Jobcenter

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Jobcenter in Mannheim

Jobcenter sind lokale Behörden im Gebiet eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt in Deutschland, die Leistungsberechtigte nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) betreuen. Mit Jobcenter wird nach § 6d SGB II sowohl die Optionskommune (alleinige kommunale Trägerschaft) als auch die gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II bezeichnet, die von der Bundesagentur für Arbeit und dem kommunalen Träger gebildet wird. Aufgabe der Jobcenter ist, Leistungen nach dem SGB II zu gewähren und durch das Prinzip des Förderns und Forderns den betroffenen Personen die Möglichkeit zu eröffnen, ihren Lebensunterhalt künftig aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten zu können.

Der Begriff „Jobcenter“ geht zurück auf den Abschlussbericht der Hartz-Kommission.[1] Im dortigen Konzept war der Aufgabenbereich jedoch weiter gefasst.

Inhaltsverzeichnis

Zuständigkeit und Aufgaben

Die Jobcenter betreuen Arbeitslosengeld-II-Bezieher. Damit sind die Jobcenter nunmehr für die Personengruppen zuständig, die bis 2004 Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe erhielten, soweit diese jetzt Arbeitslosengeld II (ALG II) beziehen. Die Zuständigkeit für diesen Personenkreis lag zuvor beim Arbeitsamt (jetzt: Agentur für Arbeit), falls Arbeitslosenhilfe bezogen wurde, oder beim Sozialamt der jeweiligen Kommune, falls Sozialhilfe bezogen wurde; wurde zur Arbeitslosenhilfe ergänzend Sozialhilfe bezogen, waren früher beide Behörden zuständig. Mit der Reform des Leistungsrechts wurde nunmehr eine einheitliche Anlaufstelle für die Betroffenen geschaffen.

Die Sozialämter gewähren nach Inkrafttreten des SGB II weiterhin eigenständig die Sozialhilfe für den Kreis der nicht-erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auf der neuen Rechtsgrundlage des SGB XII. Sobald ein Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft Arbeitslosengeld II erhält, werden die Jobcenter jedoch für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zuständig, soweit nicht in bestimmten Fällen Leistungen nach dem SGB XII beansprucht werden können. Die Berufsberatung bleibt nach § 29 Abs. 1 SGB III aber weiterhin alleinige Aufgabe der Agentur für Arbeit. Die nicht-erwerbsfähigen Leistungsberechtigten der Bedarfsgemeinschaft (Kinder bis zum 15. Geburtstag und dauerhaft erwerbsunfähige Leistungsberechtigte ohne Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII) erhalten, wenn sie hilfsbedürftig sind, Sozialgeld durch die Jobcenter. Die Jobcenter sind auch für Vermittlung von Arbeitslosengeld-I-Empfängern zuständig, wenn diese zum Arbeitslosengeld ergänzend Arbeitslosengeld II erhalten (so genannte Aufstocker), ebenso für die Gewährung von Eingliederungsleistungen für die Aufstocker.[2] Für alle übrigen Arbeitslosengeld-Empfänger ist die Agentur für Arbeit zuständig.

Aufgaben der Jobcenter sind die Leistungsgewährung (passives Leistungsrecht) und die Vermittlung in Arbeit (aktives Leistungsrecht). Das passive Leistungsrecht umfasst alle Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, etwa die Regelleistung oder Leistungen der Unterkunft und Heizung. Zum aktiven Leistugsrecht zählen alle Eingliederungsleistungen, wie Arbeitsgelegenheiten, Weiterbildungen oder Eingliederungszuschüsse. Dazu gehören auch kommunale Leistungen wie Suchtberatung oder Schuldnerberatung.

Interner Aufbau und Personal

Der interne Aufbau von Jobcentern orientiert sich meistens am aktiven und passiven Leistungsrecht. In den Jobcentern erhalten Arbeitslosengeld-II-Bezieher aktive Leistungen zur Eingliederung von Fallmanagern und Arbeitsvermittlern – sie werden auch Persönliche Ansprechpartner (PAP) genannt. In wenigen, vor allem kleineren Jobcentern sind diese auch für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II zuständig, also für die passiven Leistungen. Im überwiegenden Teil der Jobcenter sind weitere Beschäftigte auf die Leistungsgewährung spezialisiert, so genannte Fachassistenten in der Leistungsgewährung, die meist Fachangestellte für Arbeitsförderung, Verwaltungsfachangestellte, Bürokaufleute oder Rechtsanwaltsfachangestellte sind. Um passgenaue Leistungen für spezielle Problemlagen zu bieten, besitzen Jobcenter oft eigene Organisationseinheiten für besondere Personengruppen, etwa Jugendliche bis 24 Jahre (= „U25“), Menschen über 50 (=Ü50 oder 50plus), Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationshintergrund oder Selbstständige.

Die Zuständigkeit der Beschäftigten im aktiven und passiven Leistungsrecht für Arbeitslosengeld-II-Empfänger ist örtlich unterschiedlich geregelt, beispielsweise nach Alphabet, Stadtbezirken oder Gemeinden. In größeren Jobcentern sind häufig Eingangszonen vorgeschaltet, wo die Anliegen der Hilfeempfänger entgegengenommen und zugeordnet werden. Weitere Abteilungen kümmern sich um Anfragen von Arbeitgebern, die Zusammenarbeit mit Bildungsträgern, die Bearbeitung von Widersprüchen sowie interne Verwaltungsaufgaben.

Allerdings unterscheidet sich die interne Organisation zwischen den Jobcentern in Abhängigkeit von der Trägerschaft und anderen Rahmenbedingungen, wie Zuständigkeitsgebiet (Flächen-Landkreis oder kreisfreie Stadt).

Die in den Jobcentern als gemeinsame Einrichtungen der Träger tätigen Arbeitnehmer oder Beamte sind den Jobcentern zugewiesen, ihre Arbeitgeber bzw. Dienstherrn sind die Kommunen oder die Bundesagentur für Arbeit. In den Jobcentern werden eigene Personalräte nach dem Bundespersonalvertretungsrecht gebildet.

Trägerschaft der Jobcenter

Heute gibt es drei Formen der Trägerschaft im SGB II:

Das Jobcenter als gemeinsame Einrichtung

335 der 424[3] Jobcenter sind gemeinsame Einrichtungen zwischen der Agentur für Arbeit und Kommune (Kreise und kreisfreie Städte). Dies ist der gesetzliche Regelfall. Bis 2010 nannten sich diese Jobcenter auch ARGEN (Arbeitsgemeinschaften SGB II).

Die Bundesagentur für Arbeit ist in einer gemeinsamen Einrichtung sachlich für die Bundesmittel, wie Gelder zur Vermittlung in Arbeit und Regelleistung, zuständig. Die Kommunen sind für die Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II zuständig sowie für die Bereitstellung der kommunalen Eingliederungsleistungen (u. a. Kinderbetreuung, Schuldner- und Suchtberatung). Die meisten Beschäftigten in den Jobcentern sind formal entweder Beschäftigte der Agentur für Arbeit oder einer Kommune, die zur dortigen Arbeit abgeordnet werden. Im Rahmen der Amtshilfe werden vereinzelt Mitarbeiter der ehemaligen Staatsbetriebe Post, Telekom und Bahn eingesetzt.

Das Jobcenter in einer Optionskommune

In 69[4] Fällen wurde die Kommune bzw. der Landkreis als alleiniger Träger des SGB II zugelassen. Diese werden als Optionskommunen oder Optionskreise bezeichnet. Zum 1. Januar 2012 werden 41 neue Optionskommunen hinzukommen.

Das Jobcenter in getrennter Trägerschaft

In einigen Fällen (Ende 2007: 21 Landkreise/kreisfreie Städte) haben sich die Kommunen und die Agenturen entweder nicht auf die Bildung von Jobcentern geeinigt oder eine bestehende Arbeitsgemeinschaft wurde gekündigt. Die Agentur für Arbeit und die Kommune erbringen dann ihre Leistungen nebeneinander (getrennte Trägerschaft). Findet die getrennte Bearbeitung in einem gemeinsamen Gebäude statt, wird dieses zum Teil ebenfalls als Jobcenter bezeichnet. Das Jobcenter ist hierbei keine Einrichtung einer Arbeitsgemeinschaft, sondern eine Einrichtung von Kommune und Agentur direkt, die organisatorisch voneinander getrennt sind. Diese Form der Trägerschaft wird es ab dem 1. Januar 2012 nicht mehr geben.

Bedenken und Kritik zu dem Modell der ARGE

Verfassungswidrigkeit

Nachdem elf Landkreise Verfassungsbeschwerde eingelegt hatten, entschied das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2007, dass die Bildung der Arbeitsgemeinschaften teilweise gegen das Grundgesetz verstößt. Dem Gesetzgeber wurde eine Drei-Jahres-Frist bis Ende 2010 gesetzt, um die Verwaltung neu zu gliedern.[5]

Optionskommunen und Jobcenter mit getrennter Trägerschaft sind keine Arbeitsgemeinschaften und daher davon nicht betroffen.

Zuvor hatte bereits ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages darüber informiert, dass eine „Ausführung von Bundesgesetzen durch gemeinsame Einrichtungen von bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts und Verwaltungseinrichtungen der Länder“ nicht vorgesehen ist. Artikel Art. 83 des Grundgesetzes (GG) regelt die Ausführung der Bundesgesetze: „Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt.“ Führt der Bund die Gesetze durch, kann dies nach Art. 87 GG durch „bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes, wie beispielsweise die Bundesagentur für Arbeit, erfolgen.

Das Verfassungsgericht kam infolgedessen zu dem Urteil, dass § 44b SGB II […] mit Art. 28 Absatz 2 Satz 1 und 2 in Verbindung mit Art. 83 des Grundgesetzes unvereinbar ist, weil „die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung der Gemeinden und Gemeindeverbände […] beeinträchtigt [wird], wenn der Gesetzgeber ohne hinreichend rechtfertigenden Grund die gleichzeitige Aufgabenwahrnehmung durch verschiedene Verwaltungsbehörden verbindlich anordnet.“[5]

Bundesrat und Bundestag haben am 9. Juli 2010 bzw. 17. Juni 2010 die Organisationsreform des SGB II beschlossen. Damit werden die bisherigen ARGEn in gemeinsame Einrichtungen zwischen Kommune und Agentur für Arbeit überführt und sind im Grundgesetz abgesichert. Das Optionsmodell ist dann ebenfalls im Grundgesetz abgesichert und wird auf bis zu 110 Kommunen ausgedehnt.

Organisation

Bereits von Beginn an war die Organisationsform der ARGEn heftig umstritten. So warnte die Bundesagentur für Arbeit (BA) bereits in der Vorbereitungszeit vor unklaren Zuständigkeiten. Tatsächlich ist – anders als geplant – eine dritte Leistung und Behörde entstanden, anstatt die Doppelzuständigkeit zusammen zu fassen. Die unzweckmäßige rechtliche Konstruktion der ARGEn ist das Resultat eines politischen Kompromisses zwischen der damaligen rot-grünen Bundesregierung mit dem CDU-dominierten Bundesrat, die sich nicht auf eine eindeutige Zuständigkeit, d. h. weitere Verwaltung der bedürftigen Arbeitslosen durch die als bürokratisch diskreditierte BA oder vollständiger Übergang an die Kommunen einigen konnten.

Mit den Arbeitsagenturen und Sozialämtern treffen zwei verschiedene Verwaltungskulturen aufeinander: Während die Bundesagentur für Arbeit eine hierarchisch gegliederte (und zudem die größte) Bundesbehörde mit Anweisungscharakter ist, sind die Kommunen politisch selbständige Einheiten und innerhalb ihres Aufgabengebietes dem Bund gegenüber nicht direkt weisungsgebunden. Zudem werden die Bürgermeister – anders als die Leiter der Agenturen für Arbeit – gewählt. In der Praxis gab es durch die unterschiedlichen Auffassungen auch in zahlreichen Landkreisen Streitigkeiten innerhalb der Arbeitsgemeinschaften, die in Einzelfällen bis zur Auflösung einer solchen gingen. Durch zwei verschiedene Arbeitgeber (Agentur/Kommune) gibt es in der Arbeitsgemeinschaft des Weiteren unterschiedliche Loyalitäten und unterschiedliche Arbeitsbedingungen. Zum Beispiel gibt es erhebliche Unterschiede in Bezahlung, Qualifikation und Arbeitszeitregelung, da für die Beschäftigten weiterhin die Tarifverträge und beamtenrechtlichen Vorschriften sowie Dienstvereinbarungen des jeweiligen Anstellungsträgers gelten.

Das Ziel, die Verwaltung effektiver zu machen, wurde großteils nicht erreicht. Im Juni 2006 stellte der Ombudsrat für das SGB II in seinem Abschlussbericht fest, dass das rechtliche Konstrukt „ARGE“ in seiner aktuellen Form nicht administrierbar sei.

Finanzierung

Ein häufiger Streitpunkt zwischen den Trägern der Jobcenter in Form einer Arbeitsgemeinschaft war die Aufteilung der Verwaltungskosten zwischen der Kommune und der Agentur für Arbeit. Der Bund erwartete eine kommunale Beteiligung von mindestens 12,6 %. Im Jahr 2007 wurden vereinzelt Arbeitsgemeinschaften gekündigt, weil die kommunale Seite nicht bereit war, sich in diesem Umfang zu beteiligen. Ab 2011 wurde der kommunale Finanzierungsanteil daher gesetzlich einheitlich geregelt und betrug bundesweit zunächst 12,6 %. Ab April 2011 wurde der Beteiligungssatz im Nachgang der Einführung neuer Leistungen zur Bildung und Teilhabe von Kindern auf 15,4 % erhöht. Im Gegenzug beteiligt sich der Bund mit einem höheren Anteil an den Kosten der Unterkunft.

Die Zukunft der Jobcenter

Das Bundesverfassungsgericht hat 2007 die Konstruktion der ARGE als unzulässige Mischverwaltung zwischen Bund oder Kommune für verfassungswidrig erklärt.[6] Bundesrat und Bundestag haben daraufhin um Juni/Juli 2010 eine SGB II-Organisationsreform beschlossen. Demnach wurden die ARGEn ab 2011 in „gemeinsame Einrichtungen“ überführt. Vor allem die Zusammenarbeit zwischen Bundesagentur und Kommune zur Steuerung der gemeinsamen Einrichtung hat sich gegenüber den Arbeitsgemeinschaften geändert.[7] Die Anzahl der Optionskommunen wird ab 2012 auf bis zu 110 erweitert. Die getrennte Trägerschaft wird bis Ende 2011 aufgelöst.

Einzelnachweise

  1. BMAS: Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
  2. Newsletter der Bundesagentur für Arbeit: Statistik und Arbeitsmarktberichterstattung Nr. 6/2010 vom 4. Mai 2010
  3. Übersicht über die Träger im Bereich SGB II - SGB II Gebietsstruktur - Ebene der Träger der Grundsicherung
  4. 67 Fälle nach der Kreisreform 2007 in Sachsen-Anhalt und 2008 Sachsen - Kreisreformen in der Bundesrepublik Deutschland nach 1990
  5. a b Bundesverfassungsgericht: Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Dezember 2007 – 2 BvR 2433/04 – 2 BvR 2434/04.
  6. Bundesverfassungsgericht: Leitsatz
  7. Deutscher Landkreistag: Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II)

Weblinks


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