Arbeitslosenhilfe

Arbeitslosenhilfe

Als Arbeitslosenhilfe wurde in der Bundesrepublik Deutschland bis 2004 eine bedürftigkeitsgeprüfte Sozialleistung für Arbeitssuchende bezeichnet. Die Leistung wurde von den damaligen Arbeitsämtern (heute Bundesagentur für Arbeit) im Anschluss an das Arbeitslosengeld ausgezahlt und galt als Versicherungsleistung. Die Mittel wurden jedoch vom Staat aus Steuergeldern finanziert. Vorgänger und Vorbild war eine „Krisenunterstützung“ in der Weimarer Republik bzw. im „Dritten Reich“.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In Deutschland wurde 1927 während der Weimarer Republik durch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. Juli 1927[1] die Arbeitslosenversicherung eingeführt. Danach hatten Arbeitslose unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 26 Wochen Anspruch auf eine Arbeitslosenunterstützung als Versicherungsleistung[2] (ähnlich dem heutigen Arbeitslosengeld). In Zeiten andauernd ungünstiger Arbeitsmarktlage konnte der Reichsarbeitsminister eine Krisenunterstützung für bedürftige Arbeitslose gewähren, deren Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung erschöpft war, oder die sonst die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Arbeitslosenunterstützung nicht erfüllten[3]. Das Prinzip dieser Krisenunterstützung wurde nach dem 2. Weltkrieg bei der in der Bundesrepublik eingeführten Arbeitslosenhilfe aufgegriffen.

Mit der Verordnung über Arbeitslosenhilfe vom 5. September 1939[4] wurde das Versicherungsprinzip aufgegeben. Auf die damit neu definierte Arbeitslosenunterstützung hatten alle arbeitsfähigen, arbeitswilligen und bedürftigen Arbeitslosen Anspruch.[5]

In der Bundesrepublik Deutschland wurde 1956 von der Regierung Adenauer eine als Arbeitslosenhilfe bezeichnete Fürsorgeleistung eingeführt, die im Anschluss an das Arbeitslosengeld aus Steuermitteln von der Bundesanstalt für Arbeit ausgezahlt wurde[6]. Sie war später dem damaligen SGB III (§§ 190-197) zugeordnet.

Zum 1. Januar 2005 erfolgte eine „Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe“ (Bezeichnung der damaligen Regierung). Dabei wurde die bisherige Sozialhilfe jedoch nicht verändert und besteht weiterhin. Neu eingeführt wurde unter der Bezeichnung Arbeitslosengeld II eine Ersatzleistung für Arbeitssuchende und nun auch deren Angehörige (Partner, Kinder) in Form eines Sozialgeldes. Das Niveau wurde auf die Höhe der Sozialhilfe herabgesetzt - damit wird nicht mehr ein individueller Lebensstandard auf niedrigem Niveau ermöglicht, sondern das soziokulturelle Existenzminimum gewährt. In der Umgangssprache erhielten die neuen Leistungen der sogenannten Hartz-Reform die Bezeichnung „Hartz IV“. Die Reform wurde unter Kanzler Gerhard Schröder von der regierenden Koalition (1998-2005, SPD, Bündnis 90/Die Grünen) im Konsens mit der konservativ-liberalen Opposition durchgeführt. Wegen der rückwirkenden Auszahlung der Arbeitslosenhilfe erhielten die (ehemaligen) Empfänger bei der Umstellung auf die „Hartz IV“-Leistungen im Januar 2005 eine doppelte Auszahlung, andernfalls wäre ihnen eine Monatszahlung verloren gegangen.

Anspruch auf Arbeitslosenhilfe

Anspruchsvoraussetzungen

Da die Arbeitslosenhilfe als Versicherungsleistung definiert war, hatten nicht alle bedürftigen Arbeitssuchenden einen Leistungsanspruch. Die Anspruchsvoraussetzungen erfüllte, wer

  • bedürftig war,
  • arbeitslos war,
  • sich beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hatte,
  • dieser Behörde zur Verfügung stand,
  • innerhalb der Vorfrist (ein Jahr vor Antragstellung) mindestens einen Tag Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen hatte und
  • keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte.

Bis 31.Dezember 1999 bestand die Möglichkeit, „originäre Arbeitslosenhilfe“ ohne vorherigen Bezug von Arbeitslosengeld zu erhalten. Voraussetzung war hierfür eine Beschäftigung von mindestens 150 Kalendertagen innerhalb eines Jahres, die auch durch Wehr-, Zivil- oder Polizeivollzugsdienst erfüllt werden konnte.

Anspruchsdauer

Grundsätzlich war der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zeitlich unbegrenzt, er wurde in so genannten Bewilligungsabschnitten von einem Jahr gewährt. Das bedeutete, dass nach je einem Jahr ein erneuter Antrag auf Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe gestellt werden musste. Bei jeder Antragstellung wurden die Anspruchsvoraussetzungen erneut geprüft.

Höhe der Arbeitslosenhilfe

Der Leistungssatz wurde mehrfach gesenkt. Zuletzt betrug er 53 % beziehungsweise 57 % des Leistungsentgeltes. Den erhöhten Leistungssatz erhielten Arbeitslose, wenn sie oder ihr Ehegatte/Lebenspartner ein Kind im Sinne von § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes hatten.

Die Arbeitslosenhilfe war steuerfrei. Der Bezieher durfte eine oder mehrere Nebenbeschäftigung(en) ausüben, solange er bei diesen Beschäftigungen insgesamt unter einer wöchentliche Arbeitszeit von 15 bzw. bei Selbstständigkeit unter 18 Stunden blieb.

Es gab einen monatlichen Freibetrag von 165,– Euro. Wenn das Nebeneinkommen diesen Freibetrag überstieg, wurde der übersteigende Betrag von der Arbeitslosenhilfe abgezogen.

Auszahlungen erfolgten unbar und rückwirkend, d. h. am Ende des Monats; in Ausnahmefällen war eine Barauszahlung möglich.

Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld wurde die Arbeitslosenhilfe ebenfalls um das einen Freibetrag überschreitende Einkommen eines eventuellen Ehegatten/Partners gemindert. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit dem „Arbeitslosenhilfeurteil“ vom 17. November 1992 [7] eine höhere, dynamische Grenze für den Selbstbehalt des verdienenden Partners gefordert, da anderenfalls ein Zwang zur Alleinverdienerehe entstehe, der wegen der Selbstbestimmung der Eheleute über ihre Arbeitsteilung verfassungswidrig sei.[8]

Vermögensanrechnung

Das Schonvermögen betrug bis 2003 520 € pro Lebensjahr. Anschließend gab es einen Vermögensfreibetrag für unter 55-jährige von nur noch 200 € pro Lebensjahr. Diese Änderung war bereits ein Vorgriff auf die geplante Reform von 2005. Entsprechend den Rechtsvorgaben des Bundessozialgerichts waren jedoch auch weit höhere Rücklagen freigestellt, wenn sie der privaten Altersvorsorge dienten.

Weblinks

Rechtliche Grundlagen

Einzelnachweise

  1. RGBl. I. S. 187
  2. §§ 87ff Gesetz über Arbeitslosenvermitttlung und Arbeitslosenversicherung
  3. §§ 101 ff Gesetz über Arbeitslosenvermitttlung und Arbeitslosenversicherung
  4. Reichsgesetzblatt I, S. 1674.
  5. Meyers Großes Taschenlexikon, 1987, S. 105f.
  6. Gesetz vom 16. April 1956 über die Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung, BGBl. I, S. 243
  7. Aktenzeichen 1 BvL 8/87, dejure-Link zum Volltext:1 BvL 8/87
  8. Sabine Berghahn, Maria Wersig: Neue Vergleichsmaßstäbe durch die „Homoehe“? - Das Sozialgericht Düsseldorf problematisiert die Zwangsvergemeinschaftung heterosexueller Paare. S. 4, abgerufen am 25. Oktober 2009 (PDF).
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