- Hyposomie
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Der Ausdruck Minderwuchs oder Hyposomie ist eine inzwischen zunehmend verdrängte Bezeichnung für ein von der Norm abweichendes, geringeres Wachstum in der Körperhöhe, das durch verschiedene Wachstumsstörungen hervorgerufen werden kann. Im gesellschaftlichen Diskurs wird der Begriff oft als abwertend interpretiert (ähnlich wie „Zwerg“ bzw. „Zwergwuchs“, den er einmal zur Vermeidung von Diskriminierung ersetzen sollte). Tatsächlich bezieht sich der klinische Terminus jedoch auf den Prozess des verminderten – also verringerten – Wachstums. Insgesamt wird angestrebt, den Begriff Minderwuchs durch Kleinwuchs zu ersetzen, obwohl noch darüber diskutiert wird, ob dies der wissenschaftlichen Definition gerecht wird, die den Kleinwuchs als Unterform des Minderwuchses betrachtet. Man unterscheidet in der Medizin, abhängig von der Ausprägung und dem Bezug zur normalverteilten Körperhöhe der Gesamtbevölkerung, zwei Formen des Minderwuchses:
- Kleinwuchs (auch Mikrosomie genannt), bei Abweichung von ein bis drei Standardabweichungen nach unten oder wenn die Körpergröße das zehnte Perzentil der Wachstumskurve für das entsprechende Alter unterschreitet. Dies bedeutet derzeit nach Abschluss des Wachstums eine Endgröße bei Frauen nicht über 140 cm und bei Männern nicht über 150 cm.
- Extremer Kleinwuchs (früher als Zwergwuchs oder Nanosomie bezeichnet) bei Unterschreitung von mehr als drei Standardabweichungen oder wenn das dritte Perzentil der altersabhängigen Wachstumskurve unterschritten wird.
Festzuhalten ist, dass es bei einigen Skelettdysplasien zu einem verringerten Körperhöhenwachstum kommt, ohne dass dabei die Definition des Kleinwuchses erfüllt wird. So sind beispielsweise bei der Hypophosphatasie oder der Osteogenesis imperfecta einige Patienten deutlich kleiner als der statistische Bevölkerungsdurchschnitt, jedoch meist etwas größer als 1,40/1,50m. Andere Betroffene hingegen erfüllen die Kriterien für den Kleinwuchs. Insofern sprechen sich einige Gruppen dafür aus, neben dem Begriff Kleinwuchs auch den Terminus Minderwuchs beizubehalten.
Inhaltsverzeichnis
Differenzialdiagnose und Ursachen
Grob einteilend können pränatale und postnatale Ursachen definiert werden.
Pränatale Ursachen
- Vererbung
- Konstitutionelle Entwicklungsverzögerung, häufigste Ursache (über 80 Prozent)
- Familiärer Minderwuchs
- Chromosomenanomalien und Genmutationen
- Verschiedene Syndrome (Silver-Russell-Syndrom, Ullrich-Turner-Syndrom, Trisomie 21, Achondroplasie), auch Hypophosphatasie und viele andere
- Pränatale Entwicklungsstörungen
- Fetale Mangelernährung
- Plazentainsuffizienz
- Exogene Noxen wie Nikotin, Alkohol, Drogen und Infektionen
Postnatale Ursachen
- Mangelversorgung
- Unterernährung
- Eiweißmangel
- Vitaminmangel (insb. Vitamin D)
- Malresorption oder Malabsorption (Zöliakie, Morbus Crohn)
- Chronische Krankheiten
- Anämien
- Herzvitien
- Rheumatoide Arthritis
- chronische Niereninsuffizienz
- Stoffwechseldefekte
- Glycogenosen
- Mucopolysaccharidosen
- Diabetes mellitus
- Endokrine Störungen
- Iatrogen
- Bestrahlung
- Chemotherapie
- hochdosierte Cortisontherapie
- Psychosoziale Faktoren
- Deprivation ist Ursache des psychosozialen Minderwuchs
Hinsichtlich der klinischen Präsentation unterscheidet man den proportionierten Minderwuchs vom dysproportionierten Minderwuchs:
Proportionierter Minderwuchs (Beispiele)
- Konstitutionelle Entwicklungsverzögerung
- Endokrine Störungen
- Stoffwechseldefekte
- Chronische Krankheiten
- Trisomie 21
- Silver-Russell-Syndrom
Dysproportionierter Minderwuchs (Beispiele)
Therapie des Minderwuchses
Die Therapie richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache. Ist eine mangelnde Versorgung mit den zum Wachstum benötigten Nährstoffen, Vitaminen u.ä. die Ursache, müssen die Defizite ausgeglichen werden, ggfs. durch Umstellung der Ernährung. Bei Störungen der hormonellen Schiene muss der Hormonstatus ausgeglichen werden, z.B. durch die Gabe von Wachstumshormonen[1]. Auf diese Weise lässt sich jedoch nur so lange korrigierend eingreifen, wie das Skelett noch im Wachstum befindlich ist. Nach Abschluss des Skelettwachstums bleiben diese Maßnahmen in der Regel erfolglos. Die Bestimmung des Knochenalters ist daher für die Prognosestellung ausschlaggebend.
Einzelnachweise
- ↑ M. B. Ranke, H.-G. Dörr et al.: Therapie des Kleinwuchses mit Wachstumshormon Entwicklungen 10 Jahre nach der Einführung von rekombinantem Wachstumshormon, Monatsschrift Kinderheilkunde, Bd. 148, Number 8 / August 2000, S. 746-761, Springer-Verlag Berlin – Heidelberg, ISSN 0026-9298 (print), 1433-0474 (Online), DOI 10.1007/s001120050633; hier online (Abstract)
Siehe auch
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