Herzogtum Athen

Herzogtum Athen

Das Herzogtum Athen war einer der Kreuzfahrerstaaten in Griechenland, die nach der Eroberung Konstantinopels während des Vierten Kreuzzugs gegründet wurden. In seinem Umfang entsprach das Herzogtum weitestgehend den heutigen Regionen Attika und Böotien, später auch bis nach Thessalien hinein.

Geschichte

Der erste Herr von Theben und Athen war Otto de la Roche, ein burgundischer Ritter und Teilnehmer des Vierten Kreuzzugs. Er erhielt diese Städte ab Ende 1204 als Lehen des Königreichs Thessaloniki. Als dieses aber 1224 von Theodoros I. Angelos, dem Despoten von Epirus, erobert wurde, erhob der Fürst von Achaia einen Oberherrschaftsanspruch auf Athen. Durch ein Schiedsurteil König Ludwigs IX. von Frankreich wurde die Herrschaft von Theben und Athen 1260 zu einem Herzogtum erhoben.

Herzogtum Athen ‎

Das Herzogtum bestand aus der Halbinsel Attika, erstreckte sich bis nach Makedonien hinein, und hatte eine nicht festgelegte Grenze mit Thessaloniki und Epirus. Die Inseln der Ägäis gehörten nicht dazu, die venezianisches Gebiet waren. Die Gebäude der Akropolis in Athen und der Kadmeia in Theben dienten den Herzögen als Palast.

Die Familie de la Roche hatte den Herzogstitel bis 1308 inne, ihnen folgte Walter V. von Brienne, der die Katalanische Kompanie, eine Söldnertruppe unter Roger de Flor, unter Vertrag nahm, um gegen die byzantinischen Nachfolgestaaten Epirus und Nicäa zu kämpfen. Als Walter 1311 versuchte, die Kompanie wieder loszuwerden, besiegten ihn die Katalanen in der Schlacht am Kephissos und übernahmen die Herrschaft in Athen. Sie machten Katalanisch zur offiziellen Landessprache und ersetzten die aus Frankreich und Achaia übernommenen Gesetze durch katalanische. Das Herzogtum wurde zu einer Sekundogenitur des aragonesischen Königshauses von Sizilien. Der Sohn Walters behielt lediglich Argos und Nauplia unter seiner Kontrolle, wo er weiterhin als Herzog tituliert wurde.

1318/1319 eroberten die Katalanen Siderokastron und den Süden Thessaliens und schufen das Herzogtum Neopatria, das mit Athen vereint wurde. Teile Thessaliens gingen 1337 an die Serben verloren. Nach dem Tod König Friedrichs III. von Sizilien 1377 wurden Athen und Neopatria von seiner Tochter Maria regiert. 1379 eroberte die Navarresische Kompanie im Dienst des Lateinischen Prätendenten Jacques des Baux Theben und Teile Neopatrias, während Peter IV. von Aragón den Rest Neopatrias und die Attika besetzte. 1379 wurde das Herzogtum direkt der Krone Aragons unterstellt und durch Vikare verwaltet. 1385 drang der Florentiner Nerio I. Acciaiuoli mit einem Söldnerheer nach Attika ein und besetzte die Unterstadt von Athen. Die Akropolis blieb zunächst in katalanischer Hand, doch die Besatzung ergab sich schließlich am 2. Mai 1388 und Peters Sohn Johann I. verkaufte das Herzogtum (zunächst ohne Neopatria, das erst 1390 folgte) an Nerio.

Unter der Familie Acciaiuoli konnten erstmals seit dem vierten Kreuzzug wieder Griechen am politischen Leben des Landes teilhaben. Auch wurde erstmals wieder ein orthodoxes Bistum, neben dem lateinischen, toleriert. Neopatria wurde 1394 von den Osmanen besetzt. Von 1395 bis 1402 beherrschten die Venezianer das Herzogtum, 1444 wurde es Konstantin Paläologos tributpflichtig, dem Despot von Morea und Erbe des byzantinischen Throns. 1456, drei Jahre nach dem Fall Konstantinopels durch die Türken, eroberte Sultan Mehmed II. die letzten Reste des Herzogtums.

Liste der Herzöge von Athen

Wappen der Herzöge aus dem Haus de la Roche
Wappen der Herzöge aus dem Haus Acciaiuoli
  • 1388–1394 Nerio I. Acciaiuoli
  • 1394–1395 Antonio I. Acciaiuoli Sohn
  • 1394–1395 Francesca Acciaiuoli Halbschwester
  • Venezianische Herrschaft (1395–1402)
  • 1402–1435 Antonio I. Acciaiuoli
  • 1435–1439 Nerio II. Acciaiuoli Großneffe Nerios I.
  • 1439–1441 Antonio II. Acciaiuoli Bruder
  • 1441–1451 Nerio II. Acciaiuoli
  • 1451–1451 Clara Giorgio Witwe Nerios II.
  • 1451–1454 Bartolome Contarini zweiter Ehemann Claras
  • 1451–1454 Francesco I. Acciaiuoli Sohn Nerios II.
  • 1454–1460 Francesco II. Acciaiuoli Sohn Antonios II.

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