Higgsboson

Higgsboson
Simulation des hypothetischen Zerfalls eines Higgs-Teilchens, CMS/CERN

Das Higgs-Boson oder Higgs-Teilchen, benannt nach dem britischen Physiker Peter Higgs, ist ein hypothetisches Austauschteilchen, das im Standardmodell der Elementarteilchenphysik vorhergesagt wird.

Danach ist die Masse – ausgenommen der des Higgs-Bosons selbst – keine grundlegende Eigenschaft der Elementarteilchen, sondern entsteht erst durch die Yukawa-Wechselwirkung mit dem Higgs-Feld oder – im Falle der massiven Eichbosonen – durch den Higgs-Mechanismus.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1964 entwickelte Peter Higgs einen formalen Mechanismus, durch den zunächst masselose Teilchen in Wechselwirkung mit einem Hintergrundfeld (dem Higgs-Feld) massiv werden.

Ursprünglich im Rahmen der Festkörperphysik entwickelt und mit der Supraleitung verwandt, wurde der Mechanismus auch auf die Elementarteilchenphysik übertragen. Hier erhalten auf diese Weise nicht nur alle Quarks und Leptonen ihre Masse, sondern auch die für die schwache Wechselwirkung verantwortlichen W- und Z-Bosonen.

Interessant dabei ist, dass eine ursprünglich als fundamental angesehene Eigenschaft der Teilchen (eben die Masse) sich nunmehr als „Nebeneffekt“ einer Wechselwirkung darstellt.

Dass Masse durch Wechselwirkung entsteht, ist dabei nicht nur auf den Higgs-Mechanismus beschränkt. Tatsächlich beruht der größte Teil der Masse unserer Alltagswelt auf der starken Wechselwirkung zwischen den Quarks in den Nukleonen des Atomkerns (die Masse der Quarks selbst macht nur einen kleinen Anteil an der Masse eines Atomkerns aus).

Eigenschaften

Das Higgs-Teilchen des Standardmodells hat keine elektrische Ladung. Weil es mit Null einen ganzzahligen Spin hat, ist es ein Boson, genauer: ein Skalarboson. Nach Berechnungen des Fermilab von 2006 liegt seine Masse wahrscheinlich zwischen 117 und 153 GeV (ermittelt aus Messungen der W-Boson-Masse). Zum Vergleich: Proton und Neutron haben je ca. 1 GeV.

Für den Fall, dass im Bereich bis 200 GeV kein Higgs-Teilchen gefunden werden sollte, sagen einige Theorien ein Higgs-Multiplett vorher, welches auch bei höheren Energien realisiert sein könnte.

Die Stärke der Yukawa-Kopplung, mit der das Higgs-Feld an die anderen Teilchen koppelt, ist proportional zur Masse des Teilchens und Yukawa-artig, d. h. kurzreichweitig wegen der negativ-exponentiellen Abhängigkeit vom Abstand.

Higgs-Teilchen im Standardmodell

Das Higgs-Boson ist für die Teilchenphysik vor allem deshalb so wichtig, weil es – bisher – die einfachste bekannte und experimentell konsistente Erklärung dafür ist, wie die Eichbosonen, die die Grundkräfte vermitteln, eine Masse haben können – denn die grundlegende Theorie erfordert masselose Eichbosonen, da sie ansonsten mathematisch nicht funktioniert. Die Eichbosonen der schwachen Kraft, die W- und Z-Bosonen, haben aber sogar eine recht große Masse. Der Higgs-Mechanismus erklärt nun, wie eigentlich masselose Eichbosonen durch Wechselwirkung mit dem Higgsfeld eine Masse erhalten können. Weiter gelingt so die Vereinheitlichung von elektromagnetischer und schwacher Wechselwirkung, da beide auf nur eine, grundlegende „elektroschwache“ Wechselwirkung mit (ursprünglich) lauter masselosen Eichbosonen zurückgeführt werden können.

Da sich viele spezielle Eigenschaften einer solchen elektroschwachen Wechselwirkung experimentell sehr gut bestätigt haben, gilt das Standardmodell mit einem Higgs-Teilchen als plausibel. Allerdings konnte bisher (Stand 2009) kein Higgs-Boson direkt beobachtet werden. Es ist damit das einzige Teilchen des Standardmodells, das experimentell noch nicht nachgewiesen werden konnte. Ursache dafür ist die sehr geringe Produktionsrate im Energiebereich bestehender Elementarteilchenbeschleuniger. Der im Augenblick höchstenergetische Teilchenbeschleuniger Tevatron am Fermilab konnte das Higgs-Boson bisher nicht nachweisen, allerdings besteht noch die Hoffnung, einen Nachweis zu finden oder zumindest den erlaubten Parameterbereich signifikant einzuschränken. Auch durch den LEP am CERN konnte das Higgs-Boson nicht nachgewiesen werden. Daher kann die derzeitige experimentelle Untergrenze für die Masse des Higgs-Bosons mit 114,1 GeV (2006) angegeben werden. Im März 2009 gab das Fermilab bekannt[1], dass das Segment von 160-170 GeV aus dem bisher angenommenen Bereich von 114-185 GeV wohl ausgeschlossen werden muss. Elementarteilchenphysiker hoffen, mit dem am 10. September 2008 in Betrieb gegangenen LHC (ebenfalls am CERN) das Higgs-Boson herzustellen.

Higgs-Teilchen im MSSM

In der minimalen supersymmetrischen Erweiterung des Standardmodels (MSSM) gibt es zwei Higgs-Dupletts und in Folge dessen fünf Higgs-Bosonen: Drei neutrale (h, H, A) und zwei geladene (H + , H ). Das A-Boson ist CP-ungerade, während das h- und H-Boson CP-gerade sind. Das A-Boson koppelt nicht an W- und Z-Bosonen. Das h-Boson hat (abhängig vom Benchmark-Szenario) eine theoretisch erlaubte Masse von maximal 133 GeV und gilt daher als standardmodell-ähnlich.[2][3]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. http://www.symmetrymagazine.org/breaking/2009/03/13/higgs-territory-continues-to-shrink
  2. David Eriksson: H±W production at the LHC, High Energy Physics, Uppsala University, IKP seminar, 2006-10-06
  3. Janusz Rosiek, Warsaw University: hep-ph/9511250 Complete Set of Feynman Rules for the MSSM - inkl. erratum, 06.11.1995, KA-TP-8-1995, hep-ph/9511250

Weblinks


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