Johann Christoph Friedrich Bach

Johann Christoph Friedrich Bach

Johann Christoph Friedrich Bach (* 21. Juni 1732 in Leipzig; † 26. Januar 1795 in Bückeburg), deutscher Musiker und Komponist aus der Familie Bach. Er ist der dritte der vier komponierenden Bachsöhne.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Johann Christoph Friedrich Bach

Johann Christoph Friedrich Bachs Lebenslauf begann wie der seiner Brüder: Er erhielt eine Ausbildung an der Leipziger Thomasschule sowie musikalischen Unterricht durch seinen Vater. Wilhelm Friedemann Bach, der älteste Sohn Johann Sebastian Bachs, hielt (nach der Aussage von Nikolaus Forkel) den Halbbruder für den „stärksten Spieler“ unter den vier Brüdern, der „seines Vaters Claviercompositionen am fertigsten vorgetragen“ habe. Mit siebzehn Jahren begann Friedrich ein Jurastudium an der Leipziger Universität, brach dieses aber bald darauf, noch vor dem Tod des Vaters, wieder ab und folgte um die Jahreswende 1749/50 als gerade Achtzehnjähriger dem Ruf, als „Hochgräflich Schaumburg-Lippischer Cammer-Musicus“ am Hof in Bückeburg in Dienste zu treten. Wilhelm Graf zu Schaumburg-Lippe, der 1748 seinem Vater als Regent des kleinen Territoriums gefolgt war, hatte sich von der königlichen Hofmusik am Hofe Friedrichs II. in Potsdam stark beeindruckt gezeigt und feste Pläne gefasst, in seiner Residenz diesem Vorbild nachzueifern.

Am Bückeburger Hof waren derzeit die beiden Italiener Angelo Colonna als Konzertmeister und Giovanni Battista Serini als Kapellmeister und Komponist tätig. Bach lernte hier den Stil der italienischen Oper und Kantate kennen, da in den mindestens zweimal wöchentlich stattfindenden Concerten, die in der Regel spätnachmittags gegeben wurden, vor allem Vokalmusik aufgeführt wurde. Dazu unterhielt die Hofkapelle eine Sängerin, Lucia Elisabeth Münchhausen, Tochter des Hofmusikers Ludolf Andreas Münchhausen, die durch den Unterricht des Konzertmeisters Serini in die italienische Gesangskultur eingeführt wurde.

Bachs erste Jahre in Bückeburg dürften ihm noch wenig Möglichkeiten zur Entfaltung einer eigenen künstlerischen Persönlichkeit geboten haben; jedenfalls sind aus dieser Zeit keine datierten Kompositionen aus seiner Hand erhalten. Er eignete sich in dieser Zeit jedoch offensichtlich den Stil der am Hof gespielten Musik an.

Am 8. Januar 1755 heiratete Bach die Hofsängerin Münchhausen, die bald darauf ihren Unterricht bei Serini einstellte. Der italienische Kapellmeister verließ im folgenden Jahr, ebenso wie Colonna den Bückeburger Hof, worauf Bach nun die Leitung der Hofkapelle übertragen wurde. Neben der Leitung der Konzerte hatte er für die Anschaffung und Komposition neuer Musik zu sorgen. Auf Betreiben des Grafen wurde dazu auch Kontakt mit Musikern anderer Adelshöfe aufgenommen, um Notenmaterial zu erbitten. Graf Wilhelm hatte den Ehrgeiz, in seiner Musikbibliothek den neuesten Entwicklungen des Musikgeschmacks zu folgen. Durch den herrschenden siebenjährigen Krieg wurden die Personalangelegenheiten des Hofes nur langsam geordnet, weswegen Bach erst 1759 offiziell zum Hofkapellmeister ernannt und mit einer Gehaltsverdoppelung von 200 auf 400 Reichstaler bedacht wurde, während seine Frau weiterhin ihr Gehalt von 100 Talern für ihre Dienste als Sängerin empfing.

Ebenfalls in diesem Jahr wurde Wilhelm Friedrich Ernst, ihr ältester Sohn von insgesamt acht Kindern, geboren, über den der Graf auf Bachs Bitte hin die Patenschaft übernahm. Wilhelm war der letzte Musiker in der direkten Nachkommenschaft Johann Sebastians. Als 1767 Georg Philipp Telemann in Hamburg starb, unternahm Johann Christoph Friedrich Bach seinen einzigen belegten Versuch, seine Stellung in Bückeburg gegen eine bessere zu tauschen und bewarb sich als Musikdirektor in Hamburg; bei der Vergabe der Stelle wurde ihm jedoch sein älterer und bekannterer Halbbruder Carl Philipp Emanuel vorgezogen. Dies führte aber nicht zu einer Trübung der brüderlichen Beziehungen, sondern es entwickelte sich ein eher verstärkter Kontakt und Austausch von Anregungen und Kompositionen.

Für Johann Christoph Friedrich Bach begann nun eine intensive Schaffensphase. Neben vielen Kammermusikwerken und Klaviermusik komponierte er um 1769 seine ersten Oratorien Die Pilgrime auf Golgatha (Text: Justus Friedrich Wilhelm Zachariae) und Der Tod Jesu in der zweiten Textfassung von Karl Wilhelm Ramler (1760), dessen Erstfassung schon Carl Heinrich Graun (1755) und Telemann (1756) erfolgreich vertont hatten. Ebenfalls aus der Zeit vor 1770 stammen die ersten zehn seiner insgesamt zwanzig Sinfonien; zehn weitere entstanden in einer späteren Phase zwischen 1792 und 1794.

Die Berufung Johann Gottfried Herders (1744-1803) als Hofprediger und Konsistorialrat nach Bückeburg im Jahre 1771 führte zu fruchtbarer Zusammenarbeit und einer Freundschaft zwischen dem Dichter und dem Komponisten. Aus ihrem gemeinsamen Schaffen stammen die Oratorien Die Kindheit Jesu und Die Auferweckung des Lazarus (1773) sowie einige Kantaten und die dramatische Werke Brutus und Philoktetes (beide 1774), wobei der kritische Herder offenbar in der engen Zusammenarbeit mit Bach seine musikästhetischen Ansichten in die Praxis umgesetzt sah. Diese Phase, die für Bach eine geistig anregende Zeit war, endete 1776 mit der Berufung Herders nach Weimar.

Als ein Jahr nach dem Tod der Gräfin 1776 auch Graf Wilhelm starb, der den Mittelpunkt des kulturellen Lebens am Hof dargestellt hatte, suchte Bach offenbar nach neuen Anregungen für seine Tätigkeit. Diese fand er während seiner einzigen größeren Reise im Frühsommer 1778, auf der er gemeinsam mit seinem Sohn - über eine Zwischenstation in Hamburg zu Carl Philipp Emmanuel - zu Johann Christian Bach nach London fuhr, wo der junge Wilhelm seine weitere Ausbildung erhalten sollte. In London lernte Friedrich in den Konzerten seines Bruders u. a. Werke Glucks und Mozarts kennen, die ihn von da an stark interessierten und beeinflussten.

Bach widmete sich weiterhin der Hofkapelle und führte sie zu so großem Ansehen, dass Forkel 1782 der Bückeburger Hofkapelle den vierten Rang unter den besten Orchestern in Deutschland einräumte. Daneben stand die Klaviermusik im Mittelpunkt seiner Kompositionen. Horstig, der Verfasser seines Nekrologs, beschreibt, wie er tagelang „[a]uch wenn ihn niemand hörte [...] auf seinem englischen Pianoforte, welches er aus London mitgebracht hatte [phantasierte]“.

Nach dem Tod des Grafen Philipp Ernst im Jahr 1787 übernahm Gräfin Juliane als Vormund des erst zweijährigen Erbprinzen die Regierung. Die musikliebende Regentin schenkte Bach in seinen letzten Wirkungsjahren die dem Künstler notwendige Achtung und Anerkennung. Juliane erhielt täglich Unterricht auf dem Klavier und wirkte auch in Oratorienaufführungen als Sängerin mit. Die letzten Lebensjahre Bachs zeigten ihn noch einmal sehr arbeitsam und produktiv. 1787/88 gibt er eine Auswahl leichter Werke in vier Heften unter dem Titel Musikalische Nebenstunden heraus. Darin findet man zahlreiche Klavierwerke und Kammermusik, aber auch Klavierauszüge weltlicher Kantaten. Angespornt durch seinen Kollegen und späteren Nachfolger Franz Christoph Neubauer schrieb er in weniger als drei Jahren zehn Sinfonien und zwei Klavierkonzerte, die heute zum größten Teil noch auf Editionen und Wiederaufführungen warten.

Am 26. Januar 1795 starb Johann Christoph Friedrich Bach „an einem hefftigen Brust-Fieber“ in Bückeburg, wo er am 31. Januar auf dem Jetenburger Friedhof begraben wurde. Dort wurde 1803 auch Bachs Witwe beigesetzt.
Sein Sohn Wilhelm Friedrich Ernst Bach führte die Komponistentradition in der Familie fort.

Historische Bewertung und wissenschaftliche Würdigung des Werkes

Johann Christoph Friedrich Bach war 45 Jahre in Bückeburg tätig, an einem Hof, der trotz aller Kunstsinnigkeit der Regenten doch eher klein war und im musikalischen Halbschatten lag. Sein Werk, das dem aufkommenden Geniekult seiner Zeit keine ausreichende Nahrung gab, sowie sein bescheidenes Leben, das außerhalb Schaumburg-Lippes so wenig Aufsehen erregte wie seine Musik, mögen mit dazu beigetragen haben, dass er lange Zeit als der unbedeutendste der vier komponierenden Bach-Söhne beurteilt wurde. Typisch dafür ist ein frühes Zeugnis Carl Friedrich Cramers, in dem er sich über die Söhne J. S. Bachs ausläßt: „Er hatte deren drey: Christian Bach, Carl Philipp Emanuel Bach, und Friedemann Bach; (den vierten in Bückeburg rechne ich nicht mit dazu; weil der nicht eigentlich zu den ... Bachen gehört).“ Jüngere Forschungen seit Hansdieter Wohlfahrth und Ulrich Leisinger sehen in Friedrich Bach einen Brückenbauer zwischen dem ausklingenden Barock und der sich herausbildenden Klassik.

An seinem Grab auf dem Jetenburger Friedhof in Bückeburg versammelten sich nach dem 1. Weltkrieg die Mitglieder des neu gegründeten Fürstlichen Instituts für musikwissenschaftliche Forschung Bückeburg, darunter Georg Schünemann, der sich als erster intensiv mit dem Leben und Werk des Bachsohnes auseinandergesetzt hat. Seine Studie ist noch immer Grundlage und Ausgangspunkt für eine Beschäftigung mit dem Komponisten, weil Schünemann trotz kriegsbedingter Schwierigkeiten, entfernteres Quellenmaterial zu erreichen, die Bückeburger Hofbibliothek noch zu Verfügung hatte. Das musikwissenschaftliche Institut Bückeburg, dessen Bestand 1934 zwangsweise nach Berlin gebracht wurde, ist in den letzten Kriegsjahren nach Schlesien verlagert worden, und nur ein geringer Teil ist inzwischen über Moskau zurück nach Berlin gelangt, darunter jedoch keine Autografe Bachs. Demnach musste das von Hannsdieter Wohlfahrth veröffentlichte Werkverzeichnis, das im Zusammenhang mit einer umfangreichen Studie der Bachschen Instrumentalmusik entstand, viele Autografe als verschollen angeben, die Schünemann noch vorlagen. Nach Wohlfahrths Veröffentlichung wurden einige weitere Werke des Bückeburgers ausfindig gemacht, so dass ein neues Werkverzeichnis, das in Zusammenhang mit einer Ausstellung in Bückeburg zum 200. Todestag durch das Leipziger Bach-Archiv erstellt wurde und einen neuen Überblick über das derzeit bekannte Werk und die heutige Quellenlage gibt.

Werke

Seine musikalischen Werke erreichten nicht die Bedeutung der seiner Brüder. Er schrieb neben Kammermusikstücken und geistlichen Liedern insgesamt 20 Sinfonien (davon 12 verschollen) und 8 Klavierkonzerte, Oratorien und Opern.

Literatur

  • Carl Friedrich Cramer: Menschliches Leben. Kiel 26. Oktober 1793; hier zitiert nach Dokument Nr. 973 in: Bach-Dokumente, Bd. 3, hg. von Hans-Joachim Schulze [Suppl. zu NBA]. Kassel etc. u. Leipzig 1972
  • Forkel, Musikalischer Almanach für Deutschland auf das Jahr 1782. Leipzig 1781, S. 130
  • Horstig, [Nekrolog] „Johann Christoph Friedrich Bach“. in: Friedrich von Schlichtegroll, Musiker-Nekrologe. neu hrsg. von Richard Schaal, Kassel u. Basel [o. J.], S. 10
  • Georg Schünemann: Johann Christoph Friedrich Bach. In: Bach-Jahrbuch 11 (1914), S. 46-167
  • ders.: Friedrich Bachs Briefwechsel mit Gerstenberg und Breitkopf. In: Bach-Jahrbuch 13 (1916), S. 20-35
  • ders.: Thematisches Verzeichnis der Werke von Johann Christoph Friedrich Bach. In: Denkmäler deutscher Tonkunst I. Folge, Bd. 56, hg. von G. Schünemann, Leipzig 1917; Neuaufl. hg. von Hans Joachim Moser, Wiesbaden u. Graz 1956
  • Hannsdieter Wohlfahrth: Neues Verzeichnis der Werke von Johann Christoph Friedrich Bach. In: Die Musikforschung 13 (1960), S. 404-417
  • ders.: Johann Christoph Friedrich Bach als Instrumentalkomponist. Diss. Univ. Heidelberg 1968; wieder u. d. T.: Johann Christoph Friedrich Bach. Ein Komponist im Vorfeld der Klassik. Bern u. München 1971 (Neue Heidelberger Studien zur Musikwissenschaft; 4.) [Enthält revidierte Werkliste.]
  • Beverly Jung Sing: Geistliche Vokalkompositionen zwischen Barock und Klassik. Studien zu den Kantatendichtungen Johann Gottfried Herders in den Vertonungen Johann Christoph Friedrich Bachs. Baden-Baden 1992. (Sammlung musikwissenschaftlicher Abhandlungen; S. 83.)
  • Thomas Gebhardt: Johann Christoph Friedrich Bach. In: Concerto (1995)

Weblinks

Siehe auch: Liste deutscher Komponisten


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