Hockendes Weib

Hockendes Weib
Lage der Dörenther Klippen (oben links) im quer durch die Reliefkarte verlaufenden Teutoburger Wald

Die Dörenther Klippen sind eine rund 4 km lange und bis 159 m ü. NN hohe Sandstein-Felsformation entlang des oberen Südwesthangs des Teutoburger Waldes (Osning) im Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen, Deutschland. Der überwiegende Teil der Klippen gehört zum Gebiet von Ibbenbüren, der kleinere Teil befindet sich auf Tecklenburger Gebiet.

Herausragende Einzelfelsen sind der „Dreikaiserstuhl“ im ostsüdöstlichen und das „Hockende Weib“ im westnordwestlichen Teil.[1] Zu einigen Felsgruppen und ihrer Namensgebung gibt es lokale Legenden – überregional bekannt sind die Klippen insbesondere durch das markante „Hockende Weib“, um das sich eine tragische Sage rankt.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

In seiner Längsausdehnung grob begrenzt wird der Klippenzug durch zwei natürliche Pässe: Im Norden durch den Ibbenbürener Pass[2] mit der B 219 und dem nahen wie namensgebenden Ibbenbürener Stadtteil Dörenthe, im Süden durch das Bocketal (K 24) mit der Strecke der Teutoburger Wald-Eisenbahn und dem Tecklenburger Ortsteil Brochterbeck.

Die bis zu 40 m hohen[1] frei stehenden Felsen bestehen aus kreidezeitlichem, vor etwa 120 Millionen Jahren entstandenen Osning-Sandstein.[3] Im Bereich der Klippen gibt es einige kleine Altsteinbrüche, in denen das als Baumaterial geschätzte Gestein gewonnen wurde.[1]

Naturschutz

Seit 2003 sind die kompletten Dörenther Klippen mit umgebenden Waldbeständen als etwa 59 ha großes Naturschutzgebiet ausgewiesen.[4] Im Rahmen der Natura 2000 gehören die Felsen – gemeinsam mit dem südöstlich angrenzenden NSG Osterklee – zum FFH-Gebiet „Sandsteinzug Teutoburger Wald“[5] und stehen damit auch unter europäischem Naturschutz.

Als schutzwürdig gelten neben den allgemeinen Biotopqualitäten der Felsbereiche und ihrer typischen Pioniervegetation mit begleitender Fauna insbesondere mehrere seltene und gefährdete Moose und Flechten.[6][7] Nachgewiesen wurden im Gebiet über 150 Moos- und Flechtenarten, 32 davon gelten als landesweit gefährdet.[5] Des Weiteren finden sich im Schutzgebiet einige Quellen und Reste historischer Wacholderheiden.[4] Der vorwiegend in steilen Felsen brütende Uhu ist in der NSG-Verordnung ausdrücklich als maßgeblicher Bestandteil des Gebietes erwähnt.[4] Gefährdet ist das Gebiet vor allem durch die intensive Erholungsnutzung.[1]

Tourismus

Die gesamten Dörenther Klippen sind Ziel von Ausflüglern und Wanderern. Von den Felskuppen bieten sich weite Ausblicke ins Münsterland und über den Gebirgszug des Teutoburger Waldes. In direkter Nähe der Klippen, überwiegend oberhalb entlang der Felsköpfe, verläuft der Fernwanderweg „Hermannsweg“.

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts begann die touristische Nutzung der Klippen, Ausflugsziel war vor allem das „Hockende Weib“.[1] In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden in der Nähe mehrere touristische Gewerbebetriebe, unter anderem ein Märchenwald, eine Sommerrodelbahn und mehrere Gastronomieeinrichtungen.[1] Die „Almhütte“ im Wald liegt direkt am Hermannsweg beim „Hockenden Weib“ und wird bis heute als Gastronomiebetrieb geführt. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die Campingplätze Dörenther Klippen (Ibbenbüren) und Bocketal (Tecklenburg) eingerichtet.[1] Ungefähr seit den 1980er Jahren werden die Felsen verstärkt von Kletterern genutzt.[1]

Das Beklettern ausgewählter Kletterfelsen im Naturschutzgebiet – namentlich der Bereiche Wolfsschlucht und Plissetal in der Gemarkung Ibbenbüren sowie Sattelfels, Königstein und Dreikaiserstuhl in der Gemarkung Brochterbeck – ist auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der Bezirksregierung Münster, dem Kreis Steinfurt sowie den Klettersportvereinen DAV und Bergfreunde Ibbenbüren weiterhin erlaubt.[8] Zum Schutz der Felsvegetation und der Fauna verzichten die Kletterer dabei unter anderem auf die Einrichtung neuer Kletterrouten und den Gebrauch von Magnesia.[8] Es besteht ein generelles Übernachtungs- und Kletterverbot nach 21 Uhr, und in der Vereinbarung wurden für die Kletterfelsen jeweils zulässige Höchstzahlen gleichzeitiger Kletterer festgelegt.[8] Die Vereine übernehmen den Aufsichtsdienst vor Ort (Kontrolle der Einhaltung der Kletterregelungen) und darüber hinaus Wartungs- und Pflegemaßnahmen, sowohl für die klettertechnischen Einrichtungen als auch im Sinne des Naturschutzes (Freihaltung einiger Felsköpfe, Wegeunterhaltung, Verhinderung der Trampelpfadentstehung, Erosionsschutz).[8]

„Hockendes Weib“

Der Felsen „Hockendes Weib“ in den Dörenther Klippen 2004

Das „Hockende Weib“ ist ein Felsgebilde im westnordwestlichen Abschnitt der Klippenkette, das einer hockenden Frau ähnelt und als ein Wahrzeichen von Ibbenbüren dient. Mit ihm verbindet sich eine weithin bekannte, in ähnlicher Form jedoch auch in anderen Regionen verbreitete Sage. Deren Inhalt zur Folge erstarrte eine heldenhafte Frau in Vorzeiten zu Stein, was namensgebend war.

Diese Frau soll als Mutter mehrerer Kinder in der Nähe der Klippen gelebt haben. Damals sollen die Meeresfluten häufig bis direkt an die Berge gereicht haben. Die Frau, die ihre Kinder vor der außergewöhnlich schnell und hoch steigenden Flut retten wollte, soll sie auf ihren Schultern gehoben und sicher über die Wassermassen gehalten haben, selbst stand bzw. „hockte“ sie dabei im Wasser. Nach langem Warten, Bangen und Beten soll Gott die Flut schließlich wieder zurück geschickt haben, das „Weib“ wurde zu Stein, die Kinder waren jedoch gerettet.[9]

Seit 2002 steht vor dem Ibbenbürener Rathaus eine Sandstein-Skulptur, die diese Sage künstlerisch aufgreift und in moderner Fassung präsentieren soll.[10]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Georg Berkemeier: Veränderung von Naturräumen durch den Menschen im nördlichen Westfalen unter Auswertung geschichtlicher und vorgeschichtlicher Quellen. Dissertation an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 2007. S. 250–254.
  2. Die historische Bedeutung des Ibbenbürener bzw. Dörenther Passwegs als Teil der Altstraße Münster–Ibbenbüren ist u.a. an den Resten einer mittelalterlichen Motte auf der Passhöhe erkennbar; vgl. dazu: Georg Berkemeier: Veränderung von Naturräumen durch den Menschen im nördlichen Westfalen unter Auswertung geschichtlicher und vorgeschichtlicher Quellen. Oldenburg, 2007. S. 252/253.
  3. Geologischer Dienst NRW: Multitalent Sandstein – Gestein des Jahres 2008.
  4. a b c Naturschutzgebiet ST-023 „Doerenter Klippen“
  5. a b Natura-2000-Gebiet DE-3712-302 „Sandsteinzug Teutoburger Wald“
  6. Die Bezirksregierung weist die „Dörenther Klippen“ als Naturschutzgebiet aus. Pressemitteilung der Bezirksregierung Münster vom 24. November 2004
  7. Zur Moosflora an den Dörenther Klippen siehe auch: Andreas Solga: Die Moosflora auf Osningsandstein im nordwestlichen Teutoburger Wald. Osnabrücker Naturwissenschaftliche Mitteilungen. Band 26. Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück, Museum am Schölerberg (Hrsg.). Osnabrück, 2000. ISSN 0340-4781 S. 87–108.
  8. a b c d Vereinbarung zur naturverträglichen Regelung des Klettersports im Naturschutzgebiet „Dörenther Klippen“. Vereinbarung zwischen der Bezirksregierung Münster, dem Kreis Steinfurt sowie den Klettersportvereinen DAV und Bergfreunde Ibbenbüren vom 8. Dezember 2004
  9. Verschiedene Kurzdarstellungen der Sage finden sich u.a. auf den Seiten ibbenbueren.de und tourismus-ibbenbueren.de.
  10. radroutenplaner.nrw.de: „Skulptur Hockendes Weib“

Weblinks

52.2436111111117.70504166666677Koordinaten: 52° 14′ 37″ N, 7° 42′ 18″ O


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