KZ Lichtenburg

KZ Lichtenburg
51.662512.931944444444
KZ Lichtenburg (Deutschland)
KZ Lichtenburg
KZ Lichtenburg

Das Konzentrationslager Lichtenburg - auch Sammellager Lichtenburg[1] - befand sich in dem Schloss Lichtenburg aus dem 16. Jahrhundert in Prettin im Osten des Landes Sachsen-Anhalt. Das Gebäude wurde bereits seit 1812 als Zuchthaus genutzt und 1928 wegen mangelhafter baulicher und sanitärer Zustände geschlossen.

Inhaltsverzeichnis

1933–1937

Das Lager Lichtenburg hatte im NS-Staat als eines der ersten Konzentrationslager Vorläuferfunktion für das Lagersystem im Deutschen Reich. Am 13. Juni 1933 wurde es als „Konzentrationslager für männliche Schutzhäftlinge“ eingerichtet. Für 1000 Häftlinge geplant, war das KZ Lichtenburg bereits im September 1933 mit ca. 2000 Häftlingen stark überbelegt, dadurch verschlechterten sich die Lebensbedingungen der Häftlinge extrem. Mindestens 20 (dokumentiert) Häftlinge sind in der Zeit des Lagerbestehens, durch Misshandlungen, schlechte Haftbedingungen und Morde im Strafbunker, umgekommen. Es heißt, hier wurde der Prügelbock erfunden, der in anderen Konzentrationslagern übernommen wurde.

Wolfgang Langhoff, ehemaliger Häftling, der am 6. Dezember 1933 eintraf, traf in der Lichtenburg ungefähr 70 Prozent Kommunisten, 20 Prozent Sozialisten und 10 Prozent politisch unorganisierte Häftlinge an. Ab 1934 wurden zunehmend als homosexuell verfolgte Männer in die „Lichte“ gebracht und später auch sogenannte Berufsverbrecher, die als Vorbestrafte ohne Gerichtsverfahren eingewiesen wurden. Zunächst oblag die Bewachung des Lagers der Polizei. Ab Mitte August bewachten 150 Männer das Lager, Lagerkommandant war SS-Truppführer Edgar Entsberger[2] von der SS-Standarte 26. Ab dem 1. Juni 1934 galt die Dachauer Lagerordnung.

Hitler gab vor, es hätte angeblich ein Röhm-Putsch bzw. eine Verschwörung des SA-Chefs Ernst Röhms stattgefunden, es wurden im Juli 1934 etwa 60 SA-Männer kurzzeitig in das KZ Lichtenburg eingewiesen.[3]

Nach dem Erlass der Nürnberger Rassengesetze im September 1935 inhaftierte die SS wegen „Rassenschande“ jüdische Häftlinge.

1937–1939 Umwandlung in ein Frauenkonzentrationslager

Nach der Errichtung der KZ Sachsenhausen und Buchenwald wurde das Männer-KZ im August 1937 aufgelöst und die Burg ab Dezember 1937 übergangsweise für weibliche Häftlinge genutzt. Am 15. Dezember trafen die ersten 200 weiblichen Häftlinge aus dem Frauen-Konzentrationslager Moringen ein. Bis 1939 sind 1.415 Häftlingsnummern belegt. Das Frauenlager unterstand der SS-Inspektion der Konzentrationslager (IKL der SS). Die Lagerkommandantur übernahm SS- Standartenführer Günther Tamaschke. Als Lagerführer amtierten Alex Piorkowski und ab September 1938 SS-Hauptsturmführer Max Koegel, der aus dem KZ Dachau kam.

Da das Schloss eine marode Bausubstanz hatte und als nicht erweiterungsfähig galt, wurden im Mai 1939 die verbliebenen 867 weiblichen Häftlinge in das neugebaute Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück verlegt.

Häftlingsgruppen

Neben den politischen Häftlingen, die zum Teil schon seit 1933 inhaftiert waren, wurden seit 1935 verstärkt die „Bibelforscherinnen“ genannten Zeuginnen Jehovas, zurückkehrende Emigrantinnen, wegen „Rassenschande“ verfolgte Frauen jüdischer Herkunft, Sinti- und Romafrauen sowie sogenannte Asoziale und Kriminelle ins KZ verschleppt.

Nutzung nach 1939

Nach der Schließung des KZ Lichtenburg fungierte das Schloss als Standort für das Totenkopf-Infanterie-Ersatzbataillon II und ab 1942 das SS-Hauptzeugamt. Bis zu 65 Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen, die im Zellenbereich untergebracht waren, standen der SS zur Zwangsarbeit zur Verfügung.

Nach 1945

Kundgebung der VVN im ehemaligen Konzentrationslager und Zuchthaus (1949)

Nach 1945 wurden das Schloss und die angrenzenden Ländereien bis 1990 landwirtschaftlich genutzt. Im Bunker des ehemaligen KZ wurde 1965 eine Mahn- und Gedenkstätte eingerichtet, die 1974 erweitert wurde.

1995 musste die Lagergemeinschaft Ravensbrück / Freundeskreis e. V. um den Erhalt der Gedenkstätte ringen. Im Spätsommer 2000 sollte die Lichtenburg als Eigentum des Bundes durch die Oberfinanzdirektion Magdeburg verkauft werden. Unter dem Motto „KZ zu verkaufen“ brachen im In- und Ausland Proteste los. An den Bundestag wurden Anfragen gestellt. Im November 2004 drohte der Gedenkstätte erneut die Schließung. Erst nach Protest erklärte sich die sachsen-anhaltische Landesregierung zur Kostenbeteiligung bereit. Nach langjährigen Verhandlungen über die Zukunft und die Trägerschaft der Gedenkstätte KZ Lichtenburg zwischen dem Landkreis Wittenberg, der Landesregierung in Sachsen Anhalt und der Bundesregierung führte 2006 zu dem Entschluss in Sachsen Anhalt eine Gedenkstättenstiftung[4] einzurichten. Diese existiert seit dem 1. Januar 2007. Seit Anfang 2008 gehört die Gedenkstätte KZ Lichtenburg zu dieser Stiftung. Die notwendige Neugestaltung und die damit verbundenen Baumaßnahmen laufen seit Dezember 2008. Die neue Dauerausstellung wird mit Eröffnung der neuen Gedenkstätte im Oktober 2011 der Öffentlichkeit präsentiert.

Personal[5]

Lagerkommandanten im Männerkonzentrationslager

Schutzhaftlagerführer im Männerkonzentrationslager

  • Juli 1934 - Februar 1935: Edgar Entsberger
  • Februar 1935 bis April 1935 Karl Otto Koch
  • April 1935 bis Oktober 1936 Heinrich Remmert
  • November 1936 - August 1937 Egon Zill

Arthur Liebehenschel war von 1934 bis Juli 1937 Adjutant im KZ Lichtenburg. 1940 stand er im Dienstrang eines Stabsführers und Vertreters des Inspekteurs der Konzentrationslager.

Lagerdirektor im Frauenkonzentrationslager

Stellvertretende Lagerdirektoren

  • Dezember 1937 - August 1938 Alexander Piorkowski
  • September 1938 - Mai 1939 Max Koegel

Aufseherinnen

Oberaufseherinnen waren von Dezember 1937 bis Februar 1939 Margarete Stollberg und danach bis Mai 1939 Johanna Langefeld. Im Oktober 1938 trat Maria Mandl als Aufseherin in das Personal des Konzentrationslagers Lichtenburg ein. Sie arbeitete dort mit etwa fünfzig anderen Frauen, die wie Mandl dem SS-Gefolge angehörten. Im Mai 1939 wurde sie mit den anderen Wärterinnen in das neu eröffnete KZ Ravensbrück bei Berlin gesandt. Die Misshandlung von Lagerinsassen rückte Mandl bei Ihren Vorgesetzten in ein gutes Licht – sie wurde zur Oberaufseherin befördert. Im KZ überwachte sie den täglichen Ablauf und den Einsatz der ihr unterstellten Aufseherinnen. Unter ihnen waren die Insassen grausamen Misshandlungen (beispielsweise Schläge und Auspeitschungen) ausgesetzt. Im Oktober 1942 wurde Mandl ins KZ Auschwitz-Birkenau versetzt, wo sie SS-Lagerführerin wurde.

Bekannte Häftlinge

Siehe auch

Literatur

  • Gedenkstätte KZ Lichtenburg - Literatur von und über ehemalige Häftlinge[6]
  • Klaus Drobisch: Konzentrationslager im Schloss Lichtenburg. Kommission zur Erforschung der Geschichte der Örtlichen Arbeiterbewegung der Bezirksleitung Cottbus der SED, Cottbus 1987. (und: Kreisverwaltung, Wittenberg 1997)
  • Klaus Drobisch, Günther Wieland: System der NS-Konzentrationslager 1933–1939. Akademie Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-05-000823-7.
  • Hans Hesse, Jürgen Harder: „… und wenn ich lebenslang in einem KZ bleiben müßte …“ Die Zeuginnen Jehovas in den Frauenkonzentrationslagern Moringen, Lichtenburg und Ravensbrück. Klartext, Essen 2001, ISBN 3-88474-935-8.
  • Stefanie Endlich: Lichtenburg – Vergangenheit und Zukunft: Renaissanceschloss, Konzentrationslager, Gedenkstätte. In: Gedenkstättenrundbrief 111. Jg. 2003.
  • Stefan Hördler, Sigrid Jacobeit (Hrsg.): Dokumentations- und Gedenkort KZ Lichtenburg – Konzeption einer neuen Dauerausstellung für Werkstattgebäude und Bunker. Lit-Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-643-10038-2.
  • Werner Dietrich: Konzentrationslager Lichtenburg. Medien Profis Leipzig, Prettin 2002. (Lichtenburger Hefte 2)

Fußnoten

  1. Gedenkstätte KZ Lichtenburg
  2. lichtenburg.org: Der Komplex Lichtenburg als KZ und SS-Standort in der NS-Zeit – 1933 bis 1945, Zugriff am 11. Mai 2010
  3. Stefan Hördler, Sigrid Jacobeit (Hrsg.): Dokumentations- und Gedenkort KZ Lichtenburg. Berlin 2009, S. 94.
  4. http://www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=32790 Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt]
  5. Stefan Hördler, Sigrid Jacobeit (Hrsg.): Dokumentations- und Gedenkort KZ Lichtenburg, Berlin 2009, S. 125f.
  6. http://www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=32876

Weblinks


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