Johannes XII. (Papst)

Johannes XII. (Papst)

Johannes XII. (* 937 oder 939 als Octavian von Spoleto in Rom; † 14. Mai 964 in der Campagna) war Papst vom 16. Dezember 955 bis zu seiner Absetzung am 4. Dezember 963. Er war der einzige Papst – vielleicht mit Ausnahme des Papstes Benedikt IX. –, der als Jugendlicher sein Amt antrat. Er krönte 962 mit Otto dem Großen erstmals einen römisch-deutschen König zum Kaiser.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Graf Alberich II. von Spoleto – ein Sohn der Marozia – ließ auf dem Sterbelager Papst Agapitus II. und den römischen Adel per Eid verpflichten, seinen Sohn Octavian nicht nur zum Princeps von Rom und damit zu seinem Nachfolger zu machen, sondern auch nach dem Tod des Papstes ihn zu dessen Nachfolger zu wählen. Nach dem Tod Agapitus' wurde Octavian am 16. Dezember 955 im Alter von 16 Jahren (nach anderen Quellen mit 18) zum Papst als Johannes XII. gewählt. Dabei war dieser völlig ungebildet und beherrschte nur die Vulgärsprache. Er war der fünfte und letzte Papst, der auf Befehl Alberichs – hier noch über dessen Totenbett hinaus – gewählt wurde. Johannes wird in den Quellen als eine der erbärmlichsten Figuren beschrieben, die je in der Geschichte Roms und der Kirche eine Rolle gespielt haben, Papst und Princeps Romanorum. Der zeitgenössische Geschichtsschreiber Bischof Liutprand von Cremona berichtete u. a. von Mord, Verstümmelungen, Ehebruch, Inzest, Simonie, Jagd- und Spielleidenschaft, Meineid und Gotteslästerungen durch Johannes XII. In seinem Laster kannte dieser keine Grenzen. Er soll heilige Gefäße an Prostituierte verschenkt haben. Einmal ließ er angeblich sogar einen Diakon in einem Pferdestall weihen.

Allerdings sind viele der recht dürftigen Quellenaussagen problematisch. So ist Liutprand bekannt dafür, dass er Personen besonders düster beschrieb, die er für seine (nicht wenigen) Misserfolge verantwortlich machte.[1] Die Quellen dürften vieles überzeichnen. Dennoch kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass Johannes weder ein frommer noch ein fähiger Papst gewesen ist und er ein sehr weltliches Leben führte.[2]

Berengar II. von Ivrea und sein Sohn Adalbert glaubten, die Lage in Rom ausnutzen zu können, und drangen mit ihren Truppen in Richtung Rom vor, um es zu besetzen. Der Papst rief deshalb – möglicherweise durch Kreise der Cluniazensische Reform gezwungen – König Otto I. um Hilfe. 961 erschien König Otto mit seiner Frau Adelheid von Burgund in Italien und Berengar und Adalbert mussten sich mit ihren Söldnern wieder zurückziehen. Am 2. Februar 962 krönte Papst Johannes König Otto und seine Frau zu Kaiser und Kaiserin. Diese Krönung war die Geburtsstunde des Sacrum Imperium Romanum, das in Hinblick auf die Würdelosigkeit des Papstes moralisch in schärfstem Kontrast zum Papsttum jener Zeit stand. Im Privilegium Ottonianum bestätigte der Kaiser die Schenkungen Pippins III. und Karls der Großen ebenso wie die Constitutio Lothari aus der Zeit von Papst Eugen II. Damit garantierte Otto dem Papst den Erhalt des Kirchenstaates. Doch zur Festigung der kaiserlichen Vormachtstellung legte er in einer Bestimmung im Privilegium fest, dass die Papstweihe nur nach einer ausdrücklich kanonischen Wahl und nach einem Lehenseid des Gewählten dem Kaiser gegenüber vollzogen werden dürfe. Die Erfahrungen seines Jahrhunderts ließen dem Kaiser keine andere Wahl.

Nachdem Papst Johannes Kaiser Otto den Treueeid geleistet hatte, verließ dieser mit seiner Frau Rom, um der Herrschaft von Berengar und Adalbert Schritt für Schritt ein Ende zu bereiten und damit die 85 Jahre dauernde Herrschaft verhängnisvoller Separatkaiser und -königen in Italien zu beenden. Nach etwa einem Jahr kapitulierten Berenegar und Willa in der Festung San Leo di Montefeltre, nahe der heutigen Republik San Marino gelegen, und wurden ins Exil nach Bamberg verbracht. Sein Sohn Adalbert floh aus der Festung nach Korsika.

Nach der Abreise des Kaisers brach Papst Johannes seinen Treueeid und verband sich mit dem geflohenen Adalbert. Dieser konspirierte nicht nur mit den byzantinischen Machthabern in Süditalien, sondern auch mit den Sarazenen, die von ihrer Festung bei La Garde-Freinet aus die Provence verwüsteten.

Daraufhin erschien Kaiser Otto wieder in Rom, so dass Papst Johannes und Adalbert fliehen mussten. Mit sich nahmen beide den vorher geplünderten Kirchenschatz. In Rom hielt nun der Kaiser seine weltberühmte Synode ab, bei der Liutprand von Cremona der Sprecher war. Die Vorladung an Johannes war zwar in vornehmer Form geschrieben, doch die Anklage verschweigt keinen der allgemein bekannten Punkte, obwohl „für deren Aufzählung ein Tag zu kurz“ sei. „Wisset denn, nicht wenige, sondern alle, sowohl Weltliche als auch Geistliche, haben Euch angeklagt des Mordes, des Meineids, der Tempelschändung, der Blutschande mit Eurer eigener Verwandten und mit zwei Schwestern. Sie erklären noch anderes, wovor das Ohr sich sträubt, dass Ihr dem Teufel zugetrunken und beim Würfeln Zeus, Venus und andere Dämonen angerufen habt.“ Der noch auf der Flucht befindliche Papst antwortete aus seinem Versteck nicht dem Kaiser, sondern dem Synodalepiskopat – in einem pöbelhaften Ton. Daraufhin setzte die Synode den Papst ab. Damit wurde die von Papst Symmachus konstruierte These aus dem 5. Jahrhundert „prima sedes a nemine judicatur“ zum ersten Mal, angesichts eines total unwürdigen Papstes, außer Kraft gesetzt. Danach wurde Leo VIII. von der Synode zum Papst gewählt, obwohl diese äußerst würdige Ausnahmeerscheinung in der Kirche Roms seiner Zeit noch Laie war. Vor seiner Wahl erhielt Leo alle notwendigen Weihen. Es war fraglos kein kanonisches Verfahren, „aber die Welt erträgt die Verstöße gegen kanonische Formen rechtlicher als gegen die Würde der Menschheit“ (Ferdinand Gregorovius). Außerdem bestand die Frage, wie eigentlich Johannes XII. zu seinen Weihen gekommen war.

Kaum hatte der Kaiser Rom verlassen, kehrte der geflohene Papst auf einer Propagandawoge seiner zahlreichen Mätressen und einflussreicher Frauen im Januar 963[3] zurück und nahm Rache. Sein Nachfolger Papst Leo, der zuvor um des lieben Friedens Willen alle Geiseln freigelassen hatte, musste nun seinerseits im Februar 964 fliehen. Bevor Kaiser Otto zum dritten Mal in Rom einzog, starb der für abgesetzt erklärte Papst.

Nach verschiedenen Überlieferungen erlitt Johannes einen gewaltsamen Tod, wobei über die Art des Todes je nach Überlieferung unterschiedliche Versionen bestehen. Nach der wohl bekanntesten soll er während des Geschlechtsaktes mit einer römischen Aristokratin von deren eifersüchtigem Ehemann überrascht und mit einem Hammer erschlagen oder so schwer verletzt worden sein, dass er daran starb. Einer anderen Version zufolge traf ihn ein Gehirnschlag, als er in der Nähe von Rom einer verheirateten Frau nachstellte.[4] Seine Anhänger wählten nach Johannes’ Tod Benedikt V. zum Papst.

Literatur

Weblinks

 Commons: Johannes XII. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vgl. allgemein Goez, Lebensbilder aus dem Mittelalter, S. 83f.
  2. Goez, Lebensbilder aus dem Mittelalter, S. 87.
  3. Jan Dhondt (Hrsg.): Fischer Weltgeschichte Band 10: Das frühe Mittelalter, Frankfurt am Main 1997, S. 208f
  4. Jan Dhondt (Hrsg.): Fischer Weltgeschichte Band 10: Das frühe Mittelalter, Frankfurt am Main 1997, S. 209


Vorgänger Amt Nachfolger
Agapitus II. Papst
955–963
Leo VIII.

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