Glifosat

Glifosat
Strukturformel
Strukturformel von Glyphosat
Allgemeines
Name Glyphosat
Andere Namen

N-(Phosphonomethyl)glycin

Summenformel C3H8NO5P
CAS-Nummer 1071-83-6
Kurzbeschreibung weißer, geruchloser Feststoff[1]
Eigenschaften
Molare Masse 169,07 g·mol–1f[1]
Aggregatzustand

fest[1]

Dichte

1,705 g·/cm-3[1]

Schmelzpunkt

184,5 °C [2]

Dampfdruck

vernachlässigbar[1]

Löslichkeit

10,1 g·L-1 in Wasser bei 20 °C [2]

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I [3]
Reizend Umweltgefährlich
Reizend Umwelt-
gefährlich
(Xi) (N)
R- und S-Sätze R: 41-51/53
S: (2)-26-39-61
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Glyphosat ist die biologisch wirksame Hauptkomponente eines Totalherbizids, das der Chemiekonzern Monsanto unter dem Namen Roundup® vertreibt.

Verschiedene Roundup-Produkte unterscheiden sich in der Salzformulierung, dem Medium (Lösung oder Granulat) sowie der Wirkstoffkonzentration. Beispiele für Formulierungen sind das Glyphosat-Ammonium-Salz (CAS-Nr. 40465-66-5) und das Glyphosat-Isopropylammonium-Salz (CAS-Nr. 38641-94-0).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

John Franz, ein für Monsanto tätiger Wissenschaftler, entdeckte die herbizide Wirkung von Glyphosat im Jahre 1970. Die Substanz kam erstmals 1974 als Wirkstoff des Herbizids Roundup auf den Markt. Monsantos Patente auf Glyphosat sind in den meisten Staaten mittlerweile abgelaufen, dennoch ist das Unternehmen immer noch der größte Hersteller.[4]

Eigenschaften

Industriell hergestelltes Glyphosat hat im Mittel einen Reinheitsgrad von 96 % Trockengewicht. Der Rest verteilt sich auf einige Nebenprodukte der Synthese, ihr jeweiliger Anteil liegt unter einem Prozent.

Glyphosat ist eine amphotere Verbindung und hat daher mehrere pKa-Werte. Wegen ihrer hohen Polarität ist die Substanz in organischen Lösungsmitteln praktisch unlöslich. Eine typische Glyphosat-Formulierung enthält 356 g/L Glyphosat oder 480 g/L Isopropylamin-Glyphosat sowie ein Netzmittel, um das Eindringen durch die Pflanzenoberfläche zu verbessern.[4]

Wirkungsweise

Glyphosat ist ein nicht-selektives Blattherbizid mit systemischer Wirkung, das über grüne Pflanzenteile aufgenommen wird. Es wird gegen einkeim- und zweikeimblättrige Unkräuter im Acker-, Wein- und Obstbau, beim Anbau von Zierpflanzen, auf Wiesen, Weiden und Rasenflächen sowie im Forst verwendet.[5] Glyphosat ist eine strukturanaloge Verbindung des Phosphoenolpyruvats (PEP) und blockiert das Enzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase (EPSPS), das zur Synthese aromatischer Aminosäuren wie Phenylalanin, Tryptophan oder Tyrosin über den Shikimatweg benötigt wird. Dieser zellinterne Syntheseweg wird im tierischen Organismus nicht benutzt, und somit zeigt Glyphosat hier auch keine analoge Wirkungen.

Toxikologie

Die akute Giftigkeit von Glyphosat ist für Säugetiere und Vögel gering. Als akute orale LD50 wurden bei der Ratte 5600 mg/kg Körpergewicht bestimmt. Bei einer zweijährigen Fütterungsstudie an Ratten und Hunden wurden bei der höchsten untersuchten Dosis von 300 mg/kg Futter keine schädlichen Wirkungen festgestellt. Die akute orale LD50 für die Japanische Wachtel liegt bei mehr als 3850 mg/kg Körpergewicht, im 8-Tage-Fütterungstest wurde die LC50 bei Wachtel und Stockente mit > 4640 mg/kg Futter bestimmt. Fische reagieren empfindlicher auf Glyphosat, als LC50 (96 Stunden) wurden bei der Forelle 86 mg/l und beim Sonnenbarsch 120 mg/l festgestellt. Von Tieren wird aufgenommenes Glyphosat schnell und unmetabolisiert wieder ausgeschieden. Glyphosat gilt als nicht bienengefährlich.[5]

Einige Wissenschaftler stellen gleichwohl die Giftigkeit des Mittels fest: "Glyphosat hat, wenn es in den Boden eindringt, Auswirkungen auf verschiedene Arten, die für die Bildung von Humus oder organischer Masse wichtig sind. Glyphosat ist ein Herbizid, das praktisch alle Pflanzen vernichtet. Sein Einsatz führt zu einer extremen Verringerung der Vielfalt von Pflanzenarten innerhalb eines Ökosystems", befand etwa Walter Pengue von der Forschungsgruppe für Landschaftsökologie und Umwelt der Universität Buenos Aires (laut einer Reportage des DLF vom 24. Mai 2008[6]).

Karzinogenität

Studien schwedischer Wissenschaftler deuten außerdem auf eine Erhöhung des Krebsrisikos bei Tier und Mensch durch Glyphosat hin. [7][8] Auch dem US-amerikanischen Gesundheitsinstitut NIH liegen entsprechende Erkenntnisse französischer Wissenschaftler vor, welche die Synergiewirkung von Glyphosat im Zusammenspiel mit Formulierungskomponenten, die in Herbiziden auf Glyphosatbasis enthalten sind, nachweisen. Glyphosat wirkt dabei durch Verzögerung einer am Zellzyklus beteiligten Cyclin-abhängigen Kinase auf den Zellteilungsprozess von Mensch und Tier. [9][10]

Endokrine Aktivität

In vitro Studien zeigen, dass Glyphosat die Progesteron-Produktion von Säugerzellen beeinflusst[11] und die Sterblichkeit von Plazenta-Zellen erhöhen kann.[12] Ob durch diese Studien Glyphosat als endokriner Disruptor einzustufen ist, ist Gegenstand der Diskussion.

Umweltverhalten

Im Boden lagert sich Glyphosat an der Oberfläche von festen Bodenbestandteilen an (Adsorption). Der Abbau im Boden geschieht durch Mikroorganismen, die Halbwertszeit dafür liegt bei etwa 60 Tagen. Von Pflanzen wird aufgenommenes Glyphosat nur in geringem Maße abgebaut.[5] Allerdings behindert Glyphosat die Aufnahme von Spurenelementen und Mikronährstoffen und führt dadurch zu verminderter Bodenfruchtbarkeit. Bei Böden mit geringer Verfügbarkeit von Mikronährstoffen könnte dies zu einem Anstieg der Krankheitsanfälligkeit von Nicht-Zielpflanzen führen.[13]

Quelle

  1. a b c d e Eintrag in der GESTIS-Stoffdatenbank des BGIA, abgerufen am 16. Mai 2008 (JavaScript erforderlich)
  2. a b IUCLID Datasheet
  3. Eintrag zu CAS-Nr. 1071-83-6 im European chemical Substances Information System ESIS
  4. a b G. M. Williams, R. Kroes, I. C. Munro: Safety Evaluation and Risk Assessment of the Herbicide Roundup and Its Active Ingredient, Glyphosate, for Humans. Regulatory Toxikology and Pharmacology 31 (2000), S. 117-165
  5. a b c Werner Perkow: Wirksubstanzen der Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel. 2. Auflage, Verlag Paul Parey, 2. Ergänzungslieferung März 1988
  6. Zitiert nach Victoria Eglau (Bericht): "Soja-Monokultur und Biovielfalt in Argentinien"[1]
  7. Nordstrom, M.; Hardell, L. Magnuson, A; Hagenberg, H.; Rask-Andersen, A. Occupational exposures, animal exposure and smoking as risk factors for hairy cell leukemia evaluated in case-control study. Br. J. Cancer 1996, 77, 2048-2052
  8. Hardell, L.; Eriksson, M. A case-control Study of Non-Hodgkin Lymphoma and Exposure to Pesticides. Cancer 1999, 85, 1353-1360
  9. Marc, Mulner-Lorillon, Boulben, Hureau, Durand, Bellé: Pesticide Roundup provokes cell division dysfunction at the level of CDK1/cyclin B activation. PMID: 11896679
  10. Julie Marc, Odile Mulner-Lorillon, Robert Bellé: Glyphosate-based pesticides affect cell cycle regulation. Biology of the Cell, Volume 96, Issue 3, April 2004, Pages 245-249. Online bei Biology of the Cell
  11. Walsh LP, McCormick C, Martin C, Stocco DM: Roundup inhibits steroidogenesis by disrupting steroidogenic acute regulatory (StAR) protein expression. In: Environ. Health Perspect. 108, Nr. 8, August 2000, S. 769–776. PMID 10964798
  12. Richard et al: Differential Effects of Glyphosate and Roundup on Human Placental Cells and Aromatase, Environmental Health Perspectives Vol. 113, No.6, 716-720 (pdf)
  13. G. Neumann, S. Kohls, E. Landsberg, K. Stock-Oliveira Souza, T. Yamada, V. Römheld: Einfluss des Rhizosphären-Transfers von Glyphosat auf Nicht-Zielpflanzen. Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz, Sonderheft XX,###(2006), ISSN 0938-9938

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