandsmerkmale für das Vorliegen eines Gewerbes. Demnach ist Gewerbe jede erlaubte, selbständige, nach außen erkennbare Tätigkeit, die planmäßig, für eine gewisse Dauer und zum Zwecke der Gewinnerzielung ausgeübt wird und kein „freier Beruf“ ist.[2][3]

Zivilrechtlich bedeutet das Tatbestandsmerkmal zum Zwecke der Gewinnerzielung die Absicht, Einnahmen zu erzielen, die über die reine Kostendeckung hinausgehen.[4] Hierbei ist es jedoch nicht von Bedeutung, ob schlussendlich ein Gewinn erzielt worden ist.[5] Der Begriff „Absicht“ stellt klar, dass es keine Rolle spielt, ob dieses Ziel auch tatsächlich erreicht wird.

Zivilrechtlich ist das Tatbestandsmerkmal der Gewinnerzielungsabsicht jedoch umstritten. In der neueren Literatur wird daher das Merkmal der Gewinnerzielung in Frage gestellt und von der nunmehr herrschenden Meinung mit der Begründung verneint, diese sei als reines Internum anzusehen. Schmidt vertritt die Auffassung, dass eine Gewinnerzielungsabsicht für den Begriff des Gewerbes nicht vonnöten ist.[6] Hier wird vielmehr die abweichende Meinung vertreten, dass lediglich geprüft werden solle, ob eine anbietende und entgeltliche Tätigkeit am Markt vorliegt. So stellen etwa Schmidt und Canaris den Aspekt der anbietenden Tätigkeit am Markte in den Vordergrund. Dem Unternehmen stehe es frei, ob es Gewinn erzielen will oder nicht. Dies könne jedoch nicht zur Befreiung vom Sonderrecht der Kaufleute führen. Der Bundesgerichtshof näherte sich dem in neueren Entscheidungen[7] zum Verbraucherkreditgesetz und zur Unternehmereigenschaft nach § 14 BGB an.

Steuerrecht

Die Gewinnerzielungsabsicht ist eines der Tatbestandsmerkmale für das Vorliegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb. Die Gewinnerzielungsabsicht ist jedoch im Einkommensteuergesetz nicht definiert.[8] Das Gesetz stellt lediglich in § 15 Abs. 2 Satz 2 EStG klar, dass eine Minderung der Steuern vom Einkommen und Ertrag keinen Gewinn darstellt (Ausschluss der Steuersparmodelle). Somit stellt die Vorschrift klar, dass die Vermögensmehrung im betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen eintreten muss. Eine Gewinnerzielungsabsicht liegt folglich nicht vor, wenn die Vorteile im außersteuerlichen Bereich in Form einer Steuerersparnis eintritt.[8]

Bei der Gewinnerzielungsabsicht handelt es sich um eine innere Tatsache, die aus objektiven Umständen und Verhältnissen ermittelt werden muss.[8] Der Große Senat des Bundesfinanzhofs vertritt die Ansicht, dass die Gewinnerzielungsabsicht das Streben nach Betriebsvermögensmehrung darstellt.[9] Damit hat der Bundesfinanzhof auch bekräftigt, dass bei der Gewinnerzielungsabsicht der Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 EStG gilt.[8]

Bei der Feststellung, ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, ist auf den vom Steuerpflichtigen erzielten Totalgewinn (Gesamtergebnis des Betriebs von der Gründung bis zur Beendigung) und nicht auf einzelne Periodenergebnisse abzustellen.[10] Hierbei sind Veräußerungsgewinne im Sinne von § 16 EStG zu berücksichtigen. Die Gewinnerzielungsabsicht kann nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut Nebenzweck der Tätigkeit sein. Auch ist unerheblich, ob im Einzelfall tatsächlich Gewinne erzielt werden.[11] Jedoch liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb dann nicht vor, wenn der Steuerpflichtige mit seinen Einnahmen lediglich die Selbstkosten zu decken versucht.[12]

Temporäre Verluste

Temporär auftretende Verluste ändern nichts an der generell vorhandenen Gewinnerzielungsabsicht.

Umstrukturierungsmaßnahmen

Geeignete Umstrukturierungsmaßnahmen können ein gewichtiges Indiz für das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht darstellen, wenn nach dem damaligen Erkenntnishorizont aus der Sicht eines wirtschaftlich vernünftig denkenden Betriebsinhabers eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass sie innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zum Erreichen der Gewinnzone führen würden.[13]

Verlustperioden

Bei längeren Verlustperioden muss für das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die Tätigkeit nur aus den im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt.[14] Fehlende Reaktionen auf bereits eingetretene hohe Verluste und das unveränderte Beibehalten eines verlustbringenden Geschäftskonzepts sind ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht

Liebhaberei

Eine Gewinnerzielungsabsicht liegt auch dann nicht vor, wenn die Tätigkeit ihren Ursprung tatsächlich in den persönlichen Neigungen des Steuerpflichtigen hat (sog. Liebhaberei).

Hauptartikel: Liebhaberei

Literatur

  • Zenthöfer / Schulz zur Wiesche, Einkommensteuer (Blaue Reihe), Schäffer-Poeschel-Verlag, Stuttgart, 10. Auflage, ISBN 978-3-7910-2826-2
  • Rainer Wörlen, Handelsrecht mit Gesellschaftsrecht (Lernen im Dialog), Carl Heymanns Verlag, 9. Auflage (2008), ISBN 978-3-452-26795-5

Einzelnachweise

  1. BFH-Urteil vom 5. Mai 1988 BStBl. II S. 778
  2. Rainer Wörlen, Handelsrecht und Gesellschaftsrecht, Rz. 10, S.6.
  3. Spangemacher, Handels- und Gesellschaftsrecht, S. 24.
  4. Rainer Wörlen, Handelsrecht mit Gesellschaftsrecht, Rz. 15, S.8.
  5. Spangemacher, Handels- und Gesellschaftsrecht, S. 25.
  6. Schmidt, § 9 Abs. 4 2d; Cannaris, § 2 Abs. 1 2b, vgl. Alpmann Schmidt, HR. S.4.
  7. BGH-Urteil vom 29. März 2006, Aktenzeichen VIII ZR 173/05.
  8. a b c d Zenthöfer / Schulz zur Wiesche, Einkommensteuer (Blaue Reihe), S. 460
  9. BFH vom 25. Juni 1984, BStBl. II 1998, S. 727
  10. BFH vom 5. Mai 1988, BStBl. II 1988, S. 778.
  11. BFH vom 25. Juni 1984, BStBl. II 1984, S. 751.
  12. BFH vom 22. August 1984, BStBl. II 1985, S. 61
  13. BFH vom 21. Juli 2004, BStBl. II, S. 1063
  14. BFH vom 19. November 1985, BStBl. 1986 II, S. 289
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