- Gnaeus Iulius Agricola
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Gnaeus Iulius Agricola (* 13. Juni 40 in Forum Iulii (heute Fréjus); † 23. August 93) war ein römischer Senator und Heerführer, der als Statthalter Britanniens die Nordgrenze der römischen Herrschaft bis zur Forth-Clyde-Linie vorschob.
Agricola wurde in der Provinz Gallia Narbonensis als Sohn des Iulius Graecinus und seiner Frau Procilla geboren. Er war mit Domitia Decidiana verheiratet, mit der er eine Tochter hatte, die den Geschichtsschreiber Publius Cornelius Tacitus heiratete. Tacitus schilderte das Leben seines Schwiegervaters in einer Biographie; dadurch sind wir über Agricolas Karriere und seine Aktionen in Britannien ungewöhnlich gut unterrichtet.
Agricola begann seine Laufbahn zwischen 58 und 62 in Britannien als Militärtribun im Stab des Statthalters Gaius Suetonius Paulinus. 65 diente er als Quästor in Kleinasien unter Lucius Salvius Otho Titianus, dem Bruder des späteren Kaisers Otho. 67 wurde er Volkstribun, ein Jahr später Prätor. Während des Vierkaiserjahres schloss sich Agricola Vespasian an, nachdem seine Mutter auf ihrem Landgut von Soldaten des Kaisers Otho erschlagen worden war. 69/70 wurde er vom nunmehrigen Kaiser Vespasian zum Legat der Legio XX Valeria Victrix in Britannien befördert, wo er zunächst unter Marcus Vettius Bolanus, dann ab 71 unter Quintus Petilius Cerialis diente. Nach seiner Rückkehr aus Britannien – wohl 73/74 –, wurde er von Vespasian unter die Patrizier aufgenommen und Statthalter der Provinz Gallia Aquitania. Nach nicht ganz drei Jahren verließ Agricola die Provinz, um in Rom sein Konsulat anzutreten. 78 folgte Agricola Sextus Iulius Frontinus als Statthalter Britanniens.
Unverzüglich nach seiner Ankunft auf der Insel leitete er Strafaktionen gegen die Ordovicer im Norden von Wales ein. Agricola stieß weiter nach Norden vor als jemals ein Römer vor ihm. Sogar die Eroberung Irlands schien möglich, doch fehlten die entsprechenden Truppen. Domitian, Vespasians Sohn und seit 81 Kaiser, ließ Agricola dann freie Hand. 83/84 besiegte er die Kaledonier, den letzten unbesiegten schottischen Stamm, in der Schlacht am Mons Graupius. Er ließ mehrere Kastelle auf schottischem Gebiet errichten, von denen aus im 2. Jahrhundert die römische Expansion in dieser Region vorangetrieben wurde. In dieser Zeit gelang seiner Flotte die erste bekannte Umfahrung der britischen Inseln. 85 wurde Agricola nach Rom zurückbeordert, angeblich weil die Kosten des Feldzugs zu groß geworden waren. Tacitus behauptet dagegen, dass der Erfolg seines Schwiegervaters Domitian heimlich geängstigt habe. Wahrscheinlicher dürfte die Erklärung sein, dass die Truppen durch die zunehmenden germanischen und dakischen Angriffe an Rhein und Donau an diesen Schauplätzen dringender benötigt wurden.
Tacitus bietet folgende Version von Agricolas Lebensabend: Obwohl er von Domitian mit den Triumphalinsignien geehrt wurde, verlor Agricola angeblich aufgrund seiner Popularität und Integrität das Vertrauen des Kaisers, ohne dass sich dieser dies habe anmerken lassen. Er starb demnach im Jahr 93 während eines getarnten Exils außerhalb Roms, nachdem er das Amt des Statthalters der Provinz Africa auf heimlichen Druck des Kaisers zurückgewiesen habe. Die neuere Forschung hingegen hat darauf hingewiesen, dass auch Tacitus nicht ganz verhehlen kann, dass Agricola Domitian stets beflissen diente und dafür beim Kaiser in höchster Gunst stand. Die Behauptung, Domitian habe ihn zwar äußerlich geehrt und belohnt, heimlich aber gefürchtet und gehasst, dient offensichtlich als eine Apologie, um in der kritischen Situation der Jahre 97/98, als der Agricola des Tacitus wahrscheinlich entstand, zu rechtfertigen, dass Agricola und sein Schwiegersohn Tacitus unter dem postum zum Tyrannen erklärten Domitian so glänzende Karrieren absolviert hatten.
Literatur
- Rudolf Hanslik: Agricola. In: Der kleine Pauly Bd. 1, München 1979, S. 144.
- Ronald Syme: Tacitus. Bd. 1 (von 2). Oxford 1958, S. 19ff; 121ff.
Weblinks
- Tacitus: De vita Iulii Agricolae (lateinisch, englische Übersetzung)
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