Josefa Berens-Totenohl

Josefa Berens-Totenohl

Josefa Berens-Totenohl (* 30. März 1891 in Grevenstein, Sauerland; † 6. Juni 1969 in Meschede) war eine deutsche Schriftstellerin und Malerin.

Inhaltsverzeichnis

Berufliche Biografie

Josefa Berens wurde als Tochter eines Schmieds geboren. Zunächst arbeitete sie als Lehrerin, dann als Schriftstellerin, Malerin und Weberin von Wandteppichen. 1925 zog sie ins sauerländische Gleierbrück (heute Ortsteil von Lennestadt). 1931 abonnierte sie den Völkischen Beobachter und beantragte erfolgreich, in die NSDAP aufgenommen zu werden.[1] Sie nahm den Künstlernamen Josefa Berens-Totenohl an.

Ihr Roman Der Femhof und der Folgeroman Frau Magdlene erreichten hohe Auflagen. Ihre nachfolgenden Romane Der Fels und Im Moor waren weniger erfolgreich. Berens gilt als Vertreterin einer völkischen Massenliteratur und als Protagonistin nationalsozialistischer Blut-und-Boden-Literatur. Die Anregung zu ihrem ersten Roman kam von dem befreundeten NS-Autor und Thingspiel-Dichter Richard Euringer.

Zu ihren engen Freundinnen gehörten Christine Koch, die verherrlichende Gedichte auf Hitler und die NSDAP schrieb, und Maria Kahle, aktives Mitglied des antisemitischen Jungdeutschen Ordens, dann der NSDAP. Berens und ihr Milieu war ebenso heimat- wie ns-bewegt.

Zu ihren engen Freundinnen gehörten die dem Nationalsozialismus nahestehende Christine Koch und Maria Kahle, aktives Mitglied des antisemitischen Jungdeutschen Ordens, dann der NSDAP.

In ihren beiden Erfolgsromanen mischt sie antisemitische mit antiziganistischen Passagen. Negative Gegenspieler heroisch-germanischer Sauerländer Bauerngestalten sind ein jüdisch-zigeunerischer "Mischling" mit dem sprechenden Namen "Robbe" und die "schwarzen Völker" der "Zigeuner". "Jeder Einzelmensch" erklärte Berens zu dieser Disposition, "muß schlecht werden, der die Bindung an Volk und Heimat verloren hat. Der Wert eines Volkes besteht darin, dass es bereit zum Opfer ist. Für was aber soll der Jude opfern? Für was der Zigeuner, für was der rastlose Robbe? So müssen diese Menschen zu den Feinden und Verderbern der anderen werden.“[2]

1936 erhielt sie den erstmals verliehenen mit 10.000 Reichsmark dotierten Westfälischen Literaturpreis. Seither war sie „verstärkt im NSDAP-Kulturbund“ tätig. Zweite Trägerin des Preises war im Jahr darauf Maria Kahle.

Berens unternahm im sog. Dichtereinsatz zahlreiche Lesereisen für das Propagandaministerium. Dabei trat sie vor allem vor der Hitler-Jugend auf.[3] Selbst aus apologetischer Sicht fällt die Bewertung eindeutig aus: "Es muß hinzugefügt werden, daß Josefa Berens in ihren Romanen der Idee Adolf Hitlers, das 'Neue Deutsche Reich' auf dem Gedanken von ,Blut und Boden' aufzubauen, literarisch Beistand leistet. ... Der Hof, der Acker ist ein Geschenk Gottes, wer ihm dient, tut 'Gottesdienst'."[4]

Berens versteckte noch in der Endphase des Regimes SS-Angehörige vor den Alliierten und brüstete sich in ihrer Autobiographie damit. Den nationalsozialistischen Terror leugnete sie und sah sich nach dessen Ende ihrerseits als Verfolgte: „Ausgeplündert bis ins letzte hinein“ und „gequält“ worden seien "ihr Volk" wie auch sie selbst „in dieser Zeit der wilden Not und Verfolgung“. Gemeint war die Zeit, die auf den Nationalsozialismus folgte. Eine bedauernde Aussage zu ihren nationalsozialistischen Aktivitäten ist nicht bekannt. Vielmehr stellte sie sich als unpolitische Idealistin dar und Hitler als jemanden, der auf überzeugende Weise dauerhaft Arbeit geschaffen habe: „Daß Hitler so viele ehrliche Menschen damals, als die Arbeitslosigkeit groß war, wieder an die Arbeit brachte, das konnte allein schon gläubig machen. Und sie sind an der Arbeit geblieben, das wird heute nicht gesagt. Wer den Krieg zu verantworten hat und alle die entsetzlichen Zerstörungen und Schrecknisse, weiß ich nicht.“[5]

Im Entnazifizierungsverfahren wurde sie zunächst als „Aktivistin durch propagandistische Vorträge und Schriftstellerei“ beurteilt und in die Kategorie III gestuft. In der Revision erhielt sie die günstigere Einstufung IV ("Mitläuferin"). Vorsitzender des Ausschusses und ihr Verteidiger war der Lehrer und Heimatschriftsteller Karl Broermann,[6] der seinerseits als Verfasser ns-ideologischer Unterrichtsmaterialien hervorgetreten war („Albert Leo Schlageter, ein deutscher Held“; „Adolf Hitler. Mein Kampf“; „Aus Adolf Hitlers Reden. Bearbeitet für die Jugend“).[7]

1955 nahm Berens am ersten, 1956 am zweiten Westfälischen Dichtertreffen in Schmallenberg teil. Bei diesem Treffen kam es zum "Schmallenberger Dichterstreit". Jüngere Autoren wandten sich gegen die Mystifikation des Heimat-Begriffs im Allgemeinen und gegen die völkische Blut-und-Boden-Literatur und das nationalsozialistische Engagement vieler älterer Autoren im Besonderen. Die Kritik traf explizit auch Josefa Berens. Die Schriftstellerin zog sich danach in die Privatsphäre zurück.

Nach ihrem Tod 1969 wurde sie in Lennestadt-Saalhausen bestattet.[8]

Seit dem Beginn der 1990er-Jahre gilt sie einer wachsenden Kritik als typische NS-Dichterin, deren Rezeption mangels sprachlicher Qualität und aufgrund der hohen ideologischen Belastung nicht weiter sinnvoll erscheint.[9]

Nachnationalsozialistische Ehrungen

Der westfälische sozialdemokratische Ministerpräsident Fritz Steinhoff ehrte Berens zu ihrem 65. Geburtstag.[10] Der Sprecher des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe kam aus diesem Anlass würdigend auf die Ehrung durch den Westfälischen Literaturpreis 1936 aus der Hand des Landeshauptmanns Karl-Friedrich Kolbow zurück, eines Angehörigen der "Alten Garde" der NSDAP.

In der Region sind ungeachtet von Berens' NS-Aktivismus nach wie vor mehrere Straßen nach ihr benannt. Im "Haus des Gastes" in Lennestadt-Saalhausen betreut der Verein "Heimatstube Saalhausen" eine „Josefa-Berens-Stube“. Sie enthält eine Sammlung ihrer Schriften, nachgelassenes Mobiliar, Bilder und textile Arbeiten. Die Haltung des Heimatmileus ist inzwischen vorsichtig distanziert: Berens gilt dem Heimatverein zwar als "die Malerin, die Schriftstellerin, die außergewöhnliche Persönlichkeit in ihrer Zeit", aber auch als "die Schriftstellerin zwischen Ideologie und Naivität“.[11]

Schriften

Josefa Berens-Totenohl: Der Femhof, 1934
  • Der Femhof, Roman (1934)
  • Frau Magdlene, Roman (1935)
  • Das schlafende Brot, Gedichte (1936)
  • Eine Dichterstunde, zusammengestellt von Kurt Ziesel (1937)
  • Die Frau als Schöpferin und Erhalterin des Volkstums (1938)
  • Einer Sippe Gesicht (1941)
  • Der Fels, Roman (1943)
  • Im Moor, Roman (1944)
  • Heimaterde (1944)
  • Der Alte hinterm Turm, Dorfgeschichten (1949)
  • Die Stumme, Roman (1949)
  • Die goldenen Eier, Kindermärchen (1950)
  • Antwort der Herzen, Anthologie (1951)
  • Die Liebe des Michael Rother (1953)

Daneben verfasste sie auch die Einleitung zu Helmut Domkes Westfalen. Land der roten Erde (1955).

Literatur

  • Christian Adam: Lesen unter Hitler : Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich. Galliani, Berlin 2010, ISBN 978-3-86971-027-3, S. 288ff
  • Eva-Maria Gehler, Weibliche NS-Affinitäten. Grade der Systemaffinität von Schriftstellerinnen im „Dritten Reich“, Würzburg 2010
  • Ortrun Niethammer, Josefa Berens-Totenohl als Propagandistin der nationalsozialistischen Kulturpolitik, in: Westfälische Forschungen, 42 (1992), S. 346-359
  • Ortrun Niethammer: Josefa Berens-Totenohl (1891 - 1969). In: Literatur von nebenan, in Zusammenarbeit mit dem Literaturbüro NRW e.V., Düsseldorf, und unter Mitarbeit von Manfred Bosch, herausgegeben von Bernd Kortländer, Bielefeld 1995, S. 43-48, Ill.
  • Gisbert Strotdrees, Bestseller-Autorin des „Dritten Reiches“. Josefa Berens-Totenohl, in ders.: Es gab nicht nur die Droste. Sechzig Lebensbilder westfälischer Frauen. Münster 1992, S. 134-136
  • Hannes Tuch, Klaus Peter Wolf (Bearbeitung): Mein Denken an Dich. Biografie der Josefa Berens-Totenohl. Haag und Herchen, Frankfurt am Main 2000, 68 S., ISBN 3-89846-000-2

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Willy Knoppe, Un bey allem is wuat – Orientierungssuche in einer regionalen Sprachform, Eine literaturpädagogische Untersuchung zu den Werthaltungen in der niederdeutschen Lyrik von Christine Koch, Göttingen 2005, S. 276; Josefa Berens-Totenohl, Alles ist Wandel. Autobiographie, Betreuung der Herausgabe durch Peter Bürger und Heinrich Schnadt, Eslohe o. J. (1992), S. 150.
  2. Josefa Berens-Totenohl in ihrer Heimat, in: Das Deutsche Mädel. Zeitschrift des Bundes Deutscher Mädel in der HJ, 6 (1936), zit. nach: dies., Alles ist Wandel. Autobiographie, Betreuung der Herausgabe durch Peter Bürger und Heinrich Schnadt, Eslohe o. J. (1992), S. 197f.
  3. Ortrun Niethammer, Josefa Berens-Totenohl als Propagandistin der nationalsozialistischen Kulturpolitik, in: Westfälische Forschungen, 42 (1992), S. 346-359, hier: S. 349.
  4. So selbst der Apologet: Dietmar Rost, Die Epikerin Josefa Berens-Totenohl, in: Sauerland. Zeitschrift des Sauerländer Heimatbundes, 1991, Nr. 1, S. 11-13, hier: S. 12.
  5. Josefa Berens-Totenohl, Alles ist Wandel. Autobiographie, Betreuung der Herausgabe durch Peter Bürger und Heinrich Schnadt, Eslohe o. J. (1992), S. 164.
  6. Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland, NW 1.109-201 (Josefa Berens).
  7. Die im Nationalsozialismus von Broermann in Oberhausen geleitete Schule wurde nach 1945 nach ihm benannt, 1994 angesichts seiner NS-Belastung jedoch in „Anne-Frank-Realschule“ neu benannt. Siehe: [1].
  8. Artikel "Josefa Berens, gen. Berens-Totenohl", in: Lexikon westfälischer Autorinnen und Autoren. 1850 bis 1950, [2].
  9. Ortrun Niethammer, Josefa Berens-Totenohl als Propagandistin der nationalsozialistischen Kulturpolitik, in: Westfälische Forschungen, 42 (1992), S. 346-359; Gisbert Strotdrees, Bestseller-Autorin des „Dritten Reiches“. Josefa Berens-Totenohl, in ders.: Es gab nicht nur die Droste. Sechzig Lebensbilder westfälischer Frauen. Münster 1992, S. 134-136; Eva-Maria Gehler, Weibliche NS-Affinitäten. Grade der Systemaffinität von Schriftstellerinnen im „Dritten Reich“, Würzburg 2010.
  10. Ministerpräsident Steinhoff beglückwünscht Josefa Berens-Totenohl, in: Westfalenspiegel, 5 (1956), H. 5, S. 27.
  11. Josef Schmidt, Vorsitzender lobt Saalhauser Bote. Saalhauser Verein präsentiert Josefa Berens, in: Westfälische Rundschau, 12. März 2009.

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