Hugh Carleton Greene

Hugh Carleton Greene

Sir Hugh Carleton Greene, OBE (* 15. Oktober 1910 in Berkhamsted (Hertfordshire); † 19. Februar 1987 in London) war ein britischer Journalist. Hugh Greene ist Mitbegründer als Organisator des NWDR (Nordwestdeutscher Rundfunk) und war bis zum 31. März 1969 als Generaldirektor der BBC tätig. Hugh Carleton Greene war der jüngere Bruder des Schriftstellers Graham Greene.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hugh Greene war drei mal verheiratet: mit der Britin Helga Guinnes, der Amerikanerin Elaine Shaplen und mit der deutschen Kabarettistin und Schauspielerin Tatjana Sais.

Meilensteine zum Journalisten

Sein Leben wurde durch ein Glück, immer am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein, bestimmt. Er kam vor seinem Studium in Oxford erstmals im Mai 1929 zu Besuch nach Deutschland und wohnte in Marburg an der Lahn. Nach seinem Studium arbeitete er ab Dezember 1933 als freier Journalist für den Daily Herald in München und ab Februar 1934 für den Daily Telegraph in Berlin als Korrespondent. Ab 1938 avancierte Greene zum Chefkorrespondenten. Um eine Ausweisung zu vermeiden, trat Greene als Korrespondent des Detroiter Daily News bei den deutschen Behörden auf, da der Daily Herald politisch für eine eher linke Ausrichtung stand. Im Jahr 1933 (und 1945) besuchte er das Konzentrationslager Dachau. Nach seiner Ausweisung im Juni 1939 kam er nach Warschau und blieb dort bis Ausbruch des Zweiten Weltkriegs am 1.September 1939, floh dann nach Rumänien und reiste von dort nach Holland, um aufgrund einer erneuten Ausweisung aus Holland von Belgien aus bis zur Besetzung Brüssels berichten zu können. Nach der Besetzung Brüssel reiste er zurück nach England und wurde dort zur Royal Air Force (RAF) eingezogen. Seine Aufgabe bei der RAF war die Befragung von abgeschossenen deutschen Kriegsgefangenen, bis er am 15. Oktober 1940 die Redaktion für die Nachrichtensendungen des deutschsprachigen Programms Deutschlanddienst im Europadienst der BBC als Chefredakteur übernahm. Ihm gelang es später, den Deutschlanddienst als autonomen Nachrichtendienst für Deutschland aufzubauen. Seine wesentliche Aufgabe, die durch Wahrheit gekennzeichnete, aber zu Propagandazwecken aufgearbeitete Nachrichtenübermittlung, war beim BBC Deutschlanddienst erschwert durch die kriegsbedingten Beschränkungen. Diese führten oft zu Konflikten mit den Richtlinien des BBC und der PWE (Political Warfare Executive). Seine Einstellung und das Beharren, die Wahrheit zu senden, kam durch seine Überlegung:

Ich sage mir: Wenn wir den Krieg verlieren und die Deutschen England überfallen, werden wir sowieso alle erschossen, also können wir getrost die Wahrheit sagen. Wenn wir durchhalten und das Blatt sich wendet, wird die Tatsache, dass wir bei der Wahrheit geblieben sind, bedeuten, dass das deutsche Volk uns weiterhin glauben wird. Und so ist es dann auch gekommen.

Aufbau des NWDR

Im Dezember 1945 baute Generalmajor Alex Bishop in der Britischen Besatzungszone Deutschlands die Informationsmedien (Informationsdienste, Presse, Rundfunk und Film) auf. Die Organisation und Struktur des Rundfunkdienstes waren der der BBC entliehen und hatte ihren Hauptsitz in Hamburg und ein Funkhaus in Köln. Es entstand der Nordwestdeutscher Rundfunk (NWDR) als Grundlage für einen unabhängigen Rundfunk. Greene kam im Oktober 1946 als Organisator hinzu und hatte den Plan, aus den NWDR eine Anstalt des öffentlichen Rechts zu machen, die unabhängig von kommerziellen Interessen und politischem Druck der Regierung sein sollte, zentralisiert und durch Gebühren finanziert. Sein wichtigstes Ziel, die Unabhängigkeit des Rundfunks von politischen Parteien, damit nicht die gleiche Überwachung durch die Parteien wie in der Weimarer Republik einträte, ist ihm nicht gelungen. Das Fundament sollte wie in der Tradition der BBC im öffentlichen Rundfunk durch Unabhängigkeit, Unvoreingenommenheit und Toleranz gekennzeichnet sein. Der NWDR sollte durch Greenes Einfluss zu einem Medium der politischen, kulturellen und hin zu einer liberalen demokratischen Erziehung mit Toleranz und Kompromissfähigkeit werden. Kaum waren die Parteien offiziell zugelassen, entbrach ein Gezänk über die Kontrolle des Rundfunks, um die Interessen und Standpunkte ihrer Partei artikulieren zu können. Es ging den Parteien nicht um die hohen Werte und Vorstellungen Greenes, sondern darum, Wählerstimmen zu gewinnen und sich darstellen zu können. Der Rundfunk sollte nach Greenes Vorstellung kein Sprachrohr der Parteien werden, sondern die Deutschen sollten über Einstellungen, Werte und Ideale nachdenken. Nachdem Adolf Grimme (SPD) als Generaldirektor und Heinrich-Georg Raskop (CDU) in den Verwaltungsrat gewählt worden waren, übergab Greene seinen Nachfolgern den NWDR am 15. November 1948. Greene schildert die Ereignisse seiner letzten Ansprache vor dem Personal des NWDR und führenden britischen und deutschen Persönlichkeiten so:

In meiner Rede im großen Konzertsaal, wo ich mich vor mehr als zwei Jahren zum ersten mal an die NWDR-Mitarbeiter gewandt hatte, unterstrich ich - dies übrigens weder zum ersten noch zum letzten mal - dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk staatlichen und parteipolitischen Zwängen soweit wie möglich entzogen sein muss... Als ich vom Podium herunterkam, knurrte mir Herr Brauer, der Bürgermeister von Hamburg, leise, aber unüberhörbar feindselig ins Ohr: »Sie werden Ihr Ziel nicht erreichen, Mr. Greene. Sie werden es nicht erreichen.«

BBC

Greene übernahm am 15. Januar 1949 bei der BBC die Leitung des Osteuropa-Dienstes, der für die Sendungen für die Sowjetunion, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien, und Griechenland zuständig war. Im Jahre 1950 wurde wurde er von König Georg VI. zum Knight Commander of the Order of St. Michael and St. George (KCMG) ernannt und damit zum Ritter geschlagen. Greene war außerdem Officer of the Order of the British Empire (OBE). Die Jahre 1950 bis 1951 verbrachte er in Malaya. Dort wurde ein Experte für psychologische Kriegführung gebraucht. Zurück nach London 1951 arbeitet er beim Efficiency Committee, in dem die Leistungsfähigkeit der BBC erfasst wurde und war danach Stellvertretender Chef des Überseedienstes. Greene hatte zwar ausgezeichnete journalistische Kenntnisse erlangt, aber keine Erfahrung über die Funktionsweise einer Institution, und das sollte sich auf Bestreben seines Mentors Sir Ian Jacob (Generaldirektor ab 1952) ändern. Greene sollte die Rentabilität für den Verkauf von BBC-Fernsehfilmen in Form eines TV-Überseedienstes ermitteln. Mit dieser eindrucksvollen Untersuchung beeindruckte er seine Kollegen durch Greene bekanntlich fehlende Fernseherfahrung. Greene versuchte, für den TV-Überseedienst in Amerika von der BBC erstellte Filme mit Bildungsinhalten zu verkaufen. Die Pläne mussten aufgrund des privaten Fernsehens und dem dadurch gesättigten Markt geändert werden, indem der Stellenwert auf die Verbreitung und nicht mehr auf den kommerziellen Nutzen gelegt wurden. Bis Dezember 1954 war er Stellvertreter und übernahm ab dann die Leitung des Überseedienstes. Er war dessen Leiter bis Oktober 1956 und trat dann den Posten als Verwaltungsleiter (Director of Administration) an. Dort war er für Personalfragen, Verwaltung, Finanzen, Copyright-Angelegenheiten und für das Betriebsklima der gesamten BBC zuständig. Nachdem Greene einen umfangreichen Einblick über die Verwaltungsarbeit bekommen hatte, wurde er im August 1958 "Programmdirektor für Nachrichten" (DNCA). Er war in dieser Position für die Leitung sämtlicher BBC-Produktionen von Nachrichten im Rundfunk und Fernsehen zuständig, die mit magazinartigen Sendungen, Vorträgen und Dokumentationen zu tun hatten.

Generaldirektor 1960-1969

Am 1. Januar 1960 wurde er Generaldirektor der BBC, der er bis 1969 vorstand. In dieser Zeit bekam die BBC zunehmend Konkurrenz durch den privaten Sender ITV, der Greene durch zahlreiche Umstrukturierungen entgegenwirkte. Unter anderen öffnete Greene die BBC für die breite Masse und verabschiedete sich von dem Gedanken, für eine bestimmte Schicht zu senden. Durch ein attraktives Programm für Jugendliche sollte eine moralische Kraft geschaffen werden. Eine seiner ersten Überlegungen war eine Veränderung im Programmplan durch die verbesserte Gestaltung des Abendprogrammes. Es fand eine Debatte über die Zukunft des Hörfunks und Fernsehens statt, die mit der Pilkington-Untersuchung vom Juli 1960 ihren Höhepunkt hatte. Den Vorsitz der Untersuchung hatte Sir Harry Pilkington. In der Untersuchung wurden Fragen über die Gültigkeit und den Stellenwert einer kommerziellen Nutzung gestellt. Greene war die nächsten 2 Jahre mit Überzeugungsarbeit bei einflussreichen Leuten und Mitgliedern des Ausschusses über die Vorzüge des öffentlich-rechtlichen-Rundfunks beschäftigt. Die Unabhängigkeit durch Werbeeinnahmen sollte bestehen bleiben, und es sollte die volle Rundfunkgebühr an die BBC zur Entwicklung ihrer technischen Anlagen und die Einführung eines zweiten Kanals abgeführt werden, da ein Teil der Gebühren vom Finanzamt und Postministerium einbehalten wurde. Er wollte einen zweiten Kanal als Alternative zum seriösen BBC-Programm aufbauen.

Literatur

  • Hugh Carleton Greene: Entscheidung und Verantwortung - Perspektiven des Rundfunks. Verlag Hans-Bredow-Institut, 1970
  • Michael Tracey: Das unerreichbare Wunschbild - Ein Versuch über Hugh Greene und die Neugründung des Rundfunks in Nordwestdeutschland nach 1945. Köln [u.a.]: Kohlhammer-Grote, 1982. ISBN 3-17-008000-8
  • Michael Tracey:Sir Hugh Greene - Eine Biographie. Quadriga Verlag, 1984. ISBN 3-88679-114-9

Weblinks


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