- Johannes Haller
-
Johannes Haller (* 16. Oktober 1865 in Keinis, Dagö, Estland; † 24. Dezember 1947 in Tübingen) war ein deutscher Historiker.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Haller studierte 1883–88 Geschichte an der Universität Dorpat, wo er der Corporation Estonia angehörte, war anschließend Hauslehrer in Estland und Livland und setzte 1890 seine Studien an den Universitäten Berlin und Heidelberg fort (Promotion 1891). 1892–97 Mitarbeiter des Preußischen Historischen Instituts in Rom, habilitierte er sich 1897 in Basel und wurde nach einem weiteren Aufenthalt in Rom 1901/02 außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Marburg, 1904 ordentlicher Professor und Direktor des Archäologischen Instituts. 1904–13 lehrte er an der Universität Gießen, danach bis zu seiner Emeritierung 1932 in Tübingen. Haller befasste sich ursprünglich vor allem mit mittelalterlicher Kaiser- und Papstgeschichte. Sein Hauptwerk „Das Papsttum. Idee und Wirklichkeit“ (3 Teile, 1934–45) blieb unvollendet (reicht bis zum Jahr 1316). Aber Haller beschäftigte sich auch mit der Gegenwart. Er war ein Bewunderer Bismarcks. Im ersten Weltkrieg war Haller für weitreichende Annexionen gegenüber Russland eingetreten. Als deutschnationaler Kritiker der Weimarer Republik veröffentlichte er unter anderem Die Epochen der deutschen Geschichte (1923). Die Beseitigung der Republik von Weimar war Haller ein Anliegen. Haller hatte das Aufkommen des Nationalsozialismus mit Hitler begrüßt. Er unterstützte die nationalsozialistische Expansionspolitik vor allem auch gegenüber Polen, Frankreich und Russland. Das Buch Epochen der deutschen Geschichte wurde in den 1930 und 1940er Jahren in Neuausgaben an den Stand der Nationalsozialistischen Expansion angeglichen. Haller war ein Vertreter der Kulturträgertheorie (entstanden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts), die besagt: Deutschland hat ein dauerhaftes Besitzrecht auf die durch die polnischen Teilungen erlangten Gebiete, weil diese erst durch die Deutschen kultiviert worden sind. Dadurch wurde den Polen nationale Eigenständigkeit abgesprochen und der Annexionspolitik des NS-Staats Vorschub geleistet. [1]
Auswahl seiner Werke
- Lebenserinnerungen : Gesehenes, Gehörtes, Gedachtes. Kohlhammer, Stuttgart 1960
- Das altdeutsche Kaisertum. Letzte Auflage 1944.
- Wendepunkte der deutschen Geschichte, Schaffstein, Köln 1934. Bis 1944 Neuausgaben, die eine sich mehrmals ändernde positive Sicht Hitlers enthielten. Zuletzt als Feldpostausgabe Gesamtauflage 99.000 Exemplare.
- Das Papsttum. Idee und Wirklichkeit. In vier Bänden ab 1934 bis 1945 bei Cotta, Stuttgart; verbesserte und ergänzte Ausgabe in 5 Bänden (Band 1: Die Grundlagen., Band 2: Der Aufbau., Band 3: Die Vollendung., Band 4: Die Krönung., Band 5: Der Einsturz.) 1950 bis 1953 im Port Verlag, Urach und Stuttgart (ab 1951 nur Stuttgart), nach Aufzeichnungen des Autors herausgegeben von Heinrich Dannenbauer.
- Tausend Jahre deutsch-französischer Beziehungen. J.G. Cottasche Buchhandlung Nachf., Stuttgart 1930
- Die Epochen der deutschen Geschichte. J.G. Cottasche Buchhandlung Nachf., Stuttgart 1923. Im Nationalsozialismus mehrere erweiterte und erneuerte Ausgaben, so 1934, 1936, 1939, 1940, 1941 und 1942 - darunter Sonderausgaben für den Dienstgebrauch in der HJ und für den Frontbuchhandel. Auflage bis 1943 125.000. Nach dem Endes des Nationalsozialismus erschien eine Neuauflage im Port-Verlag Stuttgart im Jahre 1950. Davon gab es mehrere weitere Auflagen zuletzt im Magnus-Verlag Essen 1984. Dieser Text war in wesentlichen Stellen verändert. Es waren ohne weitere Erklärung die nationalsozialistischen und revanchistischen Textstellen ausgelassen worden. Es war auch nicht ersichtlich, wer diese Änderungen zu verantworten hatte.
- Les grandes Époques de l'histoire allemande . Eine französische Version der Epochen der deutschen Geschichte übersetzt von J. Gaudefroy-Demombynes in der Édition Balzac im von den Deutschen besetzten Paris 1943. Diese war durch die deutschen Besatzungsbehörden veranlasst worden. ( Es wurden im Wesentlichen nur Werke in Auftrag gegeben, die geeignet waren, bei den Franzosen das Verständnis für die deutsche Politik zu verbessern - also Propagandazwecke )
- Deutschlands Stellung an der Ostsee. Siegismund , Berlin 1918
- Deutschland und Rußland. Kloeres, Tübingen 1915
- Der Ursprung des Weltkriegs. Kloeres, 2. Auflage, Tübingen 1915
- Warum und wofür wir kämpfen . Kloeres Tübingen 1914. Vortrag, geh. am 3. Dez. 1914 in Tübingen
- Papsttum und Kirchenreform : 4 Kap. zur Geschichte d. ausgehenden Mittelalters. Weidmann Verlag, Berlin, Zürich, Dublin 1966 2. unveränd. Aufl., unveränd. Nachdr. d. 1. Aufl. 1903
Einzelnachweise
- ↑ Hans Erich Volkmann, Als Polen noch der Erbfeind war:Zum 50. Todestag des politischen Historikers Johannes Haller. Zeit 51/1997 s. Online Link in Rubrik Literatur
Literatur
- Heribert Müller, Eine gewisse angewiderte Bewunderung: Johannes Haller und der Nationalsozialismus. In Wolfram Pyta, Ludwig Richter (Hrsg.): Gestaltungskraft des Politischen. Festschrift für Eberhard Kolb. Duncker und Humblot, Berlin 1998, ISBN 3-428-08761-5 (Historische Forschungen 63) Seite 443 - 482.
- Hans-Erich Volkmann: Als Polen noch der Erbfeind war. Zum 50. Todestag des politischen Historikers Johannes Haller (Reihe "Zeitläufte"). In: Die Zeit, 12. Dezember 1997. In: Die Zeit, 12. Dezember 1997].
Weblinks
- Literatur von und über Johannes Haller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Veröffentlichungen von und über Johannes Haller im Opac der Regesta Imperii
- Christian Kleinert, Johannes Haller (1865-1947): Historie und Politik vom Kaiserreich bis zum Nationalsozialismus. Einführungstext zur Haller-Edition am Historischen Seminar der Universität Frankfurt. http://www.geschichte.uni-frankfurt.de/ma/forschung/haller/index.html.
- Friedrich Wilhelm Bautz: Johannes Haller. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 494.
- Johannes Schellakowsky: Biographie von Johannes Haller
- Entnazifizierungsakte Johannes Haller als digitale Reproduktion im Online-Angebot des Staatsarchivs Sigmaringen
Wikimedia Foundation.