- Baltische Corporation Estonia Dorpat
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Die Baltische Corporation Estonia Dorpat (estnisch: Korporatsioon Estonia) war eine Baltische Studentenverbindung im damals zu Russland gehörenden livländischen Tartu (deutsch Dorpat). Sie wurde am 7. September 1821 an der deutschsprachigen Kaiserlichen Universität zu Dorpat (heute Universität Tartu) gegründet.
Inhaltsverzeichnis
Couleur
Die Estonia führte die Farben grün-violett-weiß und trug moosgrüne Mützen (nach Dorpater Brauch „Deckel“ genannt).[1] Der Wahlspruch der Estonia war Virtus decus Estonorum! („Tugend ist die Zier der Estländer!“).
Geschichte
Dorpater Studenten hatten bereits 1810 eine Studentenverbindung mit dem Namen Estonia gegründet. Diese bestand jedoch nur ein Jahr und verschmolz 1811 mit der bereits seit längerem bestehenden Vereinigung Allgemeinheit Dorpat. Mitglieder dieser Allgemeinheit gründeten am 7. September 1821 die Corporation Estonia. In der Corporation sammelten sich die vornehmlich deutschbaltischen Studierenden der russischen Ostseeprovinz Estland, des nördlichen Teils des heutigen Estland, die in Tartu eingeschrieben waren.
Das Leben der dörptschen Studentenverbindung war von Bildern der Romantik bestimmt und nie so straff durchorganisiert wie das der deutschen Corps.
Verbindungshaus
1883 beschloss die Corporation den Bau eines eigenen Hauses am damaligen Stadtrand von Tartu. Im April 1885 wurde der Grundstein gelegt. Das Verbindungshaus nach den Plänen des deutschbaltischen Architekten Reinhold Guleke (1834-1927) konnte bereits im August 1886 feierlich eingeweiht werden. Während des Ersten Weltkriegs beschlagnahmte die zaristische Armee das Haus. Nach dem Estnischen Freiheitskrieg (1918-1920) gab die Studentenverbindung den Besitz an dem Gebäude ab, das sich in sehr schlechtem Zustand befand. In das Haus zog Anfang der 1930er Jahre die Studentenverbindung Rotalia zur Miete ein, die das Haus kurze Zeit später käuflich erwarb.[2]
1887 gelang es der Estonia, zusätzlich die Liegenschaft Wallgraben 9 (estnisch Vallikraavi 9) in Dorpat zu erwerben und zum Verbindungshaus umzugestalten. Heute befindet sich in dem Gebäude die Klinik für Hämatologie und Onkologie des Universitätskrankenhauses Dorpat.
Auflösung
Am 15. Oktober 1939 stellte die Corporation in Dorpat ihren Aktivenbetrieb ein, als die Deutsch-Balten durch die Abmachungen aus dem Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag umgesiedelt wurden.
Philister der Estonia unterstützten in der Nachkriegszeit die Baltische Corporation Fraternitas Dorpatensis zu München und beteiligten sich 1959 an der Gründung des Corps Curonia Goettingensis.
Bedeutende Mitglieder
- Karl Ernst von Baer (1792–1876), Naturforscher, Professor in Königsberg und St. Petersburg.
- Johannes Beermann (Bischof) (1878-1958), Bischof von Danzig und Westpreußen
- Gustav Baron Girard de Soucanton, Theologe, 1948-1950 Pfarrer in Lager Friedland, ab 1957 in Rommerskirchen
- Johannes Haller (1865-1947), Historiker in Tübingen
- Werner Hasselblatt (1890-1958), Jurist und Politiker in Estland
- Nikolai Hoeppner, Theologe, Pastor in Wewelsburg, seit 1951 in Schlüsselburg an der Weser
- Carl Hunnius (1873-1964), Theologe und Pädagoge, bis 1944 Direktor der Baltenschule Misdroy und seit 1946 in Wyk auf Föhr
- Philipp Jakob Karell (1806-1886), Leibarzt von Zar Alexander II., Mitglied der Petersburger Patrioten.
- Herbert Knüpffer, Arzt, 1954 Gründer der Privat-Frauenklinik Dr. Knüpffer in Schweinfurt
- Friedrich Reinhold Kreutzwald (1803–1882), Autor des estnischen Nationalepos Kalevipoeg.
- Walter von Lingen, Theologe, 1934-1945 Pastor in Hermsdorf (Ostpreußen)
- Heinz von zur Mühlen (1914-2005), deutsch-baltischer Historiker
- Konrad von zur Mühlen (1868-1945), Pastor und Schriftsteller
- Hermann Adolf Alexander Schmidt (1831-1894), Professor für Physiologie, Rektor der Universität Dorpat.
- Kurt Schultz, Theologe, Pfarrer in Dingestädt (Eichsfeld) und Helbra bei Eisleben, seit 1949 Superintendent des Kirchenkreises Eichsfeld
- Peter Hermann Stillmark (1860–1923), Biochemiker (Entdecker des Rizin)
- Alexander Studemeister, Mediziner, Arzt in Caracas
- Eduard von Ungern-Sternberg (1836-1904), Schriftsteller
- Andreas von Weiß, Kulturwissenschaftler, MArxismuskritiker
- Hellmuth Weiss (1900-1992), estnischer Minderheitenpolitiker und Bibliothekar, seit 1959 Direktor des Herder-Institut (Marburg)
- Constantin von Weiß (1877–1959) (Ehrenmitglied), kaiserlich-russischer und estnischer Oberst, 1918-1920 Kommandant des Baltenregiments.
Literatur
- Kurt U. Bertrams (Hrsg.), Student in Dorpat, Hilden 2004, WJK-Verlag, Band I, ISBN 3-933892-67-8, Band II, ISBN 3-933892-68-6
- Erich Donnert: Die Universität Dorpat-Jur'ev 1802-1918: ein Beitrag zur Geschichte des Hochschulwesens in den Ostseeprovinzen des Russischen Reiches, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-631-56477-6
- Axel von Gernet: Geschichte der Estonia, Dorpat 1893.
- Otto von Grünewaldt, Baltisches Burschenleben – Erinnerungen an die Studentenzeit in Dorpat, WJK-Verlag, Hilden 2003 ISBN 3-933892-60-0
- Dietrich G. Kraus, Baltisches Burschentum in Dorpat und Riga, in: Jahrbuch des baltischen Deutschtums, Band XLV - 1998
- E. Kuehn: Jüdische Studenten — aktiv in einer deutsch-baltischen Korporation, Zirkel und Zionsstern, Bd. V, 1996.
- Tiina Metso: German Influence on Estonian and Baltic German Corps Traditions in Tartu. In: Acta Historica Tallinnensia (8/2004) S. 20–36, Tallinn 2004.
- Johannes von Raison: Erinnerungen an das Dorpater Burschenleben. In: Einst und Jetzt, 33. Band, Jahrbuch 1988 des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung, S. 67-91.
- Eduard von Ungern-Sternberg: Erinnerungen eines alten Estonen, Hilden: WJK-Verlag, 2004 ISBN 3-933892-83-X.
Einzelnachweise
- ↑ W. Ruhnke: Einiges über Dorpat und Dorpater Studentenleben um 1900. In: Einst und Jetzt, Band 31, 1986 S. 217ff
- ↑ http://www.rotalia.ee/et/ulevaade/konvent/tartu-cq.html
Kategorien:- Universität Tartu
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