Hotel Geiger

Hotel Geiger

Das Hotel Geiger ist eine traditionsreiche Hotelanlage in der oberbayerischen Gemeinde Bischofswiesen am Ortseingang von Berchtesgaden. Es wurde 1866 als Pension eröffnet und bis 1924 zu einer Gebäudegruppe im Heimatstil ausgebaut und repräsentativ ausgestattet. In seiner Blütezeit galt das Hotel als eine der ersten Adressen im Deutschen Reich und wurde von zahlreichen Mitgliedern der Hochfinanz und des europäischen Hochadels besucht. Das Hotel befindet sich bis heute in Familienbesitz, musste aber 1997 wegen Insolvenz geschlossen werden. Die Hotelgebäude stehen heute leer.

Frontansicht des Hotel Geiger

Inhaltsverzeichnis

Lage

Die Hotelanlage liegt in städtebaulich prominenter Alleinlage an der Verbindungsstraße zwischen Bischofwiesen und dem südöstlich gelegenen Markt Berchtesgaden, in der Gnotschaft Stanggaß. Die Gebäudegruppe erstreckt sich um wenige Meter zurückgesetzt von der Straße und sich über das Straßenniveau erhebend auf einem weitläufigen, parkähnlich angelegten Hanggrundstück.

Ansicht auf das Hotel Geiger aus dem Park
Ansicht auf das Freibad aus dem Restaurant

Der historische Bestand umfasst das "Haupthaus", hier Alten Haus genannter Kernbau, das nordwestlich im Winkel dazu errichtete Neue Logierhaus, genannt "Dependance",

Die Bayerische Flagge über der Dependance

sowie die unmittelbar an der Berchtesgadener Straße errichtete Häusergruppe aus Tankstelle, Wäscherei und dem so genannten Schneiderhäusl. Zwischen 1960 und 1982 wurde die Anlage im der Straße abgewandten Bereich um einige Bauten ergänzt. Neben einem Wohn- und Garagengebäude, einem Freibad und einem eigenen Hallenbad erhielt das Hotel auch ein dreistöckiges Bettenhaus. Dem Alten Haus wurde bereits 1933 an der Rückseite ein flacher Küchentrakt angefügt; der einzige alte Bereich, der unterkellert ist.

Blick aus den Zimmern auf den Nationalpark. Foto aus dem letzten Hausprospekt.

Geschichte

Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein blieb die ehemalige Fürstpropstei Berchtesgaden, die 1810 zu Bayern gekommen war, vom Tourismus unerschlossen. Erst die Maler der deutschen Romantik, allen voran Ludwig Richter und Caspar David Friedrich mit ihren Darstellungen des Watzmanns (1824/25), weckten beim Bürgertum in den Städten das Interesse für diese Region. Zu den ersten regelmäßigen Gästen gehörten Mitglieder des bayerischen Königshauses. König Maximilian II. ließ zwischen 1849 und 1853 in Berchtesgaden eine Sommerresidenz errichten. Nach der verkehrlichen Erschließung der Region durch die Fertigstellung der Bahnstrecke Rosenheim–Salzburg im Jahr 1860 und dem Anschluss Berchtesgadens an das Schienennetz 1888 begann man, den Tourismus gezielt als Erwerbsquelle zu nutzen, und eine rege Bautätigkeit setzte ein. Neben Landhäusern und kleinen Villen entstanden mit dem Bellevue und dem Vier Jahreszeiten (beide 1860) sowie der Pension Moritz am Obersalzberg erste Hotelbauten.

In dieser Phase erwarb der pensionierte königlich bayerische Zollinspektor Hugo Geiger (1828–1874) am 17. August 1865 das zwischen Stanggaß und Berchtesgaden gelegene Hienleitlehen. Er baute das aus dem 15. Jahrhundert stammende Bauernhaus im folgenden Jahr zur Pension um.[1] Die große Nachfrage nach Unterkünften führten schon 1874 zu einer Erweiterung des Hauses. An seiner südöstlichen Seite wurde ein zusätzlicher Flügel mit Gästezimmern angebaut.

Ehemalige Eingangshalle des Hotel Geiger bestückt mit original Biedermeiermöbeln und Gemälden von Familienmitgliedern

Nach dem Tod Hugo Geigers übernahm sein Sohn Fanz Geiger und dessen Gattin Nina, geborene Kriß, die der Besitzerfamilie des Hofbräuhauses Berchtesgaden entstammte, das Haus. Unter ihrer Leitung entwickelte es sich zu einer der ersten Adressen im Deutschen Reich. Sie ließen ab 1884 insbesondere die zentralen Räume des Hotels repräsentativ und mondän ausgestalten. Im Jahr 1890 wurde nach Entwürfen des Architekten Wicklein nordwestlich des Hotels ein zusätzliches Gästehaus, das so genannte Neue Logierhaus errichtet, ein Beleg für die hohe Frequentierung des Hotels. 1924 erhielt die Anlage, auf Betreiben von Rudolf Geiger, der dritten Generation, für seine Gäste eine eigene Tankstelle, die erste Berchtesgadens.

Zahlreiche prominente Gäste aus dem deutschen und europäischen Hochadel stiegen in dem Hotel ab, darunter Prinz Friedrich von Anhalt (1881), Prinzessin Marie von Sachsen-Meiningen (1887), die russische Prinzessin Soltykoff (1899), Prinz Max von Baden (1911), Prinz Oskar von Preußen (1926) und die niederländische Königinmutter Emma von Waldeck-Pyrmont (1929). Daneben verkehrten dort aber auch Personen aus Kunst und Wissenschaft, so der Dichter Paul Heyse (1890), der Schriftsteller Thomas Mann (1904) und der Medizinprofessor Ferdinand Sauerbruch (1921).[1][2] Während des Zweiten Weltkriegs diente es als Erholungsheim für Offiziere der Luftwaffe, nach Kriegsende wurde es von der US-Armee als Offizierwohnheim genutzt. In dieser Zeit logierte auch einer junger, amerikanischer Offizier mit Namen John F. Kennedy im Haus Geiger. In den Gästebüchern des Hotel Geiger finden sich viele Prominente unter den Gästen des Hauses, so beispielsweise Elvis Presley, The Bee Gees, der kanadische Premierminister Pierre Trudeau, der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat, Bundespräsident Walter Scheel und Fürst Albert von Monaco.

Letzte größere Baumaßnahmen wurden Ende der 1970er und Anfang der 1990er Jahre durchgeführt. 1972 erhielt das Hotel ein eigenes Hallenbad. Zur Erhöhung der Kapazität wurde 1976 ein weiteres Bettenhaus mit zwei Etagen errichtet, das 1982 um ein weiteres Stockwerk erweitert wurde.

Jedoch musste das bis dahin von der Familie Geiger betriebene Haus am 1. November 1997 aufgrund einer Insolvenz schließen. Nach der Einstellung des Hotelbetriebes wurden dort noch Kinofilme wie Der Winterschläfer und "Wilde Hühner", sowie Episoden zu verschiedenen Fernsehserien wie "Tierarzt Dr. Quirin Engel" und eine Episode zu Weißblaue Geschichten gedreht. Bis Sommer 1989 wurde es noch bewacht und beheizt. Nach dem Verkauf der beweglichen Ausstattung ist es seither dem Verfall preisgegeben.[3]
Verschiedene Investoren legten in der Folge Nutzungskonzepte vor. Keines wurde verwirklicht. 2006 genehmigte die Bauaufsichtsbehörde, das Landratsamt Berchtesgadener Land, den Abriss, gegen den Willen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Aufgrund des Rückzugs des damaligen Investors unterblieb der Abriss.

Beschreibung

Altes Haus

Das so genannte Alte Haus besteht aus dem Hauptbau des Hotels und dem 1874 an der südöstlichen Seite im rechten Winkel dazu ergänzten Seitenflügel. Der Kernbau setzt auf das an dieser Stelle ursprünglich vorhandene, im 15. Jahrhundert errichtete Bauernhaus auf. Eine 1957 von Hugo Geiger in Auftrag gegebene Radiocarbonuntersuchung ergab 1432 als Baujahr des alten Hineleitlehens. Im südwestlichen Teil des Gebäudes sind noch die Außenmauern dieses Vorgängerbaus erhalten. Beide dreigeschossigen Bauteile schließen nach oben mit einem regionaltypischen, flachen Satteldach ab. Die Dächer waren ursprünglich mit roten Pfannen gedeckt, wurden aber nach dem Zweiten Weltkrieg ebenso regionaltypisch mit Zinkblech gedeckt und grün gestrichen. Die schlichten Fassaden werden durch einheitlich angeordnete umlaufende Fensterreihen gegliedert. Insbesondere im Seitenflügel sind aus der Bauzeit die vierflügeligen Kämpferfenster und die zweiflügeligen Balkontüren nahezu vollständig erhalten. Der Fassade vorgestellt sind große zwei- bzw. dreigeschossige hölzerne Balkonvorbauten, denen selbst wuchtige Satteldächer aufgesetzt sind. Deren Erscheinungsbild bestimmen die aus Laubsägearbeiten gefertigten Geländer mit historisierenden Motiven.

Das Haus ist im Stil des Historismus gehalten, mit einer repräsentativen Fassadengestaltung. Die Repräsentationsräume sind mit hochwertigen Wand- und Deckenvertäfelungen ausgestattet. Die archtiktonische Außengestaltung knüpft an das regionaltypische Bauen an und auch bei der Gruppierung der Gebäude beachtete man die Einbindung in die Landschaft.[3]

Architekturgeschichtliche Bedeutung

Das Hotel Geiger ist eine der Wiegen und herausragendes Zeugnis des frühen Tourismus im Berchtesgadener Land. Durch seine beachtliche Größe, die es von Gründung an hatte, nimmt es eine einzigartige Sonderstellung im bayerischen Voralpenland ein. Während in anderen Regionen Oberbayerns – so am Starnberger See oder am Tegernsee – dem gegen Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden Tourismus überwiegend Villenbauten oder Landhäuser als Gästeunterkünfte dienten, entstand mit dem Hotel Geiger eine Anlage kaum vergleichbarer Größenordnung.

Mit seiner herausgehobenen Alleinlage an der wichtigsten Verkehrsader der Region in unmittelbarer Nähe zum Ortseingang von Berchtesgaden und gegenüber dem Watzmannmassiv wirkt die Anlage in hohem Maße prägend für das Ortsbild. Unterstrichen wird diese Funktion durch die behutsame Einbettung der einzelnen Gebäude in die voralpine Landschaftsform.

Die repräsentative Gestaltung der Fassade, die mit historisierenden Elementen gezielt auf das regionaltypische Bauen Bezug nahm, sowie die hochwertige Ausstattung der großen Repräsentationsräume sind bedeutende Zeugnisse des gehobenen Tourismus in Oberbayern im ausgehenden 19. Jahrhundert. Der trotz Renovierungen und der Ergänzung durch Anbauten fast vollständig erhaltene Originalzustand findet im gesamten südbayerischen Raum kaum eine Entsprechung.

Literatur / Quellen

  • Simone Wolfrum: Das ehemalige Hotel Geiger in Stanggaß vor dem Abriss. in: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.): Denkmalpflege Informationen. Nr. 137, Juli 2007
  1. a b A. Helm: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. Berchtesgaden 1929, Nachdruck 1973, S. 101 ff.
  2. Hellmut Schöner (Hrsg.): Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S. 428.
  3. a b http://www.nationalkomitee.de/denkmalschutz/denkmalschutzinfo_4_2006.pdf S. 37-39.
  • Stefan Geiger: Besitzer und Eigentümer Stand November 2011

Weblinks

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