Hirschsprung (Pflanze)

Hirschsprung (Pflanze)
Hirschsprung
Hirschsprung (Corrigiola litoralis)

Hirschsprung (Corrigiola litoralis)

Systematik
Eudikotyledonen
Kerneudikotyledonen
Ordnung: Nelkenartige (Caryophyllales)
Familie: Mollugogewächse (Molluginaceae)
Gattung: Corrigiola
Art: Hirschsprung
Wissenschaftlicher Name
Corrigiola litoralis
L.

Hirschsprung (Corrigiola litoralis), auch als Gewöhnlicher Hirschsprung bezeichnet, ist eine niedrigwüchsige, unscheinbare Pflanze, die nach neueren molekularbiologischen Untersuchungen den Mollugogewächsen (Molluginaceae) zugeordnet wird. Traditionell wurde sie nach morphologischen Merkmalen zu den Nelkengewächsen (Caryophyllaceae) gestellt, gelegentlich auch zu den sogenannten Nagelkrautgewächsen (Illecebraceae). Die Gattung Corrigiola besteht aus elf Arten. Als einzige davon kommt der Hirschsprung auch in Mitteleuropa vor. Die Art besiedelt feuchte Sandstandorte an Flussufern und in anderen offenen, wechselnassen Pionierfluren.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Nahaufnahme der Blüten
An der Sprossbasis der kriechenden Pflanze stehen mitunter aufrechte, linealische Blätter
Illustration

Hirschsprung ist eine kahle, krautige, einjährige Pflanze (Therophyt), die am Grund reich verzweigt ist. Die niederliegenden Äste erreichen Längen von sieben bis 25 (50) Zentimetern. Die Wuchsform ähnelt oft flachen, dem Boden aufliegenden Polstern. Die Pflanze wirkt insgesamt blau- bis graugrün, die wechselständig angeordneten Laubblätter haben einen linealischen bis schmal-lanzettlichen, spateligen Umriss. An ihrer Basis befinden sich sehr kleine Nebenblätter. Die Blüten wachsen in dichten, blattachsel- oder endständigen Knäueln. Der Kelch wird 1 bis 1,5 mm lang, ist eiförmig, hautrandig und länger als die weißlichen Kronblätter. Meist findet man die Blüten kugelig geschlossen vor; die Art betreibt Selbstbestäubung. Jede Blüte enthält fünf Staubblätter und drei Griffel. Die Blütezeit ist in Mitteleuropa von Juli bis September/Oktober. Die Frucht wird 1 bis 1,5 mm lang.

Chromosomenzahl: 2n = 16, 18 (32).

Verbreitung

Es handelt sich um eine subatlantisch bis submediterran verbreitete Art, die ihren Arealschwerpunkt in Westeuropa und im westlichen bis zentralen Mitteleuropa hat. Im Norden kommt sie bis nach Mittelschweden und Südwestfinnland vor, im Mittelmeerraum ist sie in Küstengebieten zu finden. In Amerika sowie Südafrika wurde der Hirschsprung eingeschleppt.

Die Pflanze tritt vom Tiefland bis in mittlere Gebirgslage auf, im Schwarzwald etwa bis in 820 Metern; in den Alpen fehlt sie.

Standortansprüche, Ökologie

Hirschsprung ist in großen Flusstälern, beispielsweise an der mittleren Elbe, eine Stromtalpflanze, die am Ufer entlang der Wechselwasserzone vorkommt, ebenso an manchen Stauteichen und Talsperren. Darüber hinaus findet man sie als Sandpflanze (Psammophyt) auch auf krumenfeuchten Äckern, unbefestigten Wegen und ähnlichen offenen Rohbodenstandorten (auch: Truppenübungsplätze, Bahnanlagen, Industriegelände). Sie benötigt vegetationsarme, trockene bis wechselnasse (mitunter zeitweilig überschwemmte), mäßig nährstoffreiche und eher basen- und kalkarme Sand-, Kies- oder Schotterböden. Hirschsprung ist nach den ökologischen Zeigerwerten von Ellenberg eine Lichtpflanze, mäßig wärmeliebend, ozeanisch verbreitet sowie ein Feuchte- und Mäßigsäurezeiger.

Pflanzensoziologisch handelt es sich um die namensgebende Charakterart der sehr seltenen Hirschsprung-Gesellschaft, Chenopodio polyspermi-Corrigioletum littoralis (Malcuit 1929) Hülbusch & R. Tx. in R. Tx. 1979, die zu den Zwergbinsen-Gesellschaften überleitet. Weiterhin tritt die Art auch in anderen Gesellschaften der Flussmelden-Fluren (Verband Chenopodion rubri) auf.

Hirschsprung ist eine konkurrenzschwache Pflanze mit spezifischen ökologischen Ansprüchen. In verschiedenen Ländern und Regionen wird ein Rückgang der Art beobachtet; daher steht sie beispielsweise auf der Roten Liste Deutschlands als „gefährdet“.

Quellen

Literatur

  • Heinz Ellenberg: Zeigerwerte der Gefäßpflanzen Mitteleuropas. Scripta Geobotanica IX, 2. Aufl., Erich Goltze KG, Göttingen 1979.
  • Eckhard Garve: Atlas der gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen in Niedersachsen und Bremen. Naturschutz Landschaftspflege Niedersachsen 30, Hannover 1994, ISBN 3-922321-68-2
  • Henning Haeupler & Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3364-4
  • Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Ulmer, Stuttgart 1990 (6. Aufl.), ISBN 3-8001-3454-3
  • Richard Pott: Die Pflanzengesellschaften Deutschlands. UTB, Ulmer, Stuttgart 1992, ISBN 3-8252-8067-5

Weblinks

 Commons: Hirschsprung (Pflanze) – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hirschsprung — ist eine Pflanzenart (Corrigiola litoralis), siehe Hirschsprung (Pflanze) Morbus Hirschsprung, eine Krankheit ein Ortsteil von Altenberg im Erzgebirge, siehe Hirschsprung (Altenberg) eine Schlucht bei Obermaiselstein im Oberallgäu, siehe… …   Deutsch Wikipedia

  • Hirschsprung — Hirschsprung, 1) das Sprungbein am Hinterlaufe des Hirsches; 2) Pflanze, Corrigiola …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Corrigiola litoralis — Hirschsprung Hirschsprung (Corrigiola litoralis) Systematik Klasse: Dreifurchenpollen Zweikeimblättrige (Rosopsida) …   Deutsch Wikipedia

  • Hirschsprungfelsen — Hirschsprung ist eine Pflanzenart (Corrigiola litoralis), siehe Hirschsprung (Pflanze) Morbus Hirschsprung, eine Krankheit ein Ortsteil von Altenberg im Erzgebirge, siehe Hirschsprung (Altenberg) eine Schlucht bei Obermaiselstein im Oberallgäu,… …   Deutsch Wikipedia

  • Caryophyllaceae — Nelkengewächse Karthäuser Nelke (Dianthus carthusianorum) und Heide Nelke (Dianthus deltoides) Systematik …   Deutsch Wikipedia

  • Nelke (Symbol) — Nelkengewächse Karthäuser Nelke (Dianthus carthusianorum) und Heide Nelke (Dianthus deltoides) Systematik …   Deutsch Wikipedia

  • Molluginaceae — Mollugogewächse Mollugo verticillata. Systematik Überabteilung: Samenpflanzen (Spermatophyta) …   Deutsch Wikipedia

  • Entensumpf — Teiche bei Buntenbock südlich von Clausthal Zellerfeld: Ziegenberger Teich (vorn) und Sumpfteich (hinten). Gut zu erkennen sind die Dammbauwerke. Die Oberharzer Teiche sind rund 70 kleinere und größere Stauteiche, die hauptsächlich um die… …   Deutsch Wikipedia

  • Labe — Vorlage:Infobox Fluss/DGWK fehltVorlage:Infobox Fluss/ABFLUSS fehlt Elbe An der unteren Mittelelbe bei Dömitz Daten …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Gefäßpflanzen Deutschlands/H — Liste der Gefäßpflanzen Deutschlands Die folgende Liste enthält deutsche Namen für fast alle in Deutschland wild oder eingebürgert vorkommenden Gefäßpflanzen, sortiert nach den deutschen Gattungsnamen. Zusätzlich sind die zugehörigen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”