Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf

Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf
Dieser Artikel behandelt den Verleger Johann Friedrich Cotta (1764–1832). Für den Theologen Johann Friedrich Cotta (1701–1779) siehe Johann Friedrich Cotta (Theologe).
Johann Friedrich Freiherr von Cotta (Lithographie, um 1830)
J. F. Cottas Ehefrau Wilhelmine (Portrait von Christian Gottlieb Schick, 1802)

Johann Friedrich Cotta, später geadelt zu Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf (seit 1817 Cotta von Cottendorf, seit 1822 Freiherr), (* 27. April 1764 in Stuttgart, † 29. Dezember 1832 in Stuttgart) war ein deutscher Verleger, Industriepionier und Politiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben und verlegerisches Wirken

Er studierte Mathematik, Geschichte und Jura. 1787 übernahm er das 1659 in Tübingen gegründete Familienunternehmen, die Cotta'sche Verlagsbuchhandlung, und baute es zum bedeutendsten Verlag der deutschen Klassik (Johann Wolfgang Goethe, Friedrich Schiller) aus. Weitere Autoren bei Cotta waren Hölderlin, Hebel, Uhland, Schwab, Schelling, Fichte, Pestalozzi, Kleist, Annette von Droste-Hülshoff, Alexander von Humboldt, Jean Paul, Hegel, Herder und J.G.F. Bohnenberger.

Cotta verlegte u. a. die Zeitungen Die Horen, den Musen-Almanach, die Allgemeine Zeitung, das Morgenblatt für gebildete Stände (1816–1849 mit der Beilage Kunst-Blatt) und das Literaturblatt sowie die Frauenzeitschriften Amaliens Erholungsstunden und Flora.

Am 19. Juli 1796 wurde in Tübingen sein Sohn Johann Georg geboren.

1814 war Cotta Deputierter beim Wiener Kongress, wo er – angesichts der von Napoléon Bonaparte eingeführten Zensurmaßnahmen und Schutzzölle – für die Unabhängigkeit des deutschen Buchhandels eintrat.

Cotta setzte sich für die Verbreitung der Lithographie ein und gründete seine Pressemacht auf den Einsatz von Dampfmaschinen.

Seit 1822 führte er in Verbindung mit dem Maschinenbauer John Cockerill (1790–1840) und verschiedenen Geldgebern die Dampfschiffahrt im Rhein-, Main-, Donaugebiet ein, die er mit den betreffenden Regierungen regulierte und als Europäisches Wasserstraßennetz mit Überseeanschluß zu erweitern suchte. Durch die Wirtschaftskrise vom Herbst 1825 kam das Gesamtprojekt zum Erliegen, während die dazugehörigen Regionalprojekte stagnierten.

Die Bodenseeschiffahrt

1824 führte er in Verbindung mit Edward Church, dem damaligen Konsul der Vereinigten Freistaaten von Amerika in Bordeaux, und König Wilhelm I. von Württemberg die Dampfschifffahrt auf dem Bodensee ein. Edward Church hatte bereits im Mai 1823 in Genf das erste Schweizer Dampfboot „Guillaume Tell“ für den Genfersee gebaut. In den folgenden Jahren erhielt Church weitere Dampfbootaufträge für den Bielersee, den Neuenburgersee und den Zürichsee.

Von Cotta und Church, letzterer wurde in einem Zeitungsartikel auch „Direktor der Dampfschiffswerften am Bodensee“ genannt, hatten sich parallel zu den Vorbereitungen in Württemberg auch in Bayern um das Privileg zum Bau und Betrieb eines Dampfschiffes auf 12 Jahre bemüht. So wurden auf dem Friedsrichshafener Schiffsholm gleichzeitig zwei Dampfschiffe gebaut: das württembergische Dampfschiff „Wilhelm“ sowie Cottas und Churchs „Max Joseph“. Beide Schiffe wurden 1824 im Abstand von wenigen Wochen in Dienst gestellt.

Obwohl im Besitz des bayerischen Schifffahrtspatentes und obwohl das Schiff für Lindau gebaut war, konnte Cottas „Max Joseph“ in Bayern nie Fuß fassen. Denn anders als der württembergische König konnte oder wollte sich die Königlich Bayerische Regierung nicht gegen die Interessen der hartnäckigen Lindauer Schifferzunft für die verbrieften Rechte der neuen Dampfgesellschaft einsetzen. Cotta konnte seinen Betriebsstützpunkt Lindau nicht halten. Er versuchte daraufhin am badischen Bodenseeufer Fuß zu fassen. Auch hier stieß er auf den erbitterten Widerstand der alteingesessenen Schiffergilden.

Nach kaum sechsjährigem Betrieb und in den Verbänden weich gerüttelt durch die Erschütterungen der Dampfmaschine, musste die „Max Joseph“ 1829 wegen Unrentabilität außer Dienst gestellt werden und wurde bald darauf zum Abbruch verkauft. Zuvor hatten von Cotta und Church vergeblich versucht, das Schiff zu einem Spottpreis an die bayerische Regierung zu verkaufen.

Aus Cottas Briefen geht hervor, dass ihm sein Misserfolg auf dem Bodensee die letzten Lebensjahre so stark wie kaum etwas anderes in seinem Leben verbitterte.

Zollvereinspolitik

Cotta war von 1815 bis 1819 Mitglied der Ständeversammlungen und von 1819 bis 1831 der Zweiten Kammer des Landtags in Stuttgart. Durch sein Verhandlungsgeschick, seine Verbindungen und sein persönliches Engagement trug Cotta wesentlich dazu bei, dass 1824 der württembergisch-hohenzollersche Zollverein und 1828 der bayerisch-württembergischen Zollverband zustande kamen. Im Jahr 1829 schließlich war er erneut als Vermittler tätig. Dies führte zu einer Annäherung des süddeutschen Zollvereins und des preußisch-hessischen Zollvereins. Die Einigung war eine der zentralen Voraussetzungen für die Entstehung des Deutschen Zollvereins.

siehe auch

Belege und weiterführende Informationen

Literatur

  • Enrica Yvonne Dilk: „… die Sorge um das Kunstblatt …“ Wilhelm Hauffs und Ludwig Schorns Briefe aus den Jahren 1826/27 über die Fernredaktion des [Johann-Friedrich-] Cottaschen Journals. Ein Beitrag zum 200. Geburtstag Wilhelm Hauffs. In: Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik. Nr. 423. Heinz, Stuttgart 2004/2005, ISBN 3-88099-428-5, S. 277–293
  • Bernhard Fischer (Ed.), Deutsches Literaturarchiv (Hrsg.): Der Verleger Johann Friedrich Cotta – Chronologische Verlagsbibliographie 1787–1832. K. G. Saur, München 2003, ISBN 3598116322
  • Bernhard Fischer: Die Verleger Johann Friedrich und Georg von Cotta auf Dotternhausen. Deutsche Schillergesellschaft, Marbach am Neckar 2000
  • Bernhard Fischer: Friedrich Schiller und Johann Friedrich Cotta. Paulinus, Trier 2006
  • Hans-Joachim Lang: Im Foyer der Revolution. Verlag Schwäbisches Tagblatt, Tübingen 1998
  • Liselotte Lohrer: Cotta – Geschichte eines Verlags, 1659–1959. Stuttgart 1959
  • Helmuth Mojem: Der Verleger Johann Friedrich Cotta. Deutsche Schillergesellschaft, Marbach am Neckar 1998
  • Roger Münch: Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Hänsel-Hohenhausen, Egelsbach bei Frankfurt am Main 1993
  • Monika Neugebauer-Wölk: Revolution und Constitution – die Brüder Cotta. Colloquium-Verlag, Berlin 1989
  • Albert Schäffle: Cotta. Berlin 1895
  • Rudolf Schmidt: Cotta, Johann Friedrich Freiherr von. In: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker – Beiträge zu einer Firmengeschichte des deutschen Buchgewerbes. Berlin/Eberswalde 1902–1908, S. 147–157
  • August Ludwig Reyscher: Cotta, Johann Friedrich, Freiherr v. Cottendorf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 4, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 527–533.
  • Liselotte Lohrer: Cotta v. Cottendorf, Johann Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, S. 376–379.

Siehe auch

Weblinks


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