- Innerdeutscher Stromverbund
-
Im Rahmen der Deutschen Teilung war auch der Stromverbund zwischen DDR und der Bundesrepublik Deutschland betroffen. Der innerdeutsche Stromverbund zwischen beiden deutschen Staaten unterlag einer wechselhaften Geschichte.
Inhaltsverzeichnis
Verbundleitungen vor der Teilung
Vor 1945 wurden einige Hochspannungsleitungen gebaut, die nach der Teilung Deutschlands teils in der Bundesrepublik Deutschland, teils in der DDR liegen sollten:
- 1925 eine 60-kV-Kuppelleitung zwischen dem Kraftwerk Borken und dem Umspannwerk Breitungen
- 1937 eine 110-kV-Leitung zwischen Kulmbach und Neuhaus
- 1940 eine 220-kV-Leitung zwischen Remptendorf und Ludersheim
- 1942 eine Bahnstromleitung zwischen dem Unterwerk Steinbach am Wald und Saalfeld
Demontagen in der SBZ
Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Bahnstromnetz in Ostdeutschland demontiert. Vom Umspannwerk in Steinbach am Wald führte bis 1989 eine funktionslose Leitung zur innerdeutschen Grenze, welche für eine potentielle Elektrifizierung der Transitstrecke Berlin-München erhalten wurde. Da zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung die Masten dieser Leitung schon sehr marode waren, mussten diese durch Neukonstruktionen auf gleicher Trasse ersetzt werden.
Im April 1946 begann die sowjetische Besatzungsmacht im Umspannwerk Remptendorf mit der Demontage der Abzweige Haupt- und Regeltransformator 1 und der Leitung 298 nach Ludersheim im Rahmen von Reparationszahlungen.
Trennung der Netze
1952 veranlasste die DDR die Unterbrechung der Stromlieferungen nach West-Berlin und an das Überlandwerk Rhön ohne Vorankündigung. Zur Versorgung des Kreises Heiligenstadt wurde eine 50-kV-Holzmastleitung errichtet, die am 1. Januar 1953 in Betrieb ging. Anschließend wurden die 15-kV-Leitungen zum Umspannwerk Göttingen gekappt.
1954 erfolgte die Trennung der ostdeutschen Hochspannungsnetze von jenen in Westdeutschland. Die 110-kV-Leitung Hagenau-Boitzenburg-Bleckede wurde vor der Elbeüberspannung unterbrochen und die 110-kV-Leitung Harbke-Helmstedt sowie die 220-kV-Leitung Magdeburg-Helmstedt vor der Grenze unterbrochen.
Die Leitung von Remptendorf nach Redwitz wurde von der Landesversorgung abgetrennt.
Das westdeutsche Netz wurde Teil der UCPTE, das ostdeutsche Netz Teil der Vereinigten Energiesysteme (VES) „Frieden“, welches sich 1960 dem Verbund IPS anschloss.
Weiterhin bestehende Verbindungen
Trotzdem existierten zwischen Thüringen und einigen Energieversorgungsunternehmen in der einstigen Bundesrepublik weiterhin einige Verbindungsleitungen. So blieben die 10-kV-Leitungen Döringsdorf - Spinnhütte - Wanfried, Großburschla - Altenburschla und Wanfried - Falken - Mihla in Folge eines Vertrags von Karl-Scharfenberg von 1913 weiter in Betrieb.
Im Harz existierte weiterhin eine Mittelspannungsleitung zwischen dem Umspannwerk Klettenberg und dem Kraftwerk Ellrich.
Eine weitere innerdeutsche Mittelspannungsleitung führte von Benneckenstein in Sachsen-Anhalt nach Hohegeiß in Niedersachsen.
Daneben existierten auch einige innerdeutsche Niederspannungsleitungen, und zwar von Thüringen nach Roteshütte in Hessen, von Liebau nach Bayern und von Potsdam zu einer West-Berliner Pumpstation.
Neubauten über die Grenze hinweg
Doch kam es auch zu Neubauten von Leitungen über die innerdeutsche Grenze: so errichtete das Energiekombinat Erfurt in den 1970er Jahren zwei 30-kV-Leitungen vom Umspannwerk Katharinenberg in Thüringen zum UW Wanfried in Hessen. Vom Umspannwerk Wolkramshausen wurde zum Umspannwerk Neuhof eine 110-kV-Doppelleitung gebaut. Zusätzlich wurde ein 6-MVA-Frequenzumrichter installiert.
Die innerdeutschen Stromleitungen hatten bei der DDR-Führung eine hohe Priorität, denn der Stromexport brachte Devisen.
Transitleitungen
Daneben existierten auch Leitungen, die die innerdeutsche Grenze als reine Transitleitung querten. Eine dieser Leitungen war die Bahnstromleitung Steinbach am Wald-Zapfendorf, die ein Stück über DDR-Gebiet lief, ein anderes Beispiel die 110-kV-Leitung Remptendorf - Neuhaus/Schierschnitz. Erstere Leitung wurde in den 1960er Jahren durch eine rein auf bundesdeutschem Gebiet verlaufende Leitung ersetzt, letztere durch die 110-kV-Leitung Taubenbach-Sonneberg ersetzt.
Im März 1988 schlossen die PreussenElektra AG und die DDR-Außenhandelsgesellschaft Intrac einen Vertrag über den Bau einer 380-kV-Leitung nach West-Berlin, die im Umspannwerk Wolmirstedt über eine HGÜ-Kurzkupplung mit dem ostdeutschen Stromnetz verknüpft werden sollte. Am 3. Oktober 1989 ging die Leitung bis Wolmirstedt in Betrieb. Der Bau der HGÜ-Kurzkupplung wurde abgebrochen, einige Komponenten wurden später bei der Gleichstromkurzkupplung (GKK) in Etzenricht verwendet.
Nach der Wende
Am 20. Dezember 1991, auf den Tag genau 51 Jahre nach der ersten Leitung zwischen Bayern und Thüringen, war die 380-kV-Leitung zwischen Remptendorf und Redwitz in Betrieb gegangen, wenn auch nur zuerst mit 220 kV.
Die gesamte 380-kV-Leitungsverbindung nach West-Berlin ging am 7. Dezember 1994 in Betrieb, womit 5 Jahre nach der Wende auch West-Berlin wieder an das Stromnetz angeschlossen wurde.
Am 8. September 1995 wurde die neue 380-kV-Verbindungsleitung zwischen Mecklar und Vieselbach in Betrieb genommen.
Obwohl ursprünglich die Anschaltung des Stromnetzes der einstigen DDR an das westdeutsche Verbundnetz erst für den Zeitpunkt geplant war, zu dem die vierte 380-kV-Leitung von Krümmel über Lübeck/Siems nach Görries in Betrieb gehen würde (der Bau dieser Leitung wurde kurz nach der Jahrtausendwende gestrichen. Als Folge konnte bis zur Installation eines statischen Blindleistungskompensators im Umspannwerk Lübeck-Siems und der Verlegung eines 220 kV-Kabels zwischen dem Umspannwerk Lübeck-Siems und dem Umspannwerk Lübeck-Bargerbrück die HGÜ Baltic Cable nicht mit Volllast betrieben werden), erfolgte der Synchronschluss der Stromnetze Ost- und Westdeutschlands am 8. September 1995. Am 18. Oktober 1995 wurden auch die Stromnetze Tschechiens, Polens und Ungarns mit dem westdeutschen Stromnetz synchronisiert, womit auch die GKK Etzenricht entbehrlich wurde (die GK Dürnrohr und die GK Wien-Südost blieben noch 1 Jahr länger in Betrieb, da über Österreich wegen des Fehlens von 380-kV-Leitungen der Energieaustausch mit Tschechien erschwert war und erst einige Kraftwerke in Polen mit Regelautomatiken nachgerüstet werden mussten).
Die Bahnstromnetze Ost- und Westdeutschlands wurden am 14. März 1995 mit der Inbetriebnahme der Leitung Lehrte - Heeren vereinigt. Eine weitere Bahnstromleitung ging am 29. Februar 1996 zwischen Eisenach und Bebra in Betrieb. Seit dem 23. Juni 2001 existiert eine dritte Bahnstromverbindung zwischen Saalfeld und Weimar.
2010 wurde als vierte 380 kV-Verbindung, die Leitung von Krümmel nach Görries, welche entgegen den ursprünglichen Planungen nicht über Lübeck sondern entlang der Autobahn A24 führt, in Betrieb genommen [1].
Eine weitere 380 kV-Verbindung zwischen den Umspannwerken Altenfeld (Thüringen) und Redwitz (Bayern) ist in Planung, aber wegen heftiger Proteste noch nicht realisiert.
Siehe auch
Weblinks
- http://www.walter-schossig.de/Deutsch/Literatur/Aufsatze/SD_PDF_6090.pdf (PDF-Datei; 322 kB)
Kategorien:- Energiewirtschaft (Deutschland)
- Deutsche Teilung
- Energiewirtschaft (DDR)
- Elektrische Energieverteilung
Wikimedia Foundation.