- Islamischer Friedhof Berlin
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Der 1863 angelegte Türkische Friedhof Berlin ist die älteste Begräbnisstätte für Anhänger des Islams in Deutschland. Er grenzt heute an das Gelände des Neuen Garnisonfriedhofs am Columbiadamm in Berlin-Neukölln an, auf dem auch einige moslemische Gräber ausgelagert wurden.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Obwohl der eigentliche Friedhof erst 1863 angelegt wurde, wurde bereits 1798 erstmals in Berlin in der Tempelhofer Feldmark ein Ort als Begräbnisplatz für ein islamisches Begräbnis genutzt. Es wurde den türkischen Angehörigen der preußischen Armee, die bereits seit König Friedrich Wilhelm I. fester Bestandteil der Truppen waren, von König Friedrich Wilhelm III. zum Begräbnis des damaligen türkischen Botschafters Ali Aziz Effendi zur Verfügung gestellt, der in Berlin verstarb. Im Jahre 1804 wurde auch der Vertreter des Osmanischen Reiches, Mehmet Esad Effendi, hier nach den Sitten des islamischen Glaubens beerdigt, danach geriet der kleine Friedhof am Schlächtergraben allerdings in Vergessenheit. 1836 fand ein ansässiger Bauer bei der Feldarbeit die Gräber und richtete sie wieder her.
Das Areal war regelmäßig Schauplatz von Militärmanövern und Besichtigungen des preußischen Gardekorps, bei denen Kommandeure oft den Ablauf von Gefechtsübungen zuvor sorgsam einstudieren ließen, um über den tatsächlichen Ausbildungsstand ihrer Soldaten zu täuschen. Die türkischen Grabstätten wirkten somit namensgebend für den Begriff „türken“ im Sinne von „jemandem bei Besichtigungen etwas vormachen“, was sich später zu "jemandem etwas vormachen" verallgemeinerte.
Als der alte Begräbnisort infolge der Roonschen Heeresreform und der damit einhergehenden Vergrößerung der Armee dem Neubau einer Kaserne für das Kaiser Franz-Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2 an der Blücherstraße weichen musste, schenkte der König Wilhelm I. der türkischen Regierung das heute als Friedhof dienende Gelände am Columbiadamm, wohin auch die Gebeine der beiden Grabstätten am Schlächtergraben gebracht wurden. 1863 konnte dieser neue Friedhof eingeweiht werden und 1867 ließ Wilhelm I. gemeinsam mit dem türkischen Sultan Abd ul Aziz durch den Baumeister Gustav Voigtel einen Obelisken aufstellen, auf dessen Spitze eine goldene Mondsichel angebracht wurde und dessen Seiten arabisch beschriftete Grabsteine zieren.
1921/22 wurde von dem Architekten Eisfelder im Auftrag der Türkischen Botschaft ein Andachtsgebäude im orientalischen Stil errichtet. Es handelt sich um einen relativ schlichten Putzbau mit türkisfarbenen Wänden und geschwungenen Fensterpartien auf einer Grundfläche von 10,58 × 9,35 Metern. Außerdem errichtete der türkische Geistliche und Friedhofspfleger Hafız Şükrü Bey, der 1924 starb und ebenfalls hier beerdigt ist, ein kleines Wohnhaus auf dem Gelände.
1963 wurde der Friedhof um ein weiteres Feld des Garnisonsfriedhofs erweitert, sodass die Gesamtfläche heute etwa 2300 Quadratmeter beträgt. 1983 bis 1985 wurde das Wohnhaus in eine kleine Moschee umgebaut und von 1999 bis 2004 entstand mit der Şehitlik-Moschee eine der größten Moscheen in Berlin, die der Architekt Hilmi Senalp nach orientalischem Vorbild erbaute.
Seit der Einweihung des Grabfeldes steht das Friedhofgelände allen islamischen Einwohnern Berlins offen, unabhängig von ihrer Herkunft, und auch aus anderen Bundesländern werden Verstorbene auf diesen Friedhof gebracht. Da es mit dem islamischen Glauben allerdings nicht vereinbar ist, die Gräber nach einer bestimmten Frist wieder zu räumen und neuen Verstorbenen zur Verfügung zu stellen, ist der Friedhof bereits deutlich ausgelastet – zumal der Friedhof bis vor wenigen Jahren deutschlandweit die einzige islamische Begräbnisstätte war. Entsprechend dem Bedürfnis nach einer weiteren Fläche wurde der Türkisch-Islamischen Union ein Teil des Friedhofs in Gatow zugestanden, auf der sie ihre Toten heute beerdigt während die Feierlichkeiten noch immer in Neukölln stattfinden.
Persönlichkeiten
Auf dem islamischen Friedhof in Neukölln finden sich neben vielen anderen Gräbern auch die Grabstätten einiger bekannter Persönlichkeiten. Besonders zu erwähnen sind dabei:
- Giritli Ali Aziz Efendi (1798, türkischer Botschafter)
- Mehmet Esad Efendi (1804, osmanischer Botschafter)
- Hafız Şükrü Bey (1924, Obergeistlicher der kaiserlisch-türkischen Botschaft in Berlin)
- Talaat Pascha (1921, türkischer Großwesir)
- Ziya Hilmi Bey (1929, Physiker)
- Mehmed Bey (1870–1912, Mediziner)
- Izzet Bey (Professor)
- Mohammed Bach Hamba (1920, tunesischer Freiheitskämpfer und Nationalheld)
- Junus Hodscha Abdul Jahab (1922, Mitglied der Handelsdelegation von Buchara)
- Arzan Schhah Muhammed Schah (1922, Mitglied der Handelsdelegation von Buchara)
- Cemal Azmi (1922, türkischer Politiker)
- Bahaettin Şakir (1922, türkischer Politiker)
Siehe auch
Literatur
- Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Grabstätten. Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, Berlin 2006. ISBN 3-7759-0476-X
- Klaus Hammer: Historische Friedhöfe & Grabmäler in Berlin, Stattbuch Verlag, Berlin 1994. ISBN 3-922778-32-1
- Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz Berlin: Friedhöfe in Berlin unter Berücksichtigung der Gartendenkmalpflege, Gartendenkmalpflege Heft 7. Berlin 1992
- Klaus Konrad Weber, Peter Güttler, Ditta Ahmadi (Hrsg.): Berlin und seine Bauten. Teil X Band A: Anlagen und Bauten für die Versorgung (3) Bestattungswesen. Verlag von Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin 1981, ISBN 3-433-00890-6
Weblinks
52.48138888888913.409444444444Koordinaten: 52° 28′ 53″ N, 13° 24′ 34″ O
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