Johann Georg Edlinger

Johann Georg Edlinger
Selbstbildnis, 1786

Johann Georg Edlinger (* 1. März 1741 in Graz; † 15. September 1819 in München) war ein österreichischer Maler. Laut Thieme-Becker lautet sein richtiger Name "Josef Georg (von) Edlinger". Unbestritten ist allerdings seine Bedeutung als Porträtist seiner Zeit in der südlichen Hälfte des deutschen Sprachraums.

Edlinger war der Sohn des Gärtners Josef Edlinger und dessen Ehefrau Therese. Schon früh wurden seine kreativen Fähigkeiten erkannt und Edlinger bekam an der Lateinschule seiner Heimatstadt den ersten künstlerischen Unterricht. Um 1752 wurde er Lehrling des Grazer Kirchenmalers Embert. Mit 17 Jahren verließ er die Werkstatt seines Lehrherrn und durchwanderte die folgenden drei Jahre Österreich und Ungarn. Anschließend kehrte er nach Graz zurück.

1765 ging er nach Wien und wurde dort Mitarbeiter im Atelier des Malers Tuchmeyer. Durch dessen Verbindungen kam Edlinger Ende 1774[1] nach München an die Königliche Zeichenschule und wurde Schüler des Hofmalers Franz Ignaz Oefele. Im Gegensatz zu Wien, wo sich Edlinger eher dem Rokoko verschrieben hatte, sah er nun sein Vorbild im Werk des schwedischen Malers George de Marées.

Edlinger entwickelte den Stil des späten Marées weiter; der Höhepunkt dieses Strebens war ein Porträt von Elisabeth Auguste von der Pfalz, der Ehefrau des Kurfürsten Karl Theodor. Aber es dauerte noch bis 1781, bis Edlinger zum "königlich bayerischen Hofmaler" ernannt wurde. Als solcher bekam Edlinger bald Aufträge von den Höfen in Augsburg, Mannheim, Stuttgart u.v.a.

Bereits 1775 heiratete Edlinger in München Maria Anna Barbara Welser und hatte mit ihr sechs Kinder. Sein Ideal einer realistischen Porträtmalerei brachte ihn jedoch im Laufe der Zeit in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Nach der Ablösung der sogenannten Sturm und Drang-Periode durch den Klassizismus sank die Nachfrage nach ungeschminkten Porträts rapide, und Edlinger war zu "eigenwillig", um sich diesem Wandel anzupassen. Im Alter von 78 Jahren starb er am 15. September 1819 in München in tiefer Armut.

Obwohl Edlinger als Vertreter des Klassizismus Kollegen wie Andreas Seidl, Joseph Hauber oder Caspar Gerhard Klotz übertraf, steht er in der Landschaftsmalerei doch sehr in der Nähe von Johann Georg von Dillis. Lorenz Westenrieder lobte Edlinger seiner realistischen Tendenzen wegen als "… unstreitig besten Porträtmaler in Deutschland".

Der „Edlinger-Mozart“

„Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791); um 1790.“ (offizieller Titel laut Bestandskatalog der Berliner Gemäldegalerie seit 2002 (Detail)

Johann Georg Edlinger schuf vermutlich 1790 in München ein Porträt, das im Katalog der Berliner Gemäldegalerie bis 2002 unter dem Titel „Herr im grünen Frack“ verzeichnet war. Seit 2002 ist der offizielle Titel des Bestandskataloges "Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791); um 1790". Der Kunsthistoriker Rolf Schenk entdeckte dieses Werk bei Recherchen zu seiner Dissertation im Depot der Berliner Gemäldegalerie und konnte es sicher Edlinger zuschreiben. 1995 bemerkte Wolfgang Seiller, ein Nachkomme Edlingers, eine Ähnlichkeit der dargestellten Person mit derjenigen auf dem Bologna-Porträt von W. A. Mozart, dessen Authentizität bewiesen ist. Im Jahr 2000 wurde ein Bericht hierzu im Mozart-Jahrbuch veröffentlicht. Rolf Schenk, der inzwischen im Bereich der Kunstgeschichte als der führende Edlinger-Experte galt, bestätigte 2005 die Mozart-Zuordnung. Martin Braun (2006) hat in einer statistischen Untersuchung von Gesichtsmerkmalen dargelegt, dass das Porträt mit einer Wahrscheinlichkeit von 10.000.000 zu eins dieselbe Person zeigt wie auf dem bekannten Mozart-Porträt in Bologna.

Im Gegensatz dazu wurde von Richard Bauer die Ansicht vorgetragen, es handele sich hier um ein Porträt des Kaufmanns und Münchner Stadtrates Joseph Anton Steiner (1753–1813).

2006 wurde die Mozart-Zuordnung von vier namhaften Kunsthistorikern an der staatlichen Österreichischen Galerie in Wien bestätigt, und zwar von Gerbert Frodl, Sabine Grabner, Michael Krapf, und Udo Felbinger. Die alternative Hypothese der Kaufmann-Zuordnung wurde bislang von keinem Kunsthistoriker unterstützt, was auch in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist, seit Braun und Michaelis 2006 herausfanden, dass sie auf einem technischen Versehen beruhte.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Schmidt: Edlinger, Johann Georg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 648.

Literatur

  • Wilhelm Schmidt: Edlinger, Georg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 648.
  • Brigitte Huber: Edlinger, Georg. In: Allgemeines Künstlerlexikon (AKL). Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker. Bd. 32, Saur, München 2002, S. 182
  • Erika Hanfstaengl: Edlinger, Georg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, S. 316 f.
  • Lili C. Heinemann: Johann Georg Edlinger. Ein Münchener Porträtist von Ende des 18. Jahrhundert, Univ. Diss., München 1923
  • Rolf Schenk: Der Porträtmaler Johann Georg Edlinger. Monographie und Werkskatalog, Uni-Druck, München 1983, ISBN 3-87821-181-3, zugl.: München Univ. Diss. 1981
  • Rainer Michaelis, Wolfgang Seiller: Ein unbekanntes Bildnis Wolfgang Amadeus Mozarts in der Berliner Gemäldegalerie, in: Mozart-Jahrbuch 1999 des Zentralinstitutes für Mozartforschung der Internationalen Stiftung Mozarteum Salzburg, Bärenreiter Verlag, Kassel, 2000, S. 1-12
  • Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Rainer Michaelis (Hrsg.): Die deutschen Gemälde des 18. Jahrhunderts. Kritischer Bestandskatalog. Berlin 2002, Kat.-Nr. 2097, S. 82-85.
  • Martin Braun: Das letzte Portrait von Wolfgang Amadeus Mozart: Ein biometrisch-statistischer Vergleich. In: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin (Hrsg.), Das Mozartportrait in der Berliner Gemäldegalerie. Staatliche Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Berlin 2006, S. 19-22. [1]
  • Johann Georg Edlinger. In: Ulrich Thieme, Felix Becker u. a.: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Band X, E. A. Seemann, Leipzig 1914, S. 343
  • Richard Bauer: Der "Berliner Mozart" Notwendiger Widerspruch gegen eine Weltsensation, in: Acta Mozartiana 2005 [2]
  • Rolf Schenk: Ist es Mozart oder nicht?, in DIE ZEIT Nr. 24 vom 9. Juni 2005
  • Ute Stehr: Die Restaurierung des Gemäldes. In: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin (Hrsg.), Das Mozartportrait in der Berliner Gemäldegalerie. Staatliche Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Berlin 2006, S. 23-31.
  • Sabine Grabner, Michael Krapf (Hrsg.), Aufgeklärt Bürgerlich - Porträts von Gainsborough bis Waldmüller 1750–1840, Hirmer Verlag, München 2006.
  • Martin Braun, Rainer Michaelis, "Edlinger Mozart" und "Edlinger Steiner" sind zwei Portraits: Zwingender technischer Beweis [3].

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