Johann Friedrich Erdmann

Johann Friedrich Erdmann
Johann Friedrich Erdmann

Johann Friedrich Erdmann (* 18. Juli 1778 in Wittenberg; † 9. Februar 1846 in Wiesbaden) war ein deutscher Mediziner.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Wittenberger Zeit

Johann Friedrich Erdmann wurde als Sohn des Archidiakonus und Magisters Johann Christoph Erdmann geboren. Unterricht erhielt der aufgeweckte Knabe durch den Vater und den zehn Jahre älteren Bruder, und zwar in den Grundfächern und ersten lateinischen Übungen. An der Lateinschule erweiterte er seine Kenntnisse und erlangte die Befähigung zum Besuch der Universität seiner Vaterstadt.

Zunächst nahm Erdmann das Studium der Theologie mit der Richtung Kirchengeschichte auf; ein Jahr später, 1797 hörte er schon Vorlesungen der medizinischen Fakultät. Zum Doktor der Medizin promovierte er 1802. Der Titel seiner Doktorarbeit lautete: „Utrum aqua per electricitatem columnae a cel. Volta inventae in elementa sua dissolvatur?”. Sie hatte vierzig Seiten in Quart. Schon an dieser Arbeit zeigt sich, wie sehr ihn die Polaritätslehre anzog, die er im Laufe seines Lebens weiter ausbildete und „worin er das geheimnisvolle Agens erkannte, welches unseren Organismus belebt“, wie ein Biograph später formulierte.

Nach dem Studienabschluss ging er auf Reisen, unter anderem kam er nach Wien, wo er bei Peter Frank hörte. Nach 1804 habilitierte Erdmann sich als Professor der Naturwissenschaften; besonders die Botanik interessierte ihn. Erst außerordentlicher, dann ordentlicher Professor der Pathologie und Therapie an der berühmten Alma mater Wittenbergensis, praktizierte er zudem als Kreisamts- und Landphysikus. Die letztgenannte Tätigkeit verlangte von ihm persönlichen Einsatz unter schwierigen Bedingungen. In dieser Zeit trat er 1809 der Leipziger Freimaurerloge "Apollo" bei.

Napoleon bedrückte seit 1806 die Einwohner der Festungsstadt Wittenberg, die nach dem Wiener Kongress 1815 dann an Preußen fiel. Aus Potsdam kam 1817 der Befehl zur Schließung der Hochschule, ihre Vereinigung mit der Universität Halle/Saale. Viele Wittenberger Dozenten wechselten schon vor der Auflösung an andere Hochschulen über oder sie folgten dem Ruf einer ausländischen Universität. Erdmann hatte zu dieser Zeit fortwährenden Ärger um die Beschaffung von Mitteln, die der Erweiterung des von ihm geleiteten klinischen Ambulatoriums dienen sollten. Als ihm das zu viel wurde, nahm er Urlaub, bereiste Oberitalien, die Schweiz und besuchte auch Paris. Als sich in Wittenberg danach der Ärger bei der Geldbeschaffung fortsetzte, zögerte er nicht länger und nahm seinerseits den Ruf an die eben gegründete Universität der tatarischen Gouvernements Hauptstadt Kasan an.

Die Kasaner Zeit

Im März 1810 traf er in dem Wolgastädtchen ein und war dort seit der Eröffnung Dekan der medizinischen Fakultät. Bis zu seinem Abgang im Jahre 1817 hatte er neben seiner Tätigkeit als Hochschulprofessor andere wichtige Ämter inne. So fungierte er als Schulvisitator für die Gouvernements Saratow, Simbirsk, Astrachan und Perm sowie Tobolsk. Neben der gewissenhaften Durchführung seiner Amtsgeschäfte fand er noch Zeit, sich eingehend mit Land und Leuten zu beschäftigen, ihre Sitten und Gebräuche zu studieren und spezielle Krankheiten zu beobachten. Diese Erkenntnisse fanden ihren Niederschlag in drei Büchern.

Da Erdmann die Landessprache nicht beherrschte, hielt er seine Vorlesungen an der Universität auf Lateinisch. Man übertrug ihm die Leitung der Kasaner therapeutischen Klinik, bestellte ihn als Arzt des Gymnasiums. Darüber hinaus betrieb er eine Privatpraxis. Doch auf Dauer vertrug er das Klima der Gegend nicht; ein gichtisch-rheumatisches Leiden untergrub seine Schaffenskraft. Als der Entschluss zur Rückkehr nach Deutschland bereits gefasst war, erreichte ihn ein Ruf an die Universität Dorpat (Tartu). Er verließ 1817 Kasan; ein Jahr danach ernannte ihn der Senat der Universität Kasan zu ihrem Ehrenmitglied.

Die Dorpater Zeit

An der seit 1632 bestehenden Dorpater Universität — dem „Kopf Estlands" – nahm nun der Doktor Erdmann als ordentlicher Professor für Pathologie, Semiotik, Therapie und Klinik seine Tätigkeiten auf. Daneben betrieb er nur eine bescheidene Privatpraxis, allerdings größere Forschungen und schriftstellerische Arbeiten. Weil auch in Dorpat sein Gesundheitszustand sich nicht besserte, verließ er nach fünfjähriger erfolgreicher Arbeit den Platz und ging auf Urlaub nach Sachsen, wo er ab 1823 für vier Jahre königlich-sächsischer Leibarzt sowie Hof- und Medizinalrat in Dresden wurde. Der Hofdienst behagte dem Mann nicht. Er beschloss, doch noch einmal nach Dorpat zu reisen.

Ungeachtet eines inzwischen festgestellten Herzfehlers erweiterte er seine Tätigkeit, wurde noch Professor der Diätetik, Arzneimittel-Lehre und Geschichte der Medizin. Eine besondere Ehre war es für ihn, die Dorpater Hochschule auf der Zweihundertjahrfeier der Universität Helsingfors (Helsinki) repräsentieren zu dürfen. Acht Jahre leistete er als Dekan der medizinischen Fakultät, Leiter des Professoren-Instituts und Gründer der pharmakologischen Sammlung eine enorme Arbeit. Fortschreitende Krankheit zwang ihn 1842, aus dem Dienst zu scheiden. Hoch geehrt verließ der Wissenschaftler Russland, und wählte, auf Linderung seiner Leiden hoffend, Wiesbaden am Rhein zu seinem Wohnsitz, wo er verstarb.

Wissenschaftliche Leistungen

Erdmann gehört zu den Dozenten die den Ruf der Wittenberger Universität, die durch hervorragende wissenschaftliche Arbeiten über Ländergrenzen getragen haben, als Repräsentant einer gründlichen und allumfassenden Gelehrsamkeit. Er verfasste über 40 wissenschaftliche Veröffentlichungen, so beispielsweise über die Klumpfüße bei Neugeborenen, über Wechselfieber und zu seinem Spezialgebiet, der Polarisationslehre.

Literatur

  • Isidorus Bennsohn: Die Ärzte Livlands von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. E. Bruhns, Riga 1905
  • Walter Friedensburg: Geschichte der Universität Wittenberg. Niemeyer, Halle a. S. 1917
  • Heinrich Kühne: Beliebter Arzt in Kasan und Dorpat
  • Dr. Bertram [das ist: Georg Julius Schultz]: Dorpats Größen und Typen vor vierzig Jahren. Gläser, Dorpat 1868

Weblinks


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