Heinrich Wilhelm Waldeyer

Heinrich Wilhelm Waldeyer
Heinrich Wilhelm Waldeyer
Heinrich Wilhelm Waldeyer, 1891
Heinrich Wilhelm Waldeyer ist auf der Ehrentafel ehemaliger Schüler des Gymnasium Theodorianum in Paderborn genannt. (Linke Seite, 3. Name von oben)

Heinrich Wilhelm Waldeyer, (Heinrich Wilhelm Gottfried Waldeyer, ab 1916 Wilhelm von Waldeyer-Hartz) (* 6. Oktober 1836 in Hehlen/Weser; † 23. Januar 1921 in Berlin) war ein deutscher Anatom.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Waldeyer legte sein Abitur am Gymnasium Theodorianum in Paderborn ab und studierte dann zunächst an der Universität Göttingen Mathematik und Naturwissenschaften. Angeregt von Vortrag und Präsentation Jakob Henles, dessen Vorlesungen er nebenbei besucht, wechselte er zur Medizin. 1858/59 geht er als Hilfsassistent zu Julius Budges noch Greitswald, beendet sein Studium dann aber inBerlin. Bei dem Anatomen Karl Bogislaus Reichert promovierte er 1861 mit einer Arbeit über das Schlüsselbein.Kurz darauf legt er das Staatsexamen ab.

Da die ProsektorsteIle an der Anatomie, für die sich Waldeyer im besonderen interessiert, durch Leopold Goltz besetzt ist, der seinerseits die Physiologie anstrebt, verschafft ihm Klebs eine AssistentensteIle am Physiologischen Institut der Universität Königsberg. Waldeyer, der sich in Greifswald umfassende Kenntnisse in der Pathologischen Anatomie erworben hat, wird in Königsberg mit der Untersuchung pathologischer Objekte betraut. Bald führt er auch die klinischen Obduktionen an den Königsberger Krankenanstalten durch und unterrichtet die praktischen Ärzte in Pathologischer Anatomie, da diese während ihres Studiums dazu keine Gelegenheit hatten.

An der streng protestantischen Fakultät ist es dem Katholiken Waldeyer verwehrt, sich zu habilitieren. So wechselt er 1862 an die Breslau, und zwar ans Physiologische Institut Rudolf Haidenheins über. Dort wird ihm sogleich die Betreuung des pathologischen Arbeitsgebietes überlassen. Ebenso wie in Königsberg führt er klinische Obduktionen durch und betätigt sich im Unterricht. 1864 habilitiert sich Waldeyer für Anatomie und Physiologie. Dort widmete er sich auch der Diagnostik von Tumoren.

Sein berühmtester Patient war Kaiser Friedrich III., bei dem er Kehlkopfkrebs diagnostizierte.

Durch den Einfluss Rudolf Virchows auf die deutsche Unterrichtsverwaltung entstehen in jenen Jahren erste eigene Lehrstühle für Pathologische Anatomie. Waldeyer wird 1865 zum a.o. Professor für Pathologische Anatomie in Breslau ernannt. Ohne ein eigenes Institut zu erhalten, muss er sich mit fünf Zimmern eines Privathauses für seine Demonstrationen begnügen. Die Vorlesungen hält er im Hörsaal der Zoologen ob und im Physiologischen Institut betreibt er seine Forschungsarbeit. Nach anfänglichen Schwierigkeiten betreut Waldeyer schließlich alle Obduktionen der vier großen Krankenanstalten Breslaus. 1867 wird das Extraordinariat in ein Ordinariat umgewandelt, 1871 findet sich dann auch eine ständige Bleibe.

1872 erhält Waldeyer den Ruf an die neugegründete Universität Straßburg, den er auch annimmt. Dort erhält er endlich einen Lehrstuhl für Anatomie.

Elf Jahre später ober verlässt Waldeyer Straßburg, um das Berliner Anatomische Institut zu übernehmen. Er widmete sich dort vorwiegend der anatomischen Ausbildung. Von 1898 bis 1899 war er Rektor der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin. 33 Jahre lang war er Vorstand der Abteilung für systematische und topographische Anatomie. Von diesem Amt tritt er, bereits 80 Jahre alt, 1917 zurück, wird in den erblichen Adelsstand versetzt und legt sich den Namen seiner mütterlichen Familie Hartz zu.

1893 bis 1894, 1897 bis 1899, 1901 bis 1902 und 1905 bis 1910 war er stellvertretender Vorsitzender der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. In den Jahren 1892, 1896, 1900 und 1903 bis 1904 übernahm er deren Vorsitz und 1909 wurde er deren Ehrenmitglied.

Die Liste seiner Arbeiten ist lang und sehr vielseitig. Unter anderem prägte er den Begriff Neuron und vermutete darin bereits 1881 die funktionelle Grundeinheit des Nervensystems. 1888 prägte er den Begriff Chromosom zur Beschreibung der Strukturen im Zellkern. Auch die funktionelle Deutung und Aufklärung der embryologischen Herkunft des lymphatischen Rachenrings ist Waldeyer zu verdanken, nach dem diese Struktur dann auch benannt wurde.

Werke

  • Hörnerv und Schnecke. 1872.
  • Das Becken: topographisch-anatomisch mit besonderer Berücksichtigung der Chirurgie und Gynäkologie. Bonn 1899. XXVII,690 S., Abb.4° Wa 40 648
  • Die Geschlechtszellen. Jena 1903 (aus: Handbuch der vergleichenden und experimentellen Entwickelungsgeschichte der Wirbeltiere. S.86-476,Abb.)Die Geschlechtszellen. 1901–1903.
  • Darwins Lehre, ihr heutiger Stand und ihre wissenschaftliche und kulturelle Bedeutung. Berlin [u.a.] 1909 (aus: Deutsche Medizinische Wochenschrift. 1909, Nr.8. 15 S.) in: Sammelband Wa 40 635. Darwins Lehre. 1909.
  • Lebenserinnerungen. Bonn 1920. XI, 419 S.

Trivia

In Berlin, Köln, Münster (Westf.), Paderborn und Brakel (Westf.) sind Straßen nach Heinrich Wilhelm Waldeyer benannt.

Das Lehrbuch "Waldeyer, Anatomie des Menschen" (18. Aufl. 2009) stammt von seinem Großneffen Anton Johannes Waldeyer.

Weblinks

 Commons: Heinrich Wilhelm Waldeyer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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