Hermann Wicklein

Hermann Wicklein

Hermann Bernhard Markus Wicklein (* 14. Februar 1911 in Essen; † unbekannt) war ein deutscher SS-Obersturmführer und Adjutant des Lagerkommandanten in den Konzentrationslagern Herzogenbusch, Ravensbrück und Flossenbürg.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wicklein besuchte zunächst die Volks- und dann die staatliche Handelsschule. Die Handelsschule brach Wicklein ab und begann Anfang April 1927 eine kaufmännische Ausbildung. Nach Abschluss der Ausbildung war Wicklein bis zu seiner Entlassung Ende September 1930 als kaufmännischer Gehilfe tätig . Im Spätsommer 1932 arbeitete er beim Amtsgericht in Bad Salzungen als Schreibkraft und verrichtete danach verschiedene Tätigkeiten unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit.[1]

Im März 1933 trat Wicklein der SS (Mitgliedsnr.: 114.870) und im Mai 1935 der NSDAP (Mitgliedsnr.: 3.670.324) bei. Wicklein absolvierte im Frühjahr 1934 einen Lehrgang an der SS-Sportschule Fürth. Ab Mai 1934 war er Angehöriger der Wachmannschaft des KZ Dachau und wechselte dort Anfang Februar 1935 zur Kommandantur. Im April 1935 wurde er auf Intervention von Günther Tamaschke zur Inspektion der Konzentrationslager versetzt. Ab Ende 1937 war Wicklein Spieß im KZ Lichtenburg.[1] Im Mai 1939 wurde Wicklein vom KZ Lichtenburg in das neu errichtete KZ Ravensbrück versetzt und war dort ab Anfang August 1941 Adjutant unter dem Lagerkommandanten Max Koegel.[2] Zwischen August und Oktober 1942 absolvierte Wicklein einen Lehrgang an der SS-Unterführerschule Radolfzell. Im November 1942 wechselte er zur SS-Division Prinz Eugen, wo er jedoch aufgrund eines Motorradunfalls nicht an Kampfeinsätzen teilnahm.[1]

Im April 1943 wurde Wicklein als Adjutant in das KZ Flossenbürg, wiederum unter Koegel, versetzt. Ab Oktober 1943 fungierte Wicklein als Adjutant im KZ Herzogenbusch unter Adam Grünewald.[1] Von dieser Position wurde Wicklein im Februar 1944 entbunden. Wickleins Entbindung von diesem Posten war durch das so genannte „Bunkerdrama“ verursacht, bei dem Mitte Januar 1944 zehn weibliche Häftlinge starben. Am 15. Januar 1944 pressten SS-Männer, unter ihnen Lagerkommandant Grünewald, dessen Adjutant Wicklein und Schutzhaftlagerführer Arnold Strippel im KZ Herzogenbusch 74 weibliche Häftlinge in eine 9,5 m² große Zelle. In der benachbarten Zelle wurden nochmals 17 Frauen eingesperrt. Bis zum Morgen des 16. Januars 1944, als die Zellentür geöffnet wurde, starben zehn Frauen den qualvollen Erstickungstod. Da dieser Vorfall in der niederländischen Öffentlichkeit zu erheblichem Aufruhr führte, wurden Grünewald und Wicklein vor das SS- und Polizeigericht in Den Haag gestellt. Wegen Misshandlung Untergebener wurde Grünewald Anfang März 1944 zu dreieinhalb Jahren Haft und Wicklein wegen Begünstigung seines Vorgesetzten in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung von zehn Frauen zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Durch Heinrich Himmler wurden die beiden Verurteilten begnadigt.[3] Wicklein wurde, wahrscheinlich zur Bewährung, nach Barkhausen (Porta Westfalica), als Lagerleiter eines Außenlagers der KZ Neuengamme, versetzt. Ab Oktober 1944, nachdem einige Neuengammer Außenlager zu Stützpunkten zusammengefasst wurden, fungierte er als Leiter des Stützpunktes Porta und leitete die Außenlager Barkhausen, Hausberge und Lerbeck/Neesen bis zum April 1945.[4]

Nach Kriegsende geriet Wicklein in englische Kriegsgefangenschaft, aus der ihm jedoch im September 1945 die Flucht gelang.[1] Nach 1945 soll Wicklein seinen Wohnsitz in Oberhausen gehabt haben.[2] Wicklein war verheiratet und hatte mindestens ein Kind.[3] Über seinen weiteren Lebensweg ist nichts bekannt.

Literatur

  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Silke Schäfer: Zum Selbstverständnis von Frauen im Konzentrationslager. Das Lager Ravensbrück. Berlin 2002 (Dissertation als pdf)
  • Jan Erik Schulte: Konzentrationslager im Rheinland und in Westfalen 1933-1945 – Zentrale Steuerung und regionale Initiative., Schöningh GmbH & Co KG, 2005, ISBN 3-506-71743-X.
  • Johannes Tuchel: Konzentrationslager. Band 39 von Konzentrationslager: Organisationsgeschichte und Funktion der Inspektion der Konzentrationslager 1934-1938. H. Boldt, 1991, ISBN 3764619023.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Johannes Tuchel: Konzentrationslager. Band 39 von Konzentrationslager: Organisationsgeschichte und Funktion der Inspektion der Konzentrationslager 1934-1938. H. Boldt, 1991, ISBN 3764619023, S. 395
  2. a b Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 675
  3. a b Silke Schäfer: Zum Selbstverständnis von Frauen im Konzentrationslager. Das Lager Ravensbrück. Berlin 2002, S. 174f.
  4. Jan Erik Schulte: Konzentrationslager im Rheinland und in Westfalen 1933-1945 – Zentrale Steuerung und regionale Initiative., Schöningh GmbH & Co KG, 2005, S. 137f.

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