Bachsöhne

Bachsöhne
Johann Sebastian Bach und seine Söhne Carl Philipp Emanuel, Johann Christian, Wilhelm Friedemann u. Johann Christoph d. J.

Als Bachsöhne werden in der Musikgeschichte die vier Söhne des Komponisten Johann Sebastian Bach bezeichnet, die ebenfalls bekannte Komponisten wurden.

Bach hatte insgesamt 20 Kinder: Fünf Söhne und zwei Töchter aus der ersten Ehe (mit Maria Barbara Bach) sowie sechs Söhne und sieben Töchter aus der zweiten Ehe (mit Anna Magdalena Bach); die Hälfte von ihnen starb aber vor dem 3. Lebensjahr. Diejenigen fünf Söhne, die das Erwachsenenalter erreichten, wurden Musiker, von denen vier als Komponisten zeitweise den Ruhm des Vaters übertrafen und bis heute aufgeführt werden:

Ein weiterer Sohn, Johann Gottfried Bernhard Bach (11. Mai 1715 – 27. Mai 1739), wurde ebenfalls Musiker (Organist 1735/36 in Mühlhausen, 1737/38 in Sangerhausen); von ihm sind jedoch keine Kompositionen überliefert.

Inhaltsverzeichnis

Wilhelm Friedemann Bach

Wilhelm Friedemann Bach, auch „Dresdener Bach“ oder „Hallescher Bach“ genannt, gilt als der begabteste, aber auch unglücklichste der Bachsöhne. Wie seine jüngeren Brüder war er Thomasschüler in Leipzig, studierte dort kurze Zeit und wurde 1733 Organist an der Dresdner Sophienkirche. 1746 folgte seine Berufung als Musikdirektor an die Hallenser Marktkirche Unser Lieben Frauen, wo er bis 1764 wirkte. Seitdem ohne feste Anstellung, brachte er sich durch Konzerte, Unterricht und Komponieren durch. Seit 1770 wohnte er in Braunschweig und zog 1774 nach Berlin, wo er 1784 verarmt starb.

Carl Philipp Emanuel Bach

Carl Philipp Emanuel Bach, auch „Berliner Bach“ oder „Hamburger Bach“ genannt, war zu Lebzeiten berühmter als sein Vater Johann Sebastian. Nach dem Besuch der Lateinschule in Köthen war Carl Philipp Emanuel Bach bis 1734 an der Thomasschule und studierte anschließend in Leipzig und Frankfurt Rechtswissenschaften. Bereits in der Schüler- und Studentenzeit trat er als Instrumentalist und Komponist hervor, wandte sich aber erst später endgültig der Musik zu.

1738 trat er als Cembalist in die Kapelle des damaligen preußischen Kronprinzen Friedrich ein. 1741 erhielt er den Titel „Kammercembalist“. Neben dem Dienst am Hof beteiligte er sich auch an bürgerlichen Musizier- und Gesprächskreisen. Zu seinen Gönnern zählte Prinzessin Anna Amalie von Preußen, die ihn 1767 zu ihrem Kapellmeister ernannte.

Im März 1768 wurde Carl Philipp Emanuel Bach Nachfolger seines verstorbenen Paten Georg Philipp Telemann im Amt des städtischen Musikdirektors und Kantors am Johanneum in Hamburg.

Das kompositorische Schaffen C. Ph. E. Bachs ist außerordentlich umfangreich und vielfältig, wobei die Werke für Klavier im Vordergrund stehen. Es umfasst Sinfonien, Klavierkonzerte, Kammermusik, etwa 200 Klaviersonaten, Passionen, Oratorien und zahlreiche Lieder. Von großer Bedeutung ist C.Ph.E. Bachs zweiteiliges Lehrwerk „Versuch über die wahre Art das Klavier zu spielen“ (1753 und 1762). Als „Clavier-Virtuose“, Lehrmeister und bedeutender Komponist der Frühklassik stand er bei den drei Wiener Klassikern in hohem Ansehen.

Carl Philipp Emanuel Bach starb im Dezember 1788 in Hamburg.

Johann Christoph Friedrich Bach

Johann Christoph Friedrich Bach, auch „Bückeburger Bach“ genannt, war ebenfalls Thomasschüler und kurz Jurastudent. 1751 wurde er Konzertmeister der Bückeburger Hofkapelle von Graf Schaumburg-Lippe und Freund Johann Gottfried Herders, von dem unter anderem Texte für Oratorien und Kantaten stammen. Wilhelm Friedemann hielt ihn für den besten Cembalisten der Familie.

In Bückeberg heiratete er die Hofsängerin, machte die Kapelle zu einer der besten Deutschlands und komponierte Klavier-, Kammermusik, Oratorien und 19 Sinfonien. Der Wechsel des Hofpredigers Herder nach Weimar bremste aber 1776 seine Schaffenskraft, bis J.C.F. Bach in London die Musik Wolfgang Amadeus Mozarts und Christoph Willibald Glucks kennenlernte.

Johann Christian Bach

Johann Christian Bach, auch „Mailänder Bach“ oder „Londoner Bach“ genannt, wurde nach seines Vaters Tod von Carl Philipp Emanuel Bach unterrichtet. Er war in Mailand Domorganist und wirkte als gesuchter Opernkomponist 20 Jahre in London.

Der 8-jährige Mozart lernte Johann Christians Art zu komponieren und dessen Klavierspiel auf dem modernen Pianoforte während seines Londoner Aufenthaltes 1764 kennen, worüber seine Schwester Nannerl berichtete. Als Jugendlicher schrieb Mozart drei Klaviersonaten Johann Christian Bachs zu Klavierkonzerten um; später trafen sich die beiden Komponisten in Paris und tauschten musikalische Ideen aus.

Die Bedeutung der Bachsöhne für die Vorklassik

Spätbarock, Vorklassik und Bachs sinkende Akzeptanz

Ab etwa 1730 – rund 20 Jahre vor dem Tode Bachs und 30 Jahre vor jenem Georg Friedrich Händels – wurde die streng polyphone Musik des Spätbarock zunehmend als zu schwer empfunden. Die neuen Modeströmungen werden als Rokoko bzw. in der Musik entweder als Style galant oder als Vorklassik bezeichnet.

Alle Bachsöhne hingen – freilich individuell verschieden – dieser nach heutiger Sicht frühen Klassik an. Dennoch trugen sie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch ihr Talent und ihre weit verstreuten Wirkungsorte entscheidend dazu bei, ihres Vaters Namen und musikalischen Nachlass lebendig zu halten.

Zum anhaltenden Ruhm Johann Sebastian Bachs, der freilich von einigen der Bachsöhne zeitweilig übertroffen wurde, trugen auch Bachs Schüler bei, von denen Johann Ludwig Krebs der bekannteste ist. Dennoch war Bachs Werk ab etwa 1730 weniger präsent und wurde öffentlich immer seltener aufgeführt.

Der Umschwung zur Leichtigkeit und „Galanter Stil“

Die Komponisten der Vorklassik (etwa 1730 bis 1760) waren bestrebt, den „barocken Schwulst“ durch leichter verständliche, anmutig-leichte Kompositionen zu ersetzen. Dies wurde zu etwa gleichen Teilen von drei Seiten her vorangetrieben:

  • von den vier Bachsöhnen, wobei zum Beispiel Carl Philipp Emanuel Bachs Werke teilweise von Gotthold Ephraim Lessing als „musikalische Ungeheuer“ bezeichnet wurden,
  • von der Mannheimer und Norddeutschen Schule und
  • von der Wiener Schule der Frühklassik.

Stark gefördert wurde die frühe Klassik auch durch den Umstand, dass das Bürgertum für die Kultur zunehmend Bedeutung erlangte und Musik wünschte, die eingängiger und weniger streng war. Dies erfolgte in mehreren Schritten: Rokoko, Rationalismus/Irrationalismus, empfindsamer/galanter Stil und Sturm und Drang. Teilweise trug auch das steigende Interesse an der dramatischer werdenden Oper (siehe Christoph Willibald Gluck) zur Stilwende bei.

Einige Zeichen des frühklassischen Stilwandels

Die Bestrebungen des Style galant und die Merkmale der Vorklassik werden unterschiedlich beschrieben und die gesetzten Epochengrenzen differieren über 10 Jahre. Öfters wird auf das etwa zeitgleiche Rokoko verwiesen, denn auch der neue galante Stil' will sich anmutig-leicht vom „barocken Schwulst“ und seinem Pathos abheben.

Die Bachsöhne stellen dem Affekt und Stil ihres Vaters eine neue Empfindsamkeit entgegen: Durchsichtigkeit für den Zuhörer ist auch ein Hauptanliegen der Mannheimer Vorklassiker. Der dicht polyphone „gelehrte Stil“ (stile grave) wechselt ziemlich abrupt zum homophonen „galanten Stil“ (stile galante). Selbst Vater Bach nannte seine 1731 veröffentlichten Partiten für Klavier Galanterien, um durch Verwendung dieses modischen Etiketts seine Werke besser absetzen zu können.

Der Zeitgeist ließ nun auch bisher verpönte Ideen und eine gewisse Spritzigkeit zu. Die musikalischen Einfälle wurden daher kontrastierend gestaltet, die Dynamik wurde umfassender und machte stärkeren Gebrauch von raschen Änderungen der Lautstärke. Eine Neuerung war die „Mannheimer Rakete“, deren Dynamik in einem sich rasch steigernden Crescendo-Ausbruch bestand. Später erhielt die im Barock noch starre Terrassen-Dynamik weitere Zwischenstufen wie sforzando oder starkes diminuendo.

Auch die Themen der Kompositionen erhielten stärkeren Kontrast, wurden nun eher symmetrisch angelegt und mit Melodiefloskeln angereichert. Gleichzeitig wurde - vor allem durch einige Vertreter der Mannheimer und Wiener Schule - die Sonatenhauptsatzform modernisiert. Ein zweites Thema wurde forciert, der harmonisch ausgreifenderen Durchführung mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

Resümee: Ausdruck nun durch Melodie

Generell ging die frühe Klassik von der polyphonen Verflechtung selbständiger Stimmen ab. Trägerin des Ausdrucks wurde allein die oben aufliegende Melodie, welche meist dreiklangs-gebunden war. Die Satztechnik ging von linear (Kontrapunkt) zu vertikal über, zur Harmoniebildung.

Literatur

  • Percy M. Young: Die Bachs. 1500–1850. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig, 1978
  • Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach. Fischer-Verlag. 2001, ISBN 3763250522
  • Martin Geck: Die Bach-Söhne. rororo Monographie. Rowohlt-Verlag, 2003. ISBN 3499506548

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