Altmark-Zwischenfall

Altmark-Zwischenfall
Der Jøssingfjord
Deutsche Gefallene werden nach dem Altmark-Zwischenfall an Land gebracht

Beim Altmark-Zwischenfall handelt es sich um die Enterung des deutschen Versorgungsschiffes Altmark durch den britischen Zerstörer HMS Cossack in norwegischen Hoheitsgewässern am 16. Februar 1940.

An Bord der Altmark befanden sich 303 alliierte Matrosen, die vom Panzerschiff Admiral Graf Spee bei ihrer Kaperfahrt im Südatlantik gefangen genommen worden waren. Die britischen Seeleute wurden befreit, wobei sieben deutsche Seeleute durch eine Schießerei ums Leben kamen, anschließend wurde die Altmark wieder freigegeben.

Da die Altmark als Versorgungsschiff der Kriegsmarine nicht unter der Reichskriegsflagge, sondern unter Reichsflagge fuhr, galt das Schiff aus deutscher Sicht nicht als Kriegsschiff – was die britische Seite erheblich anders beurteilte.

Durch den Angriff gelangte die deutsche Führung zu dem Schluss, Großbritannien würde die norwegische Neutralität nicht respektieren, und begann mit Planungen zur Besetzung Norwegens. Diese Annahme führte schließlich dazu, dass die deutschen Pläne zur Besetzung Norwegens unter der Tarnbezeichnung „Unternehmen Weserübung“ in die Tat umgesetzt wurden. Auch in London mehrten sich die Befürworter eines Eingreifens in Norwegen [1].

Inhaltsverzeichnis

Der Ablauf im Detail

Auf dem Rückweg nach Deutschland hatte die Altmark unter Führung von Kapitän Dau am 14. Februar 1940 nördlich von Trondheim norwegische Hoheitsgewässer erreicht.

Am 14. Februar wurde das Schiff zweimal von zwei verschiedenen norwegischen Torpedobooten angehalten und oberflächlich kontrolliert, ohne dass es Beanstandungen gab. Hiermit gab sich der Chef des Zweiten Norwegischen Seeverteidigungsabschnittes, Konteradmiral Tank-Nielsen, nicht zufrieden, da er von den britischen Internierten an Bord wusste. Er begab sich mit dem Torpedoboot Gam selbst zur Altmark und verlangte eine neuerliche Untersuchung. Kapitän Dau lehnte ab, sein Versuch, per Funk die deutsche Botschaft in Oslo zu erreichen, wurde von den Norwegern verhindert. Immerhin gestattete der norwegische Admiral die Weiterfahrt unter Begleitung norwegischer Torpedoboote.

Inzwischen hatten die Briten, vermutlich aufgrund des lebhaften Funkverkehrs, die Altmark geortet, und gegen 14:50 Uhr wurde das Schiff von britischen Flugzeugen innerhalb der norwegischen Hoheitsgewässer gesichtet. Als gegen 16:00 Uhr auf der Höhe von Egersund drei britische Zerstörer in Sicht kamen, zog sich Kapitän Dau, um der Kaperung zu entgehen, in den Jøssingfjord zurück. Inzwischen hatten die norwegischen Torpedoboote Anweisung, sich längsseits der Altmark zu legen, um ein Entern durch die Briten zu verhindern.

Eine halbe Stunde vor Mitternacht lief der von Philip S. Vian kommandierte britische Zerstörer HMS Cossack in den Fjord ein, legte sich längsseits der Altmark und ließ sie von einem Stoßtrupp entern. Der Befehl an die norwegischen Torpedoboote, dies zu verhindern, war inzwischen widerrufen worden, und die Norweger beschränkten sich den Briten gegenüber auf einen Protest. Bei der folgenden Schießerei kamen sieben deutsche Seeleute ums Leben. Die Cossack übernahm die britischen Kriegsgefangenen und brachte sie nach Großbritannien zurück.

Die Norweger waren darüber verärgert, dass ihre Neutralität verletzt worden war, und wollten nicht in einen europäischen Krieg gezogen werden. Tatsächlich säte der Altmark-Zwischenfall Zweifel über die norwegische Neutralität unter den Alliierten und Deutschland. Beide Seiten hatten Eventualpläne für militärische Aktionen gegen Norwegen, vor allem in Bezug auf die Verkehrswege des schwedischen Eisenerzes, von dem die deutsche Rüstungsindustrie im frühen Stadium des Krieges abhing. Der Altmark-Zwischenfall überzeugte Hitler davon, dass die Alliierten die norwegische Neutralität nicht respektieren würden, und er entschied sich am 19. Februar zur Intensivierung der Planung des Unternehmens Weserübung, der Besetzung von Dänemark und Norwegen, die am 9. April 1940 durchgeführt wurde.

Der Altmark-Zwischenfall gab den Briten einen zwar kurzlebigen, aber dringend benötigten moralischen Auftrieb während des Sitzkriegs. Der Zwischenfall hatte einen länger andauernden Propagandaeffekt im deutsch besetzten Norwegen, als die norwegische Kollaborationsregierung versuchte, ihren Spitznamen Quislinge durch den abfälligen Begriff Jøssing für Proalliierte und Antinazis zu neutralisieren. Dieser Terminus bezog sich auf den Ort des Ereignisses, den Jøssingfjord. Die Bemühungen schlugen fehl, da der Begriff sofort als positiver Terminus von der Öffentlichkeit akzeptiert wurde, so dass er schließlich 1943 aus dem offiziellen Sprachgebrauch verbannt wurde.

Einzelnachweise

  1. Masson, Philippe: Die Deutsche Armee. Geschichte der Wehrmacht 1935-45. München 2000. Seite 107.

Literatur

Weblinks

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