Kaisersemmel

Kaisersemmel
Kaisersemmel

Die Kaisersemmel (auch Kaiserbrötchen) ist ein krustenreiches, rösches (knuspriges), sternförmig eingeschnittenes Weissgebäck ursprünglich aus Österreich.[1] Das Mindestausbackgewicht beträgt wie bei anderen Weissgebäck 46 g, kleinere Formen werden Jour-Gebäck genannt. Es werden auch Varianten mit einem Gewicht bis zu 80g angeboten. Im Gegensatz zur handgearbeiteten Wiener Kaisersemmel sind allgemein kürzere Produktionsschritte, der Einsatz von Maschinen und die Zugabe von Roggenmehl zum Weizenmehl möglich.

Inhaltsverzeichnis

Namensherkunft und Bedeutung der Kaisersemmel

Wer der Erfinder der Kaisersemmel ist, lässt sich nicht schlüssig nachvollziehen. Nach einer Erzählung soll ein Wiener Bäcker namens Kayser um 1750 die Kaysersemmel erfunden haben. Er erkannte die Geschmacksverbesserung durch Erhöhung des Krustenanteils. Eine andere Erzählung nennt die Bäckerinnung als Namensgeber. Im 18. Jahrhundert wurden der Preis und das Gewicht der Semmel in einer Satzung geregelt. Der hohe Mehlpreis ließ keine angemessene Gewinnspanne zu. Im Jahr 1789 sandte daher die Bäckerinnung eine Abordnung zu Kaiser Joseph II, um eine freie Preisgestaltung für die Semmel zu erbitten. Der Kaiser war von der Handwerkskunst der Bäcker so angetan, dass er die Streichung der Semmel von der Satzung bewilligte und die Semmel fortan Kaisersemmel genannt wurde.

Anderen Erzählungen zufolge galt jedoch seit der Regierungszeit von Kaiser Franz Joseph I. von 1848 bis 1916 die Bezeichnung „Kaiser“ in Verbindung mit Speisen und Getränken bald als höchste Steigerung, womit man das Beste seiner Art bedachte. Eine weitere mögliche Herkunft des Namens ist die Ableitung vom Italienischen „a la casa“ („nach Art des Hauses“).

Der Autor Thomas Gimesi beschreibt in seinem Buch „Geben, nehmen, tauschen“ folgende Namensherkunft: Kaiser Friedrich IV. ließ anno 1487 "Blätzlein" mit seinem Bild darauf backen. Die Kinder ließ er im Stadtgraben zusammenrufen und jedes Kind erhielt ein solches Gebäck als Geschenk.[2][3] Kaisersemmeln gab es nachweislich schon am Hofe Maria Theresias im 18. Jahrhundert. Kaisersemmeln sind auf einem Gemälde des Hofmalers Martin van Meytens zu erkennen. Das Gemälde, welches zwischen 1760 und 1770 entstand und sich in Schloss Schönbrunn befindet, stellt die Hoftafel in der Großen Antecamera der Wiener Hofburg dar.

Die Kaisersemmel bei der festlichen Hoftafel in Wien nach 1760

Im 19. Jahrhundert galt in Wien jemand, der keine Kaisersemmeln isst, sondern stattdessen „Mundsemmeln“ oder gar „Schusterlaberln“, als arm.[4]

Wiener Kaisersemmel

Die Wiener Kaisersemmel (auch Handsemmel) ist eine Variante der Kaisersemmel. Sie ist ein handgewirktes, krustenreiches, rösches (knuspriges), sternförmig eingeschnittenes Weizenkleingebäck.[5] Sie zeichnet sich durch eine lange Teigführung aus, die zumindest 2 Stunden betragen muss. Sie ist in Österreich insbesondere in Wien verbreitet. [6]

Für die Herstellung des Semmelteiges gibt es zwei Möglichkeiten: Die direkte (einstufige) oder die indirekte (stufenweise) Teigherstellung. Ein Vorteig (Ansatz aus Mehl, Wasser und Hefe) wird vor der Bereitung des Hauptteiges zubereitet. Dieser wird dann mit Mehl und weiteren Zutaten zum Hauptteig vermischt. Die Teigtemperatur soll etwa 25 °C betragen.

Die Handsemmel wird traditionellerweise mit der Hand langsam geknetet, bis der Teig eine glatte Oberfläche aufweist. Man nennt das lange Teigführung. Bei der Erzeugung mit Hilfe von Maschinen werden die Zutaten vermischt und der Teig anschließend intensiv geknetet. Dies ist die kurze Teigführung. Während der nun folgenden Teigruhe von insgesamt zwei Stunden wird der Teig gelockert. In dieser Ruhezeit wird der Teig vier Mal zusammengestoßen. Danach wird der Teig sofort ausgewogen und so geformt, dass eine glatte Oberfläche entsteht, in der Fachsprache heißt das, der Teig wird „geschliffen“. Das Teiggewicht einer Semmel beträgt rund 56 g. Die geschliffenen Stücke überstaubt man mit Mehl und rollt sie mit beiden Händen hin und her. Die Formen werden zugedeckt und bekommen eine kurze etwa 15-minütige Ruhezeit.

Zum Wirken (Formen) mit der Hand wird helles Roggenmehl empfohlen: Die 5 Teile der Semmel, die so genannten Laugen, reißen besser und der Stern der Semmel wird schöner.

Nach dem Ruhen wird das Teigstück zu einem runden Fleck geklopft und danach werden die Laugen händisch geformt.[7] Der Teig wird damit verdichtet. Das Ergebnis ist das saftige, kompakte und Innenleben der Handsemmel, das an Watte erinnert. Zum Schluss werden die erste und die letzte Lauge fest zusammengepresst. Die so geformten Semmeln legt man mit dem Stern nach unten auf ein Tuch. Die Semmeln werden bedeckt und etwas flach gedrückt. Vor dem Backen werden die Semmeln leicht mit Wasser benetzt.[8]

Eingang in den österreichischen Sprachgebrauch

Mit dem Begriff „krachen wie eine Kaisersemmel“ wird in Österreich „fast pleite sein“ assoziiert.[9][10]

Trivia

In der österreichischen Krimiserie Kommissar Rex ist die Vorliebe des vierbeinigen Hauptdarstellers für Kaisersemmel mit Extrawurst ein Running Gag.

Bibliographie und Quellen

  • R. Havel, J. E. Stöger: Spezielle Fachkunde für Bäcker. Österreichischer Gewerbeverlag, Wien 1984, ISBN 3-85207-762-1, S. 104, 111.
  • A. Mar u. a.: Lehrbuch der Bäckerei. Trauner Verlag, Linz 2007, ISBN 978-3-85499-201-1, S. 261–266, 276f, 282f, 893–894.
  • Heinz Dieter Pohl: Von Apfelstrudel bis Zwetschkenröster. Kleines Handbuch der österreichischen Küchensprache. Verlag Carl Ueberreuter, Wien 2008, ISBN 978-3-8000-7369-6, S. 58.
  • C. Schünemann, G. Treu: Technologie der Backwarenherstellung. Fachkundliches Lehrbuch für Bäcker und Bäckerinnen. 9. Auflage. Gildefachverlag, Allfeld/Leine 2005, ISBN 3-7734-0150-7, S. 67, 89, 100-102.
  • Gerd Wolfgang Sievers: Genussland Österreich. Was Küche und Keller zu bieten haben. Leopolg Stocker Verlag, Graz 2007, ISBN 978-3-7020-1166-6, S. 292.

Weblinks

Belege

  1. 2.2.2. Weißgebäck im Österreichisches Lebensmittelbuch, Codexkapite B18, Unterkapitel 2.2.2 Weißgebäck]
  2. Thomas Gimesi: Geben, nehmen, Tauschen. LIT Verlag, Münster 2010, ISBN 978-3-643-50211-7, S. 73.
  3. Friedrich Otto von Leber: Die Ritterburgen Rauheneck, Scharfeneck und Rauhenstein mit geschichtlichen Andeutungen über die Vemgerichte und Turniere. Band 1. Rückblicke in deutsche Vorzeit. Verlag Braumüller & Seidel, 1844.
  4. Rudolf von Gottschall, Friedrich Bienemann: Unsere Zeit: Deutsche Revue der Gegenwart. Teil 2, Herausgeber August Kurtzel. Verlag F. A. Brockhaus, 1888.
  5. Österreichisches Lebensmittelbuch, Codexkapite B18, Unterkapitel 2.2.2 Weißgebäck
  6. Traditionelle Lebensmittel auf der Seite des Österreichischen Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
  7. Film über die Herstellung von Handsemmeln
  8. Franz Maier-Bruck: Die klassische Österreichische Küche, Seehammer Verlag GmbH, Weyarn, 2003, S. 533-535
  9. Ostarrichi.org
  10. Krachen wie die Kaisersemmeln. In: Die Presse. 5. Dezember 2008.

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Synonyme:

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  • Kaisersemmel — Semmel; Brötchen; Weckerl (österr.); Rundstück (regional); Schrippe (regional) * * * Kai|ser|sem|mel, die (österr., auch südd.): Kaiserbrötchen …   Universal-Lexikon

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  • Semmel — Kaisersemmel (österr.); Brötchen; Weckerl (österr.); Rundstück (regional); Schrippe (regional) * * * Sem|mel [ zɛml̩], die; , n (landsch.): Brötchen: knusprige, weiche Semmeln; eine Semmel mit Wurst, Käse; die neuen CDs gingen weg wie warme… …   Universal-Lexikon

  • Brötchen — Kaisersemmel (österr.); Semmel; Weckerl (österr.); Rundstück (regional); Schrippe (regional) * * * Bröt|chen [ brø:tçən], das; s, : (in vielen unterschiedlichen Formen vom Bäcker hergestellte runde oder längliche) Backware aus Weizenmehl, Hefe… …   Universal-Lexikon

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  • Rundstück — Kaisersemmel (österr.); Semmel; Brötchen; Weckerl (österr.); Schrippe (regional) * * * Rụnd|stück 〈n. 11; norddt.〉 Brötchen * * * Rụnd|stück, das (nordd.): großes rundes Brötchen. * * * Rụnd|stück, das (nordd.; …   Universal-Lexikon

  • Schrippe — Kaisersemmel (österr.); Semmel; Brötchen; Weckerl (österr.); Rundstück (regional) * * * Schrịp|pe 〈f. 19; berlin.〉 = Brötchen [nddt., aufgrund der oben aufgerissenen Rinde zu frühnhd. *schripfen „kratzen, aufreißen“; verwandt mit schrapen] * * * …   Universal-Lexikon

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