Johannes Kreidler (Musiker)

Johannes Kreidler (Musiker)

Johannes Kreidler (* 1980 in Esslingen am Neckar) ist ein deutscher Komponist und Aktionskünstler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kreidler absolvierte sein Abitur am Gymnasium Plochingen und studierte von 2000 bis 2006 Komposition bei Mathias Spahlinger, Elektronische Musik bei Orm Finnendahl und Mesias Maiguashca und Musiktheorie bei Eckehard Kiem an der Hochschule für Musik Freiburg und am Institut für Sonologie (Computermusik) der Koninklijk Conservatorium Den Haag. Außerdem studierte er Philosophie und Kunstgeschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Er besuchte Meisterkurse bei Brian Ferneyhough, Helmut Lachenmann, Richard Barrett sowie am IRCAM in Paris.

Er arbeitet als Dozent für Musiktheorie, Gehörbildung und elektronische Musik an der Hochschule für Musik und Theater Rostock, der Hochschule für Musik Detmold und der Hochschule für Musik und Theater Hannover.

Er beschäftigt sich mit Avantgardefilm und Neuer Improvisationsmusik.

Werke

Ein Presseecho rief im September 2008 seine Aktion Product Placements hervor, mit der er eine Diskussion über Urheberrecht und Schöpfungshöhe in der Musik anstoßen wollte. In einem 33-sekündigen Musikstück verarbeitete er 70.200 Zitate fremder Werke, die er alle einzeln bei der GEMA anmeldete. Zu diesem Zweck fuhr er begleitet von zahlreichen Pressevertretern mit einem Kleinlaster voller ausgefüllter Anträge bei der GEMA-Generaldirektion in Berlin vor. Die von Kreidler vorab informierte GEMA wies die Anträge zurück, da die Fremdwerke seiner Komposition nicht erkennbar zu Grunde lägen und die Verwendung somit urheberrechtlich nicht relevant sei.[1] Kreidler selbst hält dies zwar für eine Fehlinterpretation der GEMA-Regularien, gab sich aber mit dem Ergebnis zufrieden, da die Aktion in seinen Augen durch die erreichte Medienaufmerksamkeit für die Problematik ihr Ziel erreicht habe.[2]

Im Dezember 2008 erregte er erneut Aufmerksamkeit durch die Aktion Call Wolfgang, bei der er zwei Computer via VoIP miteinander telefonieren und automatisch Terrorabsprachen generieren ließ, die für das BKA relevant sein könnten. Mit der Aktion wendete er sich gegen die Absichten der Bundesregierung, im größeren Stil Vorratsdatenspeicherung zu betreiben.[3]

Im Januar 2009 veröffentlichte Kreidler auf seiner Website ein Musikstück, bei dem er die Aktienkurse verschiedener Unternehmen verwendete um aus ihnen Tonhöhen abzuleiten. Neben Aktienkursen fanden auch einige Statistiken Verwendung, beispielsweise die Zahl der US-Soldaten die im Irak getötet wurden. Auch in diesem Stück wird wieder auf die Grenzbereiche des Urheberrechts angespielt, indem im Abspann als Komponisten und Copyright-Inhaber die jeweiligen Unternehmen aufgelistet werden statt Kreidler selbst.[4]

Im Oktober 2009 machte er bekannt, dass er für eine Auftragskomposition für das Festival Klangwerkstatt Berlin Komponisten aus Billiglohnländern anstellte, um seine eigene Musik zu plagiieren. Für viel weniger Geld als Kreidler selbst für den Auftrag erhielt ließ er konzertreife Stücke in China und Indien herstellen. Nach eigenen Angaben dient die Aktion der Aufmerksamkeit auf die Themen Ausbeutung und Autorschaft.[5]

Musikdrucke

  • Sample Monogramm1 für Klarinette solo
  • Sample Monogramm 2 für Sextet
  • Anlässe, sich eine zu drehen für Gitarre

Auszeichnungen

  • Hans-Stieber-Preis (2000) für Baum und Landschaft (UA 2000 Halle/Saale, Hallische Musiktage, Ensemble Sortisatio)
  • Erster Preis beim Deutschen Hochschulwettbewerb im Fach Komposition (2004) für complement deformation browser (UA 2009 Berlin, Sonar Quartett)
  • Graduiertenstipendium des Landes Baden-Württemberg (2006–2008)
  • Internationale Ensemble Modern Akademie (2008/09)
  • Gewinner des Wettbewerbs für zeitgenössisches Musiktheater operare (2009)
  • Gewinner des Fonds Experimentelles Musiktheater (2009/10)
  • Nachwuchsförderpreis des deutschen Musikautorenpreises, dotiert mit 10.000 Euro (2010)
  • Stipendienpreis der Darmstädter Ferienkurse (2010)
  • Stipendium der Akademie der Künste Berlin (2011)

Buchpublikationen

  • loadbang. Programming Electronic Music in Pure Data. Wolke Verlag, Hofheim 2009, ISBN 3-936000-57-3

Einzelnachweise

  1. http://www.gema.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=757&tx_ttnews%5BbackPid%5D=73&cHash=fafbb594ad, zuletzt gesehen am 20. September 2008
  2. http://www.kreidler-net.de/productplacements.html, zuletzt gesehen am 20. September 2008
  3. http://www.kreidler-net.de/call.html, zuletzt gesehen am 5. Dezember 2008
  4. Bericht auf gulli.com, zuletzt gesehen am 2. Februar 2009
  5. Peter Mühlbauer: Umsetzung der Globalisierung jenseits von Weltmusik-Kitsch, Telepolis, zuletzt gesehen am 30. Oktober 2009

Weblinks


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