- Haus Hertefeld
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Die Anlage von Haus Hertefeld, heute bestehend aus einer Schlossruine und einem Renteigebäude samt Park, steht im Ortskern der Gemeinde Weeze in Nordrhein-Westfalen. Sie geht auf einen Rittersitz aus dem 14. Jahrhundert zurück.
Inhaltsverzeichnis
Bewohner und Besitzer
1322 findet das Haus Hertefeld erstmals als Rittersitz Erwähnung. Es liegt jedoch nahe, dass die Familie gleichen Namens schon wesentlich länger dort ansässig war, denn bereits 1179 wird ein Theodoricus de Hertevelde urkundlich genannt.
Im 14. Jahrhundert war Haus Hertefeld Mittelpunkt einer eigenständigen Herrschaft, doch die Unabhängigkeit ging in den folgenden Jahren durch eine immer enger werdende Bindung an die Grafschaft Kleve verloren. Wilhelm von Hertefeld verkaufte die Herrschaft mit Ausnahme des Hauses 1322 an Graf Dietrich VII. von Kleve. Aber auch das Haus ging dann drei Jahre später in Klevischen Besitz über. Später kam Haus Hertefeld mitsamt der Herrschaft wieder als Klevisches Lehen an die Herren von Hertefeld, namentlich Stephan II. von Hertefeld.
Als dessen Nachfahre Stephan IV. 1485 starb, teilten seine beiden Söhne die Familie in zwei Linien. Die jüngere unter Heinrich blieb im Besitz des Hauses Hertefeld, während die ältere Linie unter Stephan VI. durch Heirat das Haus Kolk in Uedem erwarb. Ihre Mitglieder nannten sich deshalb fortan "von Hertefeld zu(m) Kolk". Gerade die ältere Linie gewann im 16. und 17. Jahrhundert Ansehen und Wohlstand und kam damit auch zu politischem Einfluss.
Die jüngere Linie starb mit Elbert von und zu Hertefeld aus. Zuvor hatte er das Anwesen 1637 an seinen Stiefbruder Elbert von Steenhaus verpfändet. Als dieser in finanzielle Schwierigkeiten geriet, nutzte sein vermögender Verwandter Jobst Gerhard von Hertefeld zum Kolk die Gunst der Stunde, kaufte Haus Hertefeld und vereinigte damit den Besitz der beiden Familienlinien wieder. Zu jener Zeit umfassten die umfangreichen Besitzungen der Hertefelds neben Uedem und Weeze die Burg Boetzelaer, Hoennepel, Kervenheim und Zelhem (heute ein Ortsteil der Gemeinde Bronckhorst).
Jobsts Vater hatte durch gute Beziehungen zum Brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm den Besitz Liebenberg in der Mark Brandenburg erwerben können und anschließend zum Hauptwohnsitz seiner Familie gemacht. Sein Enkel, Samuel von und zu Hertefeld, wurde von Friedrich I. in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Der Preußenkönig logierte während seiner niederrheinischen Inspektionsreisen stets auf Haus Hertefeld, war damit aber nicht der einzige prominente Gast in Weeze. Auch Zar Alexander I. hat dort schon übernachtet.
Mit Freiherr Karl von und zu Hertefeld starb die Familie 1867 im Mannesstamm aus. Die Alleinerbin, Karls Großnichte Alexandrine, war verheiratet mit Philipp Conrad Graf zu Eulenburg und brachte Haus Hertefeld damit an dessen Familie. Alexandrine und ihr Sohn Philipp erhielten vom Kaiser 1898 die Erlaubnis, ergänzend den Freiherrentitel zu führen.
Jener Philipp war Duzfreund und enger Berater Kaiser Wilhelms II., der ihn 1900 in den Fürstenstand erhob. Durch einen Grafentitel - verliehen vom schwedischen König - nannten sich die Familienoberhäupter fortan "Fürst zu Eulenburg und Hertefeld, Graf von Sandels". Philipp machte nur wenige Jahre später Schlagzeilen, als er in der Harden-Eulenburg-Affäre in das Schussfeld des einflussreichen Publizisten Maximilian Harden geriet. In mehreren Prozessen musste er sich des Vorwurfs der Homosexualität erwehren, wurde jedoch nie verurteilt.
Alexandrines zweiter Sohn, Botho Sigwart, war das erste Familienmitglied, das Haus Hertefeld wieder für längere Zeit bewohnte. Er komponierte dort die Oper "Die Lieder des Euripides", die 1915 am königlichen Hoftheater Stuttgart uraufgeführt wurde.
Da das Schloss Liebenberg am Ende des Zweiten Weltkriegs im Rahmen der so genannten Bodenreform enteignet wurde, kehrte die Fürstenfamilie nach Hertefeld an den Niederrhein zurück. Die Anlage ist heute noch in ihrem Besitz.
Baugeschichte
Das Denkmalensemble Hertefeld besteht heute aus der teilwiedererrichteten Schlossruine, dem erhaltenen Renteigebäude, den Wächterhäusern und einem etwa fünf Hektar großen Park.
Archäologische Funde belegen eine Nutzung des Areals seit dem 13. Jahrhundert. Der Vorgängerbau der heutigen Schlossruine, bei dem ist es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen Wohnturm oder ein Burghaus handelte, stammte aus dem 14. Jahrhundert. Um 1500 entstand ein giebelständiger Anbau, dessen Obergeschoss ein fast sechs Meter hoher repräsentativer Saal bildete.
Um 1600 wurde der Kernbau aus dem 14. Jahrhundert durch einen Torturm mit Miniaturschlüsselscharten ersetzt.
Samuel von und zu Hertefeld gab der Anlage durch Umbauten und Erweiterungen ihre heutige Grundform. Er ließ das Haupthaus 1700 zu einem barocken Schloss umgestalten und 1706 ein Renteigebäude errichten. Über ein symmetrisches Pendant zu diesem wurde zwar nachgedacht, jedoch nie ausgeführt. Der Hauptbau erhielt zwei Seitenflügel, denen Walmdächer aufgesetzt wurden. Der dreistöckige, risalitartig vorspringende Torturm erhielt eine barocke Haube. Flankiert wurde der Turm an beiden Seiten von kleinen Treppentürmen. Ebenerdig wurden Funktionsräume eingerichtet, während das Hochparterre Wohnräume – sämtlich mit Kamin ausgestattet – mit drei Meter hohen Fenstern beherbergte. An der Nordseite des Areals wurde eine barocke Gartenanlage im französischen Stil angelegt. Das Herrenhaus war allseitig von Gräften umgeben und nur über eine Holzbrücke zu erreichen, während auf einer Vorinsel die unregelmäßig gestaltete Vorburg lag.
Die in späterer Zeit folgenden Veränderungen waren nur marginal oder dienten zur Erhaltung der Anlage. Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts erhielt der Torturm schmale Seitentürmchen. Gleichzeitig wurden die großen, unwirtschaftlichen Fenster im Obergeschoss des Haupthauses verkleinert.
Ab 1904 erfolgte durch Fürst Philipp eine Renovierung der Anlage. Das Gebäude erhielt eine Dampfheizung, der Torturm eine Freitreppe, und an der Nordseite des Parks entstanden zwei Wächterhäuser.
In den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs brannte das Schloss vollständig aus. Auch die Rentei wurde stark beschädigt, konnte aber 1946 durch Fürst Friedrich-Wend wieder bewohnbar gemacht werden. Die seit Jahrzehnten verlandeten Wassergräben (einige davon wurden schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts verfüllt) bildeten die Grundflächen für die Neuanlage eines Parks im englischen Landschaftsstil, in den Teile des alten französischen Gartens integriert wurden.
Haus Hertefeld heute
Von 1998 bis 2006 erfolgte eine schrittweise Restaurierung der Anlage. Einer Idee aus dem Jahre 1947 folgend, wurde die verbliebene Bausubstanz der Schlossruine im Zuge einer Mustersicherung untersucht und zum Teil wiederaufgebaut. Sowohl der Mitteltrakt des Gebäudes als auch der historische Hauptturm wurden wiedererrichtet. Letzter erhielt im April 2005 in Anlehnung an eine Zeichnung Jan de Beijers von 1734 die Nachbildung seiner barocken Haube zurück, die aus gut zehn Tonnen Eichenholz gezimmert worden war, und gleichzeitig eine 280 Kilo schwere Bronzeglocke, die neben dem Hertefelder Wappen die Jahreszahl 2004 und die Inschrift „Gottes Wort bleibt ewig“ trägt.
Auch der einst zugewucherte Park der Anlage wurde wiederhergestellt.
Schlossruine, Rentei, Wächterhäuser und Schlosspark stehen Besuchern für Übernachtungen, Veranstaltungen, (standesamtliche) Trauungen und Konferenzen zur Verfügung.
Da sich Haus Hertefeld in Privateigentum befindet, ist es nicht frei zugänglich, aber von der Straße aus gut einsehbar.
Literatur
- Paul Clemen (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler des Kreises Geldern (= Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band 1, Abteilung 2). L. Schwann, Düsseldorf 1891, Seite 99 (online).
- Gregor Spohr: Wie schön, hier zu verträumen. Schlösser am Niederrhein. Pomp Verlag, Bottrop, Essen 2001, ISBN 3-89355-228-6, Seite 146–147.
- Andre Wemmers, Jens Wroblewski: Theiss-Burgenführer Niederrhein. Konrad Theiss, Stuttgart 2001, ISBN 3-8062-1612-6, S. 68–71.
Weblinks
Commons: Haus Hertefeld – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien51.6284722222226.2015277777778Koordinaten: 51° 37′ 42″ N, 6° 12′ 6″ OKategorien:- Schloss in Nordrhein-Westfalen
- Schlossruine
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- Bauwerk im Kreis Kleve
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