- Gebirgspass
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Als Gebirgspass oder kurz Pass bezeichnet man aus Sicht des Talbewohners den Übergang in das jenseits des Gebirges liegende Tal – woher auch die Bezeichnung „Pass“ (Passage) herrührt. Dazu geeignet ist die tiefstmögliche gangbare Stelle eines Bergkamms, Höhenrückens oder Gratverlaufs zwischen zwei Bergen.
Somit ist ein Pass mehr als die eigentliche Passhöhe in der grundlegenden Geländeform des Bergsattels. Vielmehr umfasst ein Pass auch die Verkehrsverbindung, den Zugang resp. die Zufahrten dorthin. Abgesehen davon wird der Begriff Passhöhe auch verwendet, um die absolute Höhe eines Passes über dem Meeresniveau in Metern anzugeben.
Inhaltsverzeichnis
Pässe als Verbindungsglied
Wenn ein Weg bzw. eine Straße den tiefsten Punkt eines Gebirgskamms als Übergang zwischen zwei Tälern nutzt, so wird Passstraße oder Straßenpass zu einem Synonym für die Bezeichnung Pass.
Die Geschichte vieler Pässe als Konzentrationspunkte von menschen- und länderverbindenden Wegen über Jahrtausende hinweg ist durch Ausgrabungen belegt. Hierfür mögen die Hinweise auf die antiken Römerstraßen, deren Feldlager zum Beispiel am Septimer oder den Fund der Gletscherleiche „Ötzi“ genügen. Die Wichtigkeit solcher Konzentrationspunkte veränderte sich im Laufe der Geschichte durch die zunehmenden technischen Möglichkeiten. So konnte der Gotthardpass seine Kürze der Verbindung erst ausspielen, nachdem eine für Pferde begehbare hängende Brückenkonstruktion (Twärrenbrücke) die Felswände der Schöllenenschlucht im nördlichen Zugang passierbar gemacht hatte. Diese Stelle hatte ja mit dem eigentlichen günstigen tiefen Punkt des Übergangs über die Alpen geografisch nicht viel zu tun, war jedoch verkehrstechnisch entscheidend. Auf der andern Seite war im Bündnerland der Septimerpass schon um 1400 zu einem Fahrsträßchen ausgebaut worden und verlor dennoch jede Bedeutung, nachdem auch andere Straßen gebaut werden konnten.
Je dichter das Straßennetz in den Bergen ausgebaut wird, je mehr Pässe gibt es auch ohne ausgesprochene Bündelungsfunktion für den Verkehr. Es wurden Straßen über die Berge verbunden, welche als Wege zur Alperschliessung vorhanden waren oder auch zum Bau von Freizeitanlagen, Kraftwerken und Hochspannungsleitungen erstellt wurden. Einige Wege und Straßen in den Bergen wurden aus militärischen Gründen gebaut. Dabei wurden oft horizontale Verbindungen erschlossen. Auf solchen Straßen ist es zwar möglich, zwei Talorte über einen Kulminationspunkt zu verbinden, von einem Pass kann trotzdem kaum die Rede sein. In nicht-alpinen Regionen ist das heutige Wege- und Straßennetz derart dicht, gut ausgebaut und motorisiert mühelos befahrbar, dass die Bezeichnung Pass für Bergstrecken kaum gebräuchlich ist.
Andere Bezeichnungen für Einschnitte zwischen Erhebungen
Nicht jeder Pass trägt den Pass im Namen, es existieren verschiedene Flurnamen, welche oft auch die Landschaftsform eines Einschnittes widerspiegeln. In manchen Gegenden wird ein solcher Grateinschnitt auch als Joch bezeichnet, bzw. bei sehr scharfem Profil auch als Scharte. Bei sanften Formen spricht man hingegen vom „Sattel“ (ital: bocchetta). In jedem Fall stellt jede dieser Geländeformen eine Wasserscheide dar. Selbstverständlich erfüllt umgekehrt nicht jeder Ort mit einem solchen Flurnamen auch die Definition eines Passes, weil nicht jede Scharte auch ein menschenverbindender Weg werden konnte.
Weitere Bezeichnungen für Gebirgspässe in den Alpen und deutschen Mittelgebirgen sind
- Berg, Bichl (Bühel): z. B. Präbichl
- Ecke (Eck, Egg): z. B. Große Scheidegg, Stieglitzecke (Harz)
- Hals, Höhe: z. B. Hals, Bielerhöhe
- Joch (Jöchl, Jöchle, Jöchli): z. B. Stilfser Joch, Timmelsjoch
- Lücke, Tor (Törl): z. B. Birnlücke, Hochtor, Fuscher Törl
- Scheid (Gscheid) z. B. Preiner Gscheid, Große Scheidegg
- Scharte (meist nur zu Fuß begehbar): z.B. Glocknerscharte, Windlegerscharte am Dachstein
- Furche (Furgge, ital.: Forcola, rät: Fuorcla) ein Gebirgseinschnitt: z. B. Furkapass, Furkajoch
- Döhre (plattdeutsch Tür) z. B. am Teutoburger Wald
- Pforte, Porta, Tor (etwa Porta Westfalica oder das Eiserne Tor): bis zum Gebirgsfuß hinunter reichender Durchbruch – ein Talpass, keine Wasserscheide!
Bis Ende des 18. Jahrhunderts wurden Berge nur in Ausnahmefällen bestiegen und waren vor allem ein Hindernis auf dem Weg zur anderen Seite, das man lieber umging. „Über den Berg bzw. die Berge gehen“ bezog sich bis dahin immer auf die effizienteste Passage, den Pass. Prominente Beispiele hierfür sind Arlberg und Lötschberg. In der Sprache der Walser bedeutet Berg noch heute einen Passübergang sowie das Gebiet zu beiden Seiten. Bei ausgedehnten und von beiden Seiten zugänglichen Hochtälern war das Alpgebiet namensgebend (Oberalppass, Schwägalp).
Geomorphologie
In der geowissenschaftlichen Theorie und der Geomorphologie werden Einsenkungen innerhalb eines Gebirgskammes generell als Sattel bezeichnet; auch die Geometrie verwendet diesen Begriff für hyperbolisch gekrümmte Flächen, die einem Pferdesattel ähneln.
Aus geologischer Sicht kann eine solche Einsenkung durch lokale Verwitterungsunterschiede entstehen, z. B. wenn die Gesteine auf beiden Seiten des späteren Passes eine unterschiedliche Härte aufweisen. Auch durch regionale Tektonik oder zufolge felsmechanischer bzw. geologischer Störungslinien kann ein Gebirgseinschnitt entstehen, während die sogenannten Transfluenzsattel auf Gletscherschliff zurückgehen.
Pässe und Joche als Wetterscheiden
Pässe und Joche sind nicht nur für den Straßenverkehr, die Orografie und den Bergsteiger von Bedeutung, sondern auch für die Meteorologie. Denn häufig fallen Gebirgsketten auch mit Wetterscheiden zusammen, sodass man beim Überschreiten des Passes – insbesondere am Alpenhauptkamm – vom Sonnenschein direkt in einen heftigen Regen oder gar Schneesturm kommen kann.
Unter Bergsteigern sind viele solche hochalpinen Örtlichkeiten bekannt; manche von ihnen haben markante Bezeichnungen wie „Lucke“ erhalten (z. B. Birnlücke in den Hohen Tauern). Im Dachsteinmassiv gibt es wegen turbulenter Wetterwechsel die „Windlegerscharte“, und der „Malojawind“ westlich von St. Moritz ist bei Segelfliegern gefürchtet oder erwünscht – je nachdem, von welcher Seite die Alpenüberquerung erfolgt.
Erweiterte Definition
Ein qualifizierter Pass würde der Mehrzahl der folgenden Kriterien entsprechen:
- die Passhöhe überwindet eine Wasserscheide zwischen den beiden Ausgangspunkten.
- ein Verkehrsweg überquert die Kammlinie eines Gebirgs- oder Höhenzuges an der tiefstmöglichen gangbaren Stelle und auf kurzem Weg für die relevanten Ausgangspunkte in der Umgebung (Konzentrationspunkt).
- der Pass besitzt eine historische Bedeutung und kann sich im Falle eines befahrbaren Ausbaus dadurch auszeichnen, dass er vom öffentlichen Verkehr erschlossen wurde oder wird.
- der Passübergang wird beidseits von Gelände in der Höhe von mindestens einem Zwanzigstel der Passhöhe über Meer überragt (In Anlehnung an die Definition eines Berggipfels).
Es gibt auch Pässe mit einer nur untergeordneten Wasserscheide, wie beispielsweise den Kunkelspass, der vom Rhein über das Taminatal wieder zum Rhein führt oder der Chaiber-Pass, dessen Straße südlich des Kabul-Flusses dessen unwegsame Schluchten weiträumig umgeht.
Es kann auch sein wie etwa beim Lötschberg, dass ein Pass durch den Bau eines Scheiteltunnels seine Rolle im Fernverkehr nicht nur verloren hat, sondern auch aus der Wahrnehmung als Pass weitgehend verdrängt wird.
Siehe auch
- Talpass
- Erzgebirgspässe
- Alpenpässe zu römischer Zeit
- Liste der Alpenpässe
- Liste der Gebirgspässe in Frankreich
- Liste der Gebirgspässe in Italien
- Liste der Pässe in der Schweiz
- Liste der Gebirgspässe in Namibia
- Liste der Hochebenen und Bergpässe in Island
- Liste der höchsten befahrbaren Gebirgspässe
Grundlegende Literatur
- Gustav Fochler-Hauke (Hsg.): Geografie, Fischer-Lexikon Band 14. Fischer, Frankfurt 1959
- Adrian Scheidegger, Systematic Geomorphology. Springer-Verlag, Wien/ New York 1987
Weblinks
Commons: Gebirgspass – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWiktionary: Gebirgspass – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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