Hippolytus

Hippolytus

Hippolyt (Hippolytos, Hyppolitus; * um 170 vermutlich im Osten des römischen Reiches; † 235 auf Sardinien) war erster Gegenbischof von Rom der Geschichte (seit 217 „Gegenpapst“). Ab 192 war er Presbyter in Rom. Er war Schüler des Irenäus von Lyon und gilt im Westen als der wichtigste Kirchenlehrer seiner Zeit. Er ist der Namenspatron der Stadt Sankt Pölten, von Saint-Hippolyte (auf deutsch: St. Pilt) im Elsass; Schutzheiliger der Stadt Zell am See; Patron der Gefängniswärter, der Pferde; wird angerufen bei Körperschwäche. Sein Name bedeutet: der Pferdebändiger (griechisch Ἱππόλυτος).

Inhaltsverzeichnis

Hippolytisches Schisma

Zum „Hippolytischen Schisma“ des Ditheismus, dem ersten größeren Schisma der Kirche, kam es, als Bischof Kalixt I. (217-222) im Jahr 217 in einem Erlass eine zweite Buße (nach der Taufe) für Sünden sexueller Natur erlaubte, obwohl bis dahin Unzucht, Mord und Abfall vom Glauben als unverzeihbare Todsünden galten. Außerdem warf der zu Rigorismus und persönlichem Ehrgeiz neigende Hippolyt ihm vor, die Lehre des Sabellius — den modalistischen Monarchianismus – nur unzureichend zu bekämpfen. Schließlich beschuldigte er Kalixt der Veruntreuung von Geldern und anderer krimineller Aktivitäten, ließ sich nach allerdings umstrittener Quellenlage seinerseits zum Bischof von Rom wählen und stand bis zu seinem Tod einer kleineren, in Punkten der Sexualmoral unnachgiebigeren Gruppierung vor. Nachdem Maximinus Thrax Kaiser wurde und eine neue Christenverfolgung begann, wurde er 235 gemeinsam mit dem regulären Bischof von Rom Pontianus nach Sardinien verbannt, wo beide starben.

Traditio apostolica und andere Werke

Hippolyt schrieb – vermutlich in griechischer Sprache – unter Anderem Kommentare zum Buch Daniel und zur Apokalypse, dogmatische und kirchenrechtliche Abhandlungen sowie eine Kampfschrift gegen die Gnostiker („Widerlegung aller Häresien“), in der er 32 häretische Sekten verzeichnet. Kulturgeschichtlich interessant sind auch die im letztgenannten Werk (Adv. Häres. IV 28 ff.) beschriebenen Tricks antiker Magier. Ein Großteil seiner Schriften ist nur in altslawischer Übersetzung erhalten. Weiterhin stellte Hippolyt Berechnungen zum Osterfest an.

Das heute wohl bekannteste Werk von Hippolyt ist die (ihm mit umstrittener Berechtigung zugeschriebene) „Apostolische Überlieferung“ (Traditio Apostolica) aus den Jahren 210 bis 235, die uns einen Einblick in die damalige Kirche gibt und Musterbeispiele frühchristlicher Gebetliteratur überliefert. Während das griechische Original im Wesentlichen verloren ging, ist uns das Werk in lateinischer, arabischer, koptischer und äthiopischer Fassung überliefert, wobei die Fassungen teilweise unvollständig sind und voneinander abweichen. Unter anderem enthält die Schrift das älteste sicher bekannte Hochgebet der Heiligen Messe (Eucharistie). Als „Anaphora der Apostel“ ist es seit langem in der äthiopischen Kirche in Gebrauch und liegt auch dem 2. Hochgebet des heutigen Missale Romanum zu Grunde. Das Gebet zur Bischofsweihe aus der „Traditio apostolica“ wurde nach dem Zweiten Vatikanum in das Pontificale Romanum für die Ordination eines Bischofs herübergenommen.

Prex eucharistia

„Ebenso nahm er auch den Kelch und sprach: Dies ist mein Blut, das für euch vergossen wird. Wenn ihr dies tut, tut ihr es zu meinem Gedächtnis. Seines Todes und seiner Auferstehung eingedenk bringen wir dir das Brot und den Kelch dar. Wir sagen dir Dank, dass du uns für würdig erachtet hast, vor dir zu stehen und dir als Priester zu dienen. Auch bitten wir dich, deinen Heiligen Geist auf die Gabe der heiligen Kirche herabzusenden. Du versammelst sie zur Einheit, so gib allen Heiligen, die sie empfangen, Erfüllung mit Heiligem Geist zur Stärkung des Glaubens in der Wahrheit, dass wir dich loben und verherrlichen durch deinen Knecht Jesus Christus, durch den Herrlichkeit und Ehre ist dem Vater und dem Sohn mit dem Heiligen Geist in deiner heiligen Kirche jetzt und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Auszug aus dem eucharistischen Hochgebet der Traditio apostolica

Grab

Im Vicolo dei Canneti in Rom befindet sich der Eingang zur Hippolytus-Katakombe, die sich über mehrere Etagen erstreckt. Sie lag früher mitten in einem Gräberfeld an einer Nebenstraße der Via Tiburtina. Das Grab des Hippolytus wird hier vermutet. Im Laufe des vierten Jahrhunderts wurde dieser Grabraum und die umgebenden Gänge in eine längsgestreckte, unterirdische Basilika umgebaut; der Standort einer im 5. Jahrhundert erwähnten überirdischen Kirche ist bis heute nicht aufgefunden worden.

In dieser Gegend — im ager veranus abseits der Via Tiburtina — wurde 1551 ganz in der Nähe der erwähnten Katakombe eine beschädigte Marmorstatue aufgefunden. Der verbliebene Unterteil, der eine auf einem Thron sitzende Person darstellt, wurde als eine Statue des Hippolytus restauriert.

In der Tat weist die Statue enge Verbindungen zu Hippolytus auf: In den Seitenwänden des Throns sind in Form einer Bibliografie bedeutende Werke eingraviert, die ihm zugeschrieben werden können. Es findet sich dort ebenfalls seine kalenderförmige Berechnung der Ostertermine des dritten Jahrhunderts.

Es ist umstritten, ob die Statue von Anfang an Hippolytus darstellen sollte oder ob eine beschädigte, antike Statue mit seinen Werken versehen und ihm zu Ehren aufgestellt worden ist. Sie stand lange im Eingang der Vatikanischen Bibliothek und befindet sich heute im Museum des Lateran.

Legendenbildung

Martyrium des Hippolyt von Rom in einer Darstellung aus dem 14. Jhdt.
Martyrium des Hl.Hippolyt, Dieric Bouts, 1470-1475, Brugge, Museum der Sint-Salvator-Kathedrale.

Die räumliche Nähe der Hippolytuskatakombe zum Grab des berühmten Märtyrers Laurentius in San Lorenzo fuori le Mura an der Via Tiburtina hat schon früh zur Vermischung der Legenden der beiden Heiligen geführt. Bereits im 5. Jahrhundert werden sie in einigen frühchristlichen Kirchen (so in San Lorenzo oder in Sant'Apollinare Nuovo in Ravenna) gemeinsam abgebildet.

In dieser Legende bekehrt sich Hippolytus, der als römischer Offizier als Wächter des eingekerkerten Laurentius eingesetzt war, selbst zum Christentum und stirbt dafür den Märtyrertod, indem er bei lebendigem Leib von Pferden zerrissen wird. Diese Darstellung der Todesart findet sich in zahlreichen mittelalterlichen Bildern wieder; im Wappen des elsässischen Saint-Hippolyte ist diese Legende ebenfalls dargestellt. Hippolyt wurde so auch zum Schutzpatron der Pferde.

Die Ursprünge dieser "Offizierslegende" liegen im Dunkeln. Ein erster Hinweis findet sich in den Werken des spanischen Dichters Prudentius (* 348; † nach 405), der bei einem Rombesuch die Gräber verschiedener Heiliger beschrieben hat. Er erwähnt ein Bild in der Nähe des Grabes Hippolyts, auf dem der Märtyrertod des Priesters dargestellt wird, der von Pferden zu Tode geschleift wurde. Inwieweit sich diese Abbildung tatsächlich auf den Priester Hippolyt oder aber auf die in Rom sehr populäre Legende der namensgleichen, mythologischen Gestalt des Hippolytos, der ebenfalls von Pferden zu Tode geschleift wurde, bezieht, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Reste des Bildes sind bis heute nicht aufgefunden worden.

So bleibt es eine Theorie, dass eine Abbildung des Sterbens des mythologischen Hippolytos in der Nähe des Grabes des Priesters Hippolyt spätere Generationen zu der Annahme verleitet haben, das Bild beziehe sich auf den Priester und beschreibe dessen Todesart. Wie aber aus dem Priester ein Offizier und Wächter des Laurentius geworden ist, ist nicht geklärt. Möglicherweise hat nicht nur die erwähnte Nähe der Gräber, sondern auch die Aufeinanderfolge der Festtage (Laurentius am 10.8., Hippolyt am 13.8.) zur Konstruktion einer gemeinsamen Legende geführt.

Gedenktage

Siehe auch

Literatur

  • Miroslav Marcovich: Hippolyt von Rom. In: Theologische Realenzyklopädie 15 (1986), S. 381-387 (Überblick mit weiterer Lit.)
  • Konrad Graf Preysing: Des heiligen Hippolytus von Rom Widerlegung aller Häresien. (Deutsch). Bibliothek der Kirchenväter II Band 40, München/Kempten 1922.
  • Traditio Apostolica (lateinisch-griechisch-deutsch), in: Fontes Christiani, Band 1, Freiburg i. Br. 1991 (übersetzt und eingeleitet von Wilhelm Geerlings)

Weblinks


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