- Ammoniumhydroxid
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Ammoniumhydroxid, auch Salmiakgeist oder Ammoniakwasser genannt, sind wässrige Lösungen von Ammoniak (NH3) unterschiedlicher Konzentration. Die Lösungen sind farblos, haben einen stechenden Geruch und reagieren basisch.[1] Eine konzentrierte Lösung wirkt ätzend. Die Lösungen haben die CAS-Nummer 1336-21-6.
Die verbreitete Bezeichnung Ammoniumhydroxid ist irreführend, eine chemische Verbindung NH4OH existiert nicht.
Inhaltsverzeichnis
Andere Namen
Ammoniaklösung, Ammoniakwasser (oft 10 %-ige Lösung), Ammoniaklauge, kaustisches Ammoniak (veraltet, durch Kaustifizierung gewonnen), Salmiakgeist (volkstümlich, aus Salmiak gewonnen), Hirschhorngeist (volkstümlich, aus Hirschhornsalz gewonnen), Ätzammoniak, Ammoniumhydrat, Liquor ammonii caustici (lateinisch, in der Medizin verwendet)
Geschichte
Ammoniak ist bereits den alten Ägyptern und Arabern bekannt gewesen.[2] Weiteres zur Geschichte, siehe unter Ammoniak.
Nach der überholten Modellvorstellung von Arrhenius wurde unter einer Base (Alkalie) eine Verbindung verstanden, die Hydroxid-Ionen in Wasser freisetzen kann. Um das Verhalten von Ammoniak erklären zu können, wurde angenommen, dass Ammoniak in Wasser Ammoniumhydroxid-Moleküle bilden würde:[3][4]
Diese Moleküle dissozieren in einer Gleichgewichtsreaktion teilweise in Ammonium-Ionen und Hydroxid-Ionen:
Mit dieser Vorstellung konnte die – im Vergleich zu Basen wie Natriumhydroxid – nur schwache basische (alkalische) Wirkung erklärt werden. Obgleich diese Vorstellung nicht der Realität entsprach, lieferte sie die Grundlage für das Entstehen der Bezeichnung "Ammoniumhydroxid" für wässrige Lösung von Ammoniak.
Eigenschaften
Ammoniak löst sich sehr gut in Wasser, deutlich besser als andere Gase wie Sauerstoff oder Kohlenstoffdioxid. Die Löslichkeit ist abhängig von der Temperatur und dem Partialdruck des gasförmigen Ammoniaks. Ein Liter Wasser nimmt bei 0 °C und einem Druck von 1 bar 880 g (1142 l), bei 20 °C 520 g, bei 40 °C etwa 340 g und bei 100 °C nur noch 75 g von gasförmigen Ammoniak auf.[2] Die Lösungsenthalpie des Ammoniaks bei 25 °C beträgt −30,64 kJ/mol.[5]
Aus Ammoniakwasser verdunstet Ammoniak wegen seines höheren Dampfdrucks wesentlich schneller als das Wasser, weshalb die Ammoniak-Konzentration in offenen Gefäßen mit der Zeit abnimmt. Dabei tritt der typische, stechend-scharfe Ammoniakgeruch auf. Der Dampfdruck einer 25 %-igen Lösung mit 20 °C liegt bei 483 hPa.[1] Durch Erwärmung einer Lösung lässt sich Ammoniak leicht austreiben. Der Siedepunkt einer 25 %-igen Lösung liegt nur bei 37,7 °C, der einer 32 %-igen Lösung bei 24,7 °C[1]
Die Dichte und der Gefrierpunkt von Ammoniakwasser fällt mit steigendem Gehalt an Ammoniak, siehe Tabelle.
Gehalt, Molarität, Dichte und Gefrierpunktserniedrigung von Ammoniakwasser[6] Massenanteil in % 1 5 10 15 20 26 30 c (mol/L) 0,58 2,87 5,62 8,28 10,84 13,80 15,71 d (g/cm3) 0,996 0,979 0,958 0,941 0,925 0,906 0,894 ∆t (°C) 1,13 6,08 13,55 23,32 36,42 60,77 84,06 Unter verdünntem Ammoniak wird im Laborbereich oft eine 1- bis 2-molare Lösung (Massenanteil 1,75 bis 3,5%) und unter konzentriertem Ammoniak Lösungen mit den handelsüblichen Konzentrationenen von 16,5 mol/L (32 %) oder 13,4 mol/L (25 %) verstanden.
Bei Tieftemperatur kann Ammoniak-Hydrat (NH3·H2O) isoliert werden, das bei −79 °C schmilzt. Dabei handelt sich um kristallines Ammoniak mit angelagertem Wasser.[7]
Lösungsvorgang und Säure-Base-Reaktion
In wässrigen Lösungen liegt die Hauptmenge des Ammoniaks molekular gelöst vor. Zwischen Wasser- und Ammoniakmolekülen wirken Wasserstoffbrückenbindungen. Sie sind die Ursache für die hohe Löslichkeit und wirken an den Wasserstoff- und den Stickstoffatomen des Ammoniaks:[7]
In einer Säure-Base-Reaktion zwischen Ammoniak und Wasser bilden sich Ammonium- (NH4+) und Hydroxidionen (OH−):
- .
Das Gleichgewicht liegt deutlich auf der linken Seite der Reaktion. Die Basenkonstante KB
von Ammoniak liegt bei 1,75 · 10−5 (pKB= 4,75). Damit ist Ammoniak eine nur mittelstarke Base. Der Dissoziationsgrad einer 0,1-molaren Lösung ist kleiner als 1 %, der einer 1-molaren Lösung liegt bei 0,4 %.
Verwendung
Salmiakgeist wird zur Reinigung von Oberflächen im Haushalt und Technik genutzt. In der Technik zum Beispiel zur Reinigung von verzinktem Stahl zur anschließenden Lackierung (Ammoniakalische Netzmittelwäsche).
In der Bleicherei und in der Färberei wird Salmiakgeist als billige basische Lösung verwendet.
Ammoniumhydroxid wird als Säureregulator in der Lebensmittelchemie verwendet und dient darüber hinaus dem Aufschluss von Milcheiweiß, Kakaoerzeugnissen und Eiprodukten. Die Lebensmittelzusatzstoff-Kennzeichnung ist E 527.
Sicherheitshinweise
GHS aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [8][1] C ≥ 5 %
GefahrH: 314-400
EUH: keine EUH-Sätze
P: 273-280-305+351+338-309+310Sicherheitshinweise aus RL 67/548/EWG, Anh. I [8] C ≥ 25 % Ätzend Umwelt-
gefährlich(C) (N) R: 34-50
10 % ≤ C < 25 % Ätzend (C) R: 34 5 % ≤ C < 10 % Reizend (Xi) R: 36/37/38 Die Kennzeichnungsdaten in der Tabelle beziehen sich auf die konzentrierte und verdünnte wässrige Lösungen. Zur Kennzeichnung von reinem Ammoniak, siehe dort. Ab 5%-igen Lösungen wird Ammoniakwasser als reizend, ab 10 %-igen Lösungen als ätzend eingestuft.[8]
Verschlucken von Ammoniakwasser ruft heftige Schmerzen, Magenkatarrh, blutiges Erbrechen, Lungen- und Stimmschädigungen hervor, die oft tödlichen Ausgang haben. Weiterhin greift es die Augen an.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Eintrag zu Ammoniaklösung in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 21. Mai 2008 (JavaScript erforderlich).
- ↑ a b CD Römpp Chemie Lexikon – Version 1.0, Stuttgart, Georg Thieme Verlag, 1995.
- ↑ Ammoniak In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909 (Dort wird NH4OH Ammoniumhydroxyd genannt).
- ↑ Ammoniumoxydhydrat In: Lexikon der gesamten Technik, 2. Auflage 1904–1920 (Dort wird NH4OH Ammoniumoxydhydrat genannt).
- ↑ Lexikon der Chemie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001.
- ↑ Arnold Willmes, Taschenbuch Chemische Substanzen, Wissenschaftlicher Verlag Harri Deutsch, Frankfurt a. M., 2007. (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche), S. 101.
- ↑ a b Arnold F. Holleman, Nils Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 100. Auflage, de Gruyter, Berlin 1985.
- ↑ a b c Eintrag zu CAS-Nr. 1336-21-6 im European chemical Substances Information System ESIS (ergänzender Eintrag)
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