John H. Noble

John H. Noble
John H. Noble im Juli 2007 bei einem Vortrag in Nossen

John H. Noble (* 1923 in Detroit; † 10. November 2007 in Dresden) war deutsch-amerikanischer Unternehmer und Mitentwickler der Spiegelreflexkamera „Praktiflex“ in Dresden sowie Überlebender des GULAG.

Leben

Als Sohn des deutschstämmigen Unternehmers Charles A. Noble aus Detroit kam Noble 1937/1938 mit seiner Familie nach Dresden, einem Zentrum der deutschen Kameraindustrie, wo die Familie die Kamera-Werkstätten Guthe & Thorsch von einem jüdischen Unternehmer im Tausch erwarb und in der Folge unter dem Namen NOBLE (Kamera-Werkstätten Charles A. Noble) Kameras baute.

1939 brachte Vater Charles A. Noble die Kleinbild-Spiegelreflexkamera „Praktiflex“ auf den Markt. Die Kamerafabrik von Charles Noble in Dresden erlangte Weltruf. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 stockte das Geschäft, doch als Amerikaner konnte Noble bis 1945 weiterproduzieren. Denn die Kameras wurden unter anderem in die USA geliefert und brachten Devisen.

Den Luftangriff auf Dresden überlebte John H. Noble in der Villa San Remo im Stadtteil Weißer Hirsch als 22-Jähriger. Nach Kriegsende wurden sein Vater Charles und er von der Sowjetischen Besatzungsmacht zunächst ohne jede Erklärung im Sommer 1945 inhaftiert und später der Spionage beschuldigt. Das Kamerawerk des Vaters, in dem Noble die Spiegelreflexkamera mitentwickelte, wurde enteignet und zusammen mit dem Markennamen Praktica verstaatlicht.

John Noble durchlief mehrere Gefängnisse und Lager des sowjetischen NKWD, unter anderem das Speziallager Nr. 2 in Buchenwald bis 1950. Dort musste er als Sekretär im Dienste der sowjetischen Speziallager in der SBZ arbeiten.

Im Gegensatz zu seinem Vater, der 1952 freikam, wurde John 1950 zu 15 Jahren Lagerhaft verurteilt und in den sowjetischen Gulag verschleppt, als im Frühjahr 1950 die Speziallager in der DDR geschlossen wurden.

Im sibirischen Arbeitslager Workuta arbeitete er in den Bergwerken des Gulag, bis es ihm 1954 gelang, ein Lebenszeichen hinauszuschmuggeln, welches auf einer Postkarte eines Mitgefangenen verschlüsselt war. Auf diese Weise konnte seine Familie, die mittlerweile in die USA zurückgekehrt war, vom westdeutschen Adressaten benachrichtigt werden, woraufhin das U.S. State Department in der Sowjetunion die Entlassung Nobles forderte. Durch persönliche Intervention Präsident Eisenhowers wurde er schließlich mit anderen amerikanischen Kriegsgefangenen freigelassen. Noble berichtet auch vom niedergeschlagenen Aufstand von Workuta, der nach Stalins Tod 1953 stattfand [1].

Im Januar 1955 kam John Noble nach fast zehn Jahren Haft frei, gab in Westberlin eine Pressekonferenz und ging zurück in die USA. Sein dort verlegtes Buch „Ich war Sklave in Russland“ wurde 1,3 Millionen Mal verkauft. Seine Mission sah Noble in der Aufklärung der Folgen von Diktatur und Menschenverachtung und hielt bis zu 1.000 Vorträge im Jahr.

Bereits am 19. Januar 1955 erschienen in DDR-Tageszeitungen Veröffentlichungen des vormaligen sächsischen Ministerpräsidenten Max Seydewitz (SED) und seiner Frau Ruth, worin behauptet wurde, dass sein Vater Charles Noble vom Balkon seiner Villa „San Remo“ aus im Februar 1945 den Luftangriff auf Dresden gesteuert habe. Diese Diffamierung gilt als Reaktion auf die ersten Berichte John Nobles über die Zustände in russischen Lagern. In seinem Buch „Die unbesiegbare Stadt“ wiederholte Seydewitz diese Behauptung, die Eingang in die DDR-Propaganda fand. Bis zur Wende befand sich am Tor der Villa „San Remo“ eine Messingtafel, die von der angeblichen Greueltat der Nobles berichtete.

Aufgrund einer selbstlosen, lebensgefährlichen Rettungsaktion in Potma (Mordwinien) kurz vor seiner Entlassung aus der russischen Gefangenschaft wurde er am 2. November 1979 durch einen Prinz de Boure in den Souveränen Orden des Hl. Johannes von Jerusalem (entspricht dem Namen des Malteserordens) zu einem Knight Commander of Justice erhoben. Diese Ehre war ihm von einem vermeintlichen Alexei Nikolajewitsch Romanow [2] angetragen worden.[3]

Nach einer Karriere als Politikberater und Wirtschaftswissenschaftler in den USA kehrte John H. Noble 1990 nach Dresden zurück, wo er sich erfolglos bei der Treuhandanstalt um Restitution seiner früheren Kamerafabrik und der Namensrechte bemühte. In dieser Zeit schrieb er ein weiteres Buch über seine Gefangenschaft „Verbannt und verleugnet“. [4] Schließlich kaufte er 1991 das Familienunternehmen zurück, allerdings ohne die Marken „Pentacon“ und „Praktica“. Stattdessen entwickelt die Firma die Panoramakamera „Noblex“. Die Villa auf dem Weißen Hirsch wurde verkauft.[5].

Noble starb 84jährig im November 2007 an einem Herzinfarkt[6]. Erst zwei Monate davor hatte er die Verlegerin Katharina Förster-Noble geheiratet. Er wurde am 16. November 2007 auf dem Waldfriedhof Weißer Hirsch begraben.

Quellennachweis

  1. w:en:John H. Noble
  2. (ggf. Michał Goleniewski)
  3. (vgl. Urkunde und Foto)
  4. http://www.mdr.de/hier-ab-vier/promiadressen/1840870.html
  5. http://www.john-noble.de/nachruf/saechsische_zeitung/
  6. http://www.mdr.de/mdr1-radio-sachsen/4478782.html#4

Weblinks


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