- Hebeleffekt
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Unter Leverage-Effekt (engl. für Hebeleffekt/Hebelwirkung) wird die Hebelwirkung der Finanzierungskosten des Fremdkapitals auf die Eigenkapitalverzinsung verstanden. Diese Hebelwirkung tritt dann ein, wenn ein Anleger Fremdkapital zu günstigeren Konditionen aufnehmen kann, als die Investition an Rendite erzielt.
Kann ein Anleger Fremdkapital zu geringeren Zinsen oder günstigeren Konditionen aufnehmen, als er mit einem Investment an Rendite erzielt, so spricht man von einem Leverage-Effekt, da durch den Einsatz zusätzlichen Fremdkapitals mehr Eigenkapital frei wird, das für weitere Investitionen genutzt werden kann. Die Rendite der alternativen Investitionen muss allerdings höher als die Fremdkapitalzinsen sein.
Inhaltsverzeichnis
Berechnungsmethoden
Financial Leverage
Falls die Gesamtkapitalrentabilität rGK (Interner Zinsfuß der Investition) höher ist als der Fremdkapitalzinssatz iS, erhöht sich mit zunehmendem Verschuldungsgrad V (Verhältnis von Fremd- und Eigenkapital) die Rendite rEK des eingesetzten Eigenkapitals (auch Eigenkapitalrentabilität genannt).
Unter der Prämisse, dass der Fremdkapitalzinssatz auch bei hohem Verschuldungsgrad (FK/EK) konstant ist, gilt folgende Formel:[1]
Operating Leverage
Der Gewinnhebel („Operating Leverage“)
- misst die Beziehung zwischen den fixen und variablen Kosten einer Unternehmung,
- ist am größten in Unternehmen mit hohen Fixkosten und geringen variablen Stückkosten,
- zeigt, wie sich eine prozentuale Änderung in der Absatzmenge auf den Gewinn auswirkt.
Operating Leverage = Deckungsbeitrag / Gewinn
Aus operationalen Fixkosten entstehende Hebelwirkung auf die gesamten Kosten einer Unternehmung (Fixkosten plus variable Kosten). Die Fixkosten erhöhen die Rentabilität bei gutem Geschäftsgang und hoher Auslastung, bergen aber bei schlechtem Geschäftsgang sowie geringer Auslastung erhebliche Risiken in sich, da die fixe Belastung bestehen bleibt. Die einer Produktion inhärenten Fixkosten bewirken somit eine überproportionale Auswirkung von Umsatzschwankungen auf den Reingewinn.Formel: OL = Prozentuale Änderung des EBIT/Prozentuale Änderung der Umsatzerlöse
auf Grund einer Absatzmengenänderung.
- x: Aktuelle Absatzmenge ( Einproduktunternehmen)
- P: Stückerlös
- K var: Variablen Stückkosten
- K fix: Fixkosten
Beispiel: Unternehmen A und B
kvar(A) < kvar(B) und Kfix(A) > Kfix(B) = > Operating Leverage: OLA(x) > OLB(x)
Implikation:
Relativer EBIT von Unternehmen A reagiert stärker als der des Unternehmen B auf Änderungen delta x / x. Deshalb besitzt Unternehmen A eine höhere Renditevariabilität im Vergleich zu Unternehmen B. Im Zusammenhang mit der Schätzung des Betas in der technisch fundamentalen Analyse lässt sich daraus schließen das Beta A > Beta B sein muss.
Risiko (Leverage-Risk)
Liegt die Gesamtkapitalrentabilität unter dem Fremdkapitalzinssatz, verringert sich die Eigenkapitalrentabilität umso stärker, je größer der Anteil der Fremdfinanzierung an der Gesamtfinanzierung der Investition ausfällt. Somit liegt das Risiko des Leverage-Effektes in potentiellen Veränderungen der Beschaffungs- und Absatzmärkte bei Beeinflussung der betrieblichen Verzinsung sowie der Finanzmärkte. Zu beachten ist ferner, zu welcher Rendite eventuell überschüssiges oder freigesetztes Kapital angelegt werden kann, wenn der Leverage-Effekt ausgenutzt werden soll.
Finanzwirtschaftliches Risiko (Steigende Fremdkapitalzinsen)
Es besteht eine Unsicherheit über die Höhe der Fremdkapitalzinsen, die variabel sind und ansteigen können. Eine Absicherung gegen steigende Fremdkapitalzinsen ist durch Kauf eines Payer-Swaps möglich.
Leistungswirtschaftliches Risiko
Es kommt zu einer stärkeren Abhängigkeit von Fremdkapitalgebern. Es besteht eine Unsicherheit der mit Investitionen erzielbaren Erträge eines Unternehmens, was eine sinkende Gesamtrentabilität zur Folge haben kann. Dies kann verursacht werden durch:
- höhere Einstandspreise (z.B. Rohstoffe)
- Absatzprobleme und daraus folgend
- geringerer Gewinn
Ein Verstoß gegen Finanzierungsregeln kann ein Problem bedeuten.
Beispiele
Beispiel 1
Ein Unternehmen kann ein Projekt mit einer Rendite auf das eingesetzte Kapital (rGK) von 10 Prozent erzielen. Das gesamte eingesetzte Kapital beträgt 1000 Euro und wurde hälftig durch Eigenkapital und Fremdkapital (also je 500 Euro) finanziert. Der Gewinn vor Zinsen (earnings before interests - EBI) beträgt somit 100 Euro. Der FK-Zins, den das Unternehmen dem FK-Geber zahlen muss, beträgt 2 Prozent = 10 Euro, da 500*0,02. Den Gewinn (90 Euro) erhält das Unternehmen. Die Eigenkapitalrendite (Return on Equity) beträgt somit 18 Prozent (90/500 * 100), da dieser Gewinn zur Hälfte aus Eigenkapital erwirtschaftet wurde.
Der Leverage-Effekt ist die Differenz aus Rendite und Zinsaufwand, also 90 Euro (100-10) oder 18 Prozent auf sein eingesetztes Kapital. Was das bedeutet, wird im Beispiel 2 klar.
Exkurs 1: Die EK-Rendite (Rentabilität) ist geringer, da mehr EK (die Hälfte) zur Verfügung stand.
Beispiel 2
Das gleiche Unternehmen (rGK 10 Prozent, FK-Zinssatz 2 Prozent) reduziert nun den EK-Anteil am Projekt von 500 Euro auf 200 Euro. Für die Lücke kommt FK mit dem unveränderten FK-Zinssatz auf. Somit beträgt das FK nun 800 Euro.
Aus den unveränderten Roh-Gewinnen von 100 Euro müssen nun 16 Euro (800*0,02) für Zinsen bezahlt werden. Der Rest des Gewinnes beträgt 84 Euro, welche mit nur 200 Euro eingesetztem EK-Kapital erwirtschaftet wurden. Die EK-Rendite beträgt neu 42 Prozent (84/200*100). Die freigewordenen 300 Euro (von 500 Euro aus Beispiel 1) müssen nun auch mindestens zum FK-Zinssatz angelegt werden, um die Lücke des absoluten Gewinns (6=90-84=300*0,02) auszugleichen.
Exkurs 2: Die EK-Rendite (Rentabilität) hat sich deswegen erhöht, weil weniger EK zu Verfügung stand, jedoch die Gewinnerzielung die gleiche ist.
Beispiel 3
Nun ändern wir die Bedingungen für Fremdkapital fundamental! Plötzlich ist für das Fremdkapital ein Zinssatz von 12 Prozent zu bezahlen (vorher 2%). Aus dem Roh-Gewinn von 100 Euro sind plötzlich 96 Euro (800*0,12) an FK-Zinsen zu bezahlen. Für das Unternehmen verbleiben 4 Euro (100-96), was einer EK-Rendite von nur noch 2 Prozent (4/200*100) entspricht.
Schlussfolgerungen
Die Grundannahme für Beispiel 2 ist, dass die Gesamtkapitalrendite größer als der FK-Zinssatz ist. In einer solchen Konstellation ist es sinnvoll, eigenes Kapital möglichst durch Fremdkapital zu ersetzen. Man kann zudem noch die gezahlten Zinsen von den Steuern absetzen, was einen zusätzlichen Steuervorteil aus der Verschuldung ergibt (Tax Shield). Zinsen bedeuten Aufwand, dieser mindert den Gewinn, welcher versteuert werden muss. Dies wurde jedoch in den obigen Beispielen vernachlässigt.
Falls die Gesamtkapitalrendite kleiner wäre als der Zinssatz für Fremdkapital, dann würde es sinnvoller sein, die Investition zu unterlassen und das EK zu FK-Zins anzulegen (Kapitalverzinsung zum Beispiel durch Wertpapieranlage). Dadurch würde mehr Ertrag erwirtschaftet werden und zudem kein Investitionsrisiko bestehen. Unter dieser Annahme wird klar, dass sich der Hebeleffekt nur solange positiv auswirkt, wie der FK-Zins unter der Gesamtkapitalrendite liegt.
In Beispiel 3 wird klar, dass sich bei teurerem Fremdkapital oder bei einbrechender Rendite die Gesamtrendite entsprechend dem Hebel auch ins Negative kehren kann. Dies ist das Leverage-Risk.
Die Risiken der Nutzung von Fremdkapital für Finanzanlagen (v.a. in Aktien) können sich im ungünstigsten Fall in der Insolvenz der Investoren niederschlagen. Wenn Aktiengeschäfte mit hohen Fremdkapitalquoten getätigt werden, kann eine Erhöhung des Zinsniveaus bei gleichzeitigem Sinken der Aktienkurse zu hohen Verlusten führen. Aus diesem Grunde haben die entwickelten Staaten Regulierungsmechanismen entwickelt, die dem entgegenwirken sollen. Die Great Depression in den 1930er Jahren wurde u.a. durch fremdkapitalfinanzierte Geschäfte ausgelöst und verstärkt.
Zu beachten ist auch, dass Fremdkapital im allgemeinen für ein Unternehmen größere Risiken birgt, z.B. Gefahr der Überschuldung („Insolvenzgrund”).
Es lässt sich also abschließend sagen, dass durch eine geringe EK-Quote und bei gleichbleibendem Gewinn die EK-Rentabilität steigt, was für die Eigentümer und für mögliche Investoren zunächst sehr verlockend klingt. Dennoch sind die daraus resultierenden Gefahren zu beachten.
Leverage-Effekt am Terminmarkt
Analog zu den Wirkungen des physikalischen Hebelgesetzes ermöglicht dieses Phänomen den Terminmarktteilnehmern, mit geringen Mitteln verhältnismäßig große Positionen im Basiswert einzugehen. Dies bedeutet jedoch auch, dass die prozentuale Veränderung der Gewinne und Verluste auf Terminkontrakten und Optionen größer ist als die entsprechende Veränderung des Basiswertes.
Siehe auch
Quellen
Weblinks
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