- Islamic Banking
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Der Begriff Islamic Banking beschreibt den Versuch, Bankgeschäfte in Übereinstimmung mit den religiösen Regeln des Islam und der Schari'a zu gestalten.
Inhaltsverzeichnis
Kernelemente
Regeln, die das Islamic Banking umzusetzen versucht, sind das
- allgemeine Zinsverbot (Riba)
- Verbot der Spekulation (Gharar) und das
- Verbot des Glücksspiels (Maysir, Quimar)
Weiterhin sind soziale und ethische Ausschlusskriterien (Haram) zu beachten. Hierzu zählen insbesondere das Verbot der Investition in
- Alkoholherstellung und -vertrieb,
- Prostitution,
- Pornografie sowie
- die Verarbeitung von Schweinefleisch und der Handel damit.
Die wichtigsten Begriffe
- fiqh: islamische Rechtswissenschaft; die menschliche Erkenntnis des göttlichen Rechts (Scharia).
- gharar: »Spekulation«; ebenso verboten wie der Wucher.
- idschara: wörtl. »Miete«, verwendet für Leasing.
- mudaraba: Beteiligungsfinanzierung ähnlich einer stillen Gesellschaft (»Mezzanine«).
- murabaha: Handelsfinanzierung (»mark-up sale«).
- musharaka: Beteiligungsfinanzierung durch Beteiligung auf Zeit (»Venture Capital«).
- riba: »Wucher« oder »Zins«, je nach Interpretation, das wichtigste Verbot im Islamic Banking.
- Scharia: wörtl. »Weg zur Tränke«, das – göttliche – islamische Recht.
- Scharia Board: religiöser Beirat der Bank, der über die Einhaltung der islamischen Vorschriften wacht und die Produkte zertifiziert.
- Takaful: islamische (genossenschaftliche) Versicherung.
Zinsverbot
Für das Bankgeschäft ist das Zinsverbot (Sure 2, Vers 278 u.a.; ربا riba, in engerer Auslegung „Wucher“) von besonderer Wichtigkeit, was schon früh zu Umgehungsgeschäften geführt hat: Statt dem Käufer einen Kredit zu gewähren, kauft die Bank die Ware direkt beim Verkäufer und verkauft sie zu einem höheren Preis an den Käufer, der seinen Kaufpreis in Raten abbezahlt. Da die Ware letztlich den Besitz nicht gewechselt hat (aber Eigentumsverhältnisse), jedoch Geld ausgezahlt wurde, ist das Resultat ökonomisch vergleichbar mit einem verzinsten Kredit. Die Bank nimmt hier lediglich die gleichen Rechte wie Händler wahr, zu kaufen und wieder zu verkaufen. Der Zins eines Kreditgeschäftes wird hier nach islamischer Rechtsauffassung zur Gewinnmarge. Da Handel im Islam ausdrücklich erlaubt und erwünscht, Zins jedoch verboten ist, ist die Transaktion legitim. Rechtskniffe (حيلة hīla; pl. حيل hiyal) dieser Art finden sich in der islamischen Rechtspraxis häufig; sie sind eines der inhärenten Mittel der Schari'a, sich Gegebenheiten legitim anzupassen.
Instrumente
Beteiligungsfinanzierung
Bei einer Beteiligungsfinanzierung (Musharaka) bringen Bank und Kunde Kapital ein und vereinbaren eine Teilung von Gewinn und Verlust. Dieses Modell entspricht einer Bereitstellung von private equity oder einem Joint Venture.[1]
Islamische Anleihen
Instrumente sind z.B. Islamische Anleihen („Sukuk“).
Schari'a konforme Investmentfonds
Als Benchmark für islamische Investmentfonds dient oft der "Dow Jones Islamic Market Index" mit seinen Unterindices.[2] Er wird seit 1999 ermittelt und umfasst Aktien, die nach Auffassung des "DJIM Shari`ah Supervisory Board" in Übereinstimmung mit islamischem Recht erworben werden dürfen.
Ende 2006 wurde auch durch Standard & Poor's die Einführung einer Familie islamischer Aktienindices angekündigt. Neben dem "S&P 500 Sharia" für den amerikanischen Aktienmarkt werden auch ein europäischer "S&P Europe 500 Sharia" und ein japanischer "S&P Japan 500 Sharia" islamischer Index ermittelt.[3] Ein weiterer viel beachteter Index ist der FTSE Islamic Index.
Zum Jahresende 2006 hat die Liechtensteinische Landesbank (LLB) einen eigenen „Top 20 Middle East Total Return Index“ eingeführt. Unternehmen, die etwas mit Alkohol, Schweinefleisch, Tabak, "sittlich anstößigen" Teilen der Unterhaltungsindustrie, mit Glücksspiel oder Waffen zu tun haben, werden nicht aufgenommen und gegebenenfalls ausgeschlossen. Scharia-konforme Unternehmen dürfen nur in Grenzen verschuldet sein. Oberstes Ziel koran-konformen Business muss es sein, dass das Kapital in der Volkswirtschaft zirkuliert und Erspartes oder Gewinne re-investiert werden.
Eines der führenden Beratungsunternehmen rund um das Thema "Schari'a konforme Investmentfonds" ist Failaka Advisors. Jährlich werden mit dem Failaka Islamic Fund Awards die besten Investmentfonds ausgezeichnet. Der seit 1996 erscheinende jährliche Failaka Islamic Funds Report gilt mittlerweile als eine wichtige Messgröße in diesem Spezialbereich der Investmentfonds.[4]
Organisationen
Seit 1990 besteht die Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions (AAOIFI) als Dachverband zur Erstellung von Standards des Islamic Bankings. Die AAOIFI wird von über 155 Mitglieder (Banken und Zentralbanken) aus 40 Ländern getragen. In 6 islamischen Ländern sind die Regeln der AAOIFI bindend.[5]
Geschichte
In den 1970er Jahren entstanden die ersten islamischen Finanzinstitutionen in ihrer modernen Form. 1975 beschlossen islamische Staaten die Islamische Entwicklungsbank (IDB) zu gründen. Sie soll die wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Fortschritt der Mitgliedsstaaten entsprechend den Prinzipien des islamischen Rechts fördern. Im selben Jahr nahm die Dubai Islamic Bank ihren Geschäftsbetrieb auf. Inzwischen existieren rund 270 islamische Banken in über 75 Ländern. Insgesamt verfügen sie über eine Marktkapitalisierung von rund 13 Mrd. US-Dollar, Guthaben von 265 Mrd. US-Dollar und tätigen finanzielle Investitionen in Höhe von 400 Mrd. US-Dollar. Einige Beobachter prognostizieren, dass in acht bis zehn Jahren 40 bis 50 Prozent der gesamten Spareinlagen der muslimischen Bevölkerung weltweit auf Konten islamischer Banken liegen werden. Wichtigster Bankenplatz für das Islam Banking ist noch immer Kuala Lumpur, erst dann folgen Bahrain, Dubai und in harter Konkurrenz Kuwait. Auch die Regierung von Singapur hat sich 2006 durch entsprechende gesetzlich verankerte Förderung in diesen Wettbewerb eingemischt.
Auch westliche Banken haben inzwischen den islamisch regulierten Markt für sich entdeckt, wobei die amerikanische Citibank eine Vorreiterrolle spielte. Sie richtete 1996 einen islamischen Geschäftszweig ein und eröffnete eine Filiale in Bahrain. Globaler Player ist an zweiter Stelle die britische "HSBC Amanah", die seit 2006 eng mit der Abu Dhabi’s Islamic Bank kooperiert. Seit einigen Jahren bieten auch deutsche Banken islamische Finanzierungsinstrumente an, vor allem ab 2006 die DWS Investments, die Fondsgesellschaft der Deutsche Bank Gruppe. Sie offeriert zahlreiche Fonds und "Sukuks" (islam-konformes Äquivalent zum Bond), die entweder bankeigen gemanagt oder zusammen mit Partnern wie der Ithmaar Gruppe in Bahrain gesponsert werden. Der grösste Scharia-konforme Fond, den die Deutsche Bank islamischen Kunden anbietet, war zu Jahresbeginn 2007 der „DWS Noor Islamic Funds“ mit gezeichneten Werten von total 2 Mia. USD. Die Commerzbank dagegen hat ihren im Jahr 2000 aufgelegten Alsukoor-Fond Ende 2005 wieder aufgelöst, da er laut Eigendarstellung angeblich zu wenig Interessenten fand und eigentlich nur auf Wunsch einer saudi-arabischen Familie gegründet worden sei. Die UBS, größte Schweizer Bank und führender Vermögensverwalter der Welt, liquidierte Ende 2006 ihre erst Ende 2002 gegründete islamische Tochterbank "Noriba" in Manama. Deren Geschäfte seien aus Kostengründen wieder in die Zentrale bzw. den Regionalbereich Mittlerer Osten in Genf integriert worden. Da zur selben Zeit sowohl UBS als auch Commerzbank dem Drängen der USA nachgaben und sich aus politischen Gründen von allen Kunden im Iran trennten, vermuteten Schweizer Fachjournalisten jedoch politischen Druck der Bush-Regierung als wirklichen Grund und beklagten die Abwanderung des Fachpersonals zur Deutschen Bank.
Anders als z. B. in Großbritannien, wo im September 2004 die erste islamische Bank ihre Pforten öffnete, gibt es in Deutschland noch keine rein islamischen Banken, sondern nur sogenannte "islamische Fenster" konventioneller Banken. Einzelne islamkonforme Fonds, u.a. durch die UBS Schweiz gemanagt, gab es dagegen in Luxemburg bereits anfangs der 80er Jahre. Am 3. Oktober 2006 hat die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) der Faisal Private Bank Switzerland in Genf als erster rein islamischer Privatbank des Landes eine Lizenz erteilt.
Gesetzliche Regelungen
In Pakistan (seit 1979), Iran (seit 1983) und Sudan (seit 1983) sind Banken gesetzlich verpflichtet, die Prinzipien des Islamic Banking zu beachten. In den anderen islamischen Ländern bestehen Selbstverpflichtung seitens der Shariah-Boards der Banken.
Wirtschaftliche Bedeutung
Über den Umfang des Islamic Banking liegen keine gesicherten Angaben vor. Die Rating-Agentur Moody's schätzt, dass derzeit 250 islamische Fonds verwaltet werden, mit einem Gesamtkapital von 300 Milliarden Dollar. Weitere 300 islamische Finanzinstitutionen verwalteten zusätzliche 250 Milliarden Dollar.[6] Der Wert des islamischen Anleihemarkts wird zurzeit auf rund 30 Mrd. US-Dollar geschätzt.
Das Fehlen eines freien Bankensystems wurde bisher durch die westlich orientierte Volkswirtschaftslehre oft als ein wesentlicher Grund für die geringeren wirtschaftlichen Erfolge islamischer Staaten beschrieben. Dem widersprechen neuerdings einige westliche und islam-konforme Ökonomen, u.a. die deutschsprachige Vanessa Steinmayer in ihrem 2004 erschienenen Buch "Islamische Ökonomie in Südafrika". Sie bezieht sich dabei auch auf das 1999 erschienene Standardwerk von Abdulla Saeed, "Islamic Banking and Interest". Diese Entwicklung bestätigte 2004 auch die Deutsche Bank, die seitdem mit "Dar Al Istithmar"[7] eine Denkfabrik zum Thema Islamic Finance in London finanziert und mehr als 50 islamische Fonds herausgegeben hat.
Währungen
Es gibt (wenn auch wenig intensive) Bestrebungen, der Islamic Development Bank und der Staaten Malaysia und Iran einen Islamischen Dinar auf Goldbasis als internationale Währung einzuführen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Gesellschaft für technische Zusammenarbeit Online-Fassung
- ↑ Dow Jones IMI
- ↑ FAZ vom 20. Dezember 2006, Seite 21 "Schariakonforme Variante des S&P 500"
- ↑ http://www.failaka.com
- ↑ Homepage der AAOIFI
- ↑ Analyse Credit Suisse
- ↑ Dar Al Istithmar - Denkfabrik der Deutschen Bank, London
Literatur
- Daniel K. Bergmann: Islamic Banking - Ein Studienhandbuch, Norderstedt (Germany), 2008, 150 Seiten, ISBN 978-3-8334-8974-7.
- Andy Schünemann: Islamic Banking als Herausforderung für das deutsche Private Banking (Broschiert), Norderstedt (Germany), 2007 ISBN 978-3638918770
- Shayerah Ilias: Islamic Finance: Overview and Policy Concerns (PDF, 6S.), Congressional Research Service, engl.
- Michael Mahlknecht: Islamic Finance: Einführung in Theorie und Praxis, 2008, Wiley:Klartext, 325 Seiten, ISBN 978-3527503896.
Weblinks
- Deutsch Türkische Seite über Islamic Banking & Finance einfach verstehen
- Islamische Banken
- Finanziert mit GottesHilfe
- Online Forschungsprojekt zum Islamic Banking
- Institute for Islamic Banking and Finance, Frankfurt
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