Johann II. (Liechtenstein)

Johann II. (Liechtenstein)
Johann II. im Jahre 1908 (auf einem Gemälde von John Quincy Adams)

Johann II. Maria Franz Placidus (* 5. Oktober 1840 im Schloss Eisgrub; † 11. Februar 1929 im Schloss Feldsberg), genannt der Gute, war von 1858 bis zu seinem Tode Fürst von Liechtenstein.

Während seiner außerordentlich langen Regierungszeit – er übernahm die Regierung, als in Preußen Friedrich Wilhelm IV. regierte, und war immer noch Herrscher, als dort Otto Braun als Ministerpräsident amtierte – wurde sowohl 1862 eine konstitutionelle Verfassung in Kraft gesetzt als auch 1921 die Verfassung auf parlamentarisch-demokratischer Grundlage.

Der Fürst förderte Kunst und Wissenschaft in seinem Land und leitete erste Modernisierungen des bäuerlich geprägten Staates ein.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Prinz Johann Maria Franz Placidus wurde nach fünf älteren Schwestern als Sohn von Fürst Alois II. Josef (1796-1858) und seiner Gattin Gräfin Franziska Kinsky von Wchinitz und Tettau (1813-1881) geboren. In Franz erhielt er später einen dreizehn Jahre jüngeren Bruder. Johann Maria erlangte früh Kenntnisse in der englischen, französischen, italienischen und tschechischen Sprache. In seiner Kindheit gab seine labile Gesundheit oft Anlass zur Besorgnis.

Fürst Johann II. blieb zeitlebens unvermählt.

Seine Geschwister waren:

Regentschaft

Johann II. um 1870. Fotografie

Nach umfassender Ausbildung durch ausgewählte Hauslehrer und einem Besuch der Universität in Bonn und von technischen Vorlesungen in Karlsruhe übernahm er noch vor Beendigung seiner Studien mit achtzehn Jahren die Stellung als Majoratsherr und souveräner Fürst von Liechtenstein, übertrug aber 1859-1860 die Regentschaft auf seine Mutter Franziska. Er machte ausgedehnte Reisen durch Europa, erweiterte die liechtensteinischen Kunstsammlungen, förderte Botanik, Archäologie und Geographie. 1859 besuchte er auch sein Land Liechtenstein, ordnete eine allgemeine Schulpflicht bis zum 14. Lebensjahr an und unterzeichnete am 26. September 1862 die erste Verfassung des Fürstentums. Beim Fürstentag von Frankfurt am 16. August 1863 war er als Vertreter seines Landes anwesend, obwohl er als fast krankhaft menschenscheu galt. 1866 mobilisierte er letztmals das liechtensteinische Militär und löste das Kontingent am 12. Februar 1868 auf. Zu seinem 50. Regentschaftsjubiläum ließ er die Jubiläums-Erinnerungs-Medaille ausgeben.

Fürst Johann II. leitete in seiner 71-jährigen Regentschaft die Modernisierung des agrarisch orientierten Fürstentums ein: Ab 1869 war Liechtenstein mit dem Morse-Telegraphen, dem damals modernsten und raschesten Nachrichtenmittel, an die Welt angeschlossen. 1898 folgte das Telefon. 1887 erhält Liechtenstein einen Bahnanschluss. Im Großen Krieg von 1914 hielt der Fürst das Fürstentum in der Neutralität. 1918 erlebte er, wie die österreichisch-ungarische Monarchie unterging und Teile des nordmährischen Familienbesitzes dem neuen Staat Tschechoslowakische Republik einverleibt wurden. 1919 kündigte er den Zollvertrag von 1852 mit Österreich. Zu seinem 81. Geburtstag am 5. Oktober 1921 erliess Fürst Johann II. eine neue Verfassung für das Fürstentum, die seither gültig ist. Nach einem Postvertrag 1920 mit der Schweizer Eidgenossenschaft schloss er mit dieser 1923 auch einen Zollvertrag ab. Seit 1924 ist die schweizerische Währung anstelle der österreichischen das offizielle Zahlungsmittel im Fürstentum. Seit 1922 verbinden Postautolinien (Buslinien) die liechtensteinischen Landschaften.

Titel, Anrede und Wappen

Der volle Titel des Fürsten war Fürst von und zu Liechtenstein, Herzog von Troppau und Jägerndorf“, Graf zu Rietberg, Regierer des Hauses von und zu Liechtenstein.

Alle Mitglieder des Hauses haben seit kaiserlicher Verleihung des Prädikats vom 3. Juni 1760 die Anrede Durchlaucht (Schriftform: S.D.) und führen das Wappen der Fürstlichen Familie.

Johann II. war seit 1862 der 987. Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, österreichischer Verleihung.

Grabstätte

Liechtenstein-Gruft in Wranau

Fürst Johann II. wurde in der Neuen Gruft der liechtensteinischen Familiengruft in Wranau, nördlich von Brünn, beigesetzt.

Die dankbare Bevölkerung des Fürstentums errichtete an der mit seiner Hilfe erbauten Pfarrkirche von Schaan ein Denkmal, das zusammenfasst, wie das Volk ihn sah:

Dem Vater des Volkes -
Dem Helfer der Armen -
Dem Freund des Friedens -
Dem Hirten der Kunst -
Fürst Johann dem Guten 1840-1858-1929

Literatur

  • Deutsches Adelsarchiv e.V. (Hrsg.): Genealogisches Handbuch des Adels (GHdA). Genealogisches Handbuch der Fürstlichen Häuser. Fürstliche Häuser Band XIV. C.A. Starke Verlag Limburg a.d.Lahn, 1991, (GHdA Band 100), S. 65-84.
  • Wilhelm Karl Prinz von Isenburg: Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten. Band I. Die deutschen Staaten. 2.verbesserte Auflage. J.A.Stargardt Verlag, Marburg 1953, Tafeln 175-179.
  • Detlef Schwennicke (Hrsg.): Europäische Stammtafeln. Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten. Neue Folge (EST NF), Band III / 1. J.A.Stargardt Verlag, Marburg, (EST NF III/1) Tafeln 30-39.
  • Norbert Jansen: Franz Josef II. Regierender Fürst von und zu Liechtenstein. Festschrift zum 40.Regierungsjubiläum S.D. . Amtlicher Lehrmittelverlag, Vaduz 1978. (mehrsprachige Ausgabe deutsch-englisch-französisch).
  • Harald Wanger: Die regierenden Fürsten von Liechtenstein. Frank P.van Eck Verlagsanstalt, Triesen 1995, ISBN 3-905501-22-8.
  • Verfassung des Fürstentums Liechtenstein vom 5.Oktober 1921. In: Liechtensteinisches Landesgesetzblatt, Jahrgang 1921, Nr. 15, Ausgabe vom 24. Oktober 1921.

Weblinks

 Commons: Fürst Johann II. von und zu Liechtenstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Vorgänger Amt Nachfolger
Alois II. Fürst von Liechtenstein
1858–1929
Franz I.

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