Kanadische Unterhauswahlen 1911

Kanadische Unterhauswahlen 1911

Die 12. kanadischen Unterhauswahlen (engl. 12th Canadian General Election, frz. 12e élection fédérale canadienne) fanden am 21. September 1911 statt. Gewählt wurden 221 Abgeordnete des kanadischen Unterhauses (engl. House of Commons, frz. Chambre des Communes). Die Wahlen beendeten die fünfzehnjährige Regierungszeit der Liberalen Partei von Premierminister Wilfrid Laurier. Zwei Themen dominierten den Wahlkampf: Der Freihandel mit den Vereinigten Staaten und die Schaffung der eigenständigen kanadischen Marine. Die von Robert Borden angeführte Konservative Partei bildete eine Mehrheitsregierung.

Inhaltsverzeichnis

Die Wahl

Die liberale Regierung war in eine Debatte zum deutsch-britischen Wettrüsten verwickelt worden. Laurier schlug die Schaffung der Royal Canadian Navy vor, doch damit konnte er weder die frankophonen noch die englischsprachigen Kanadier für sich gewinnen. Erstere lehnten jeglichen Beistand Großbritanniens entschieden ab, letztere wollten die britische Royal Navy direkt finanziell unterstützen. Nach den Wahlen präsentierten die Konservativen einen Gesetzesvorschlag für einen Beitrag an die britische Marine, doch wurde dessen Umsetzung durch ein Filibuster der Liberalen im Unterhaus und schließlich vom liberal dominierten Senat verhindert.

Die Bevölkerung Ontarios und der Seeprovinzen warf dem Frankophonen Laurier vor, Kanadas traditionelle Bindungen zu Großbritannien aufzugeben. Auf der anderen Seite machte der Nationalist Henri Bourassa, der wegen der angeblich pro-britischen Haltung der Regierung aus der Liberalen Partei ausgetreten war, in der Provinz Québec Stimmung gegen Laurier. Dies führte in Québec zur Stärkung der Konservativen, die eigentlich eine noch imperialistischere Haltung einnahmen als die Liberalen.

Die Basis der Unterstützung der Liberalen verlagerte sich nach Westkanada. Der Westen suchte nach neuen Märkten für seine landwirtschaftlichen Produkten und befürwortete daher den Freihandel mit den Vereinigten Staaten. Doch die Vertreter der durch hohe Zölle geschützten Industrie in Zentralkanada waren strikt dagegen. Die Liberalen beschlossen, den Freihandel zum Hauptthema des Wahlkampfs zu machen und handelten mit den Vereinigten Staaten ein Freihandelsabkommen für natürliche Produkte aus.

Obschon die Legislaturperiode noch zwei Jahre dauern würde, beschloss Laurier, vorgezogene Neuwahlen auszurufen, um ein Mandat für die Umsetzung des Abkommens zu erlangen. Die Wahlkampagne verlief für die Liberalen jedoch schlecht. Die mächtigen Interessenvertreter der Industrie in Toronto und Montréal entzogen ihre Unterstützung und liefen zu den Konservativen über. Diese argumentierten, der Freihandel würde die Souveränität Kanadas untergraben und zu einer schleichenden Annektierung durch die Vereinigten Staaten führen. Fast acht Jahrzehnte später, bei den Unterhauswahlen 1988, sollte der Freihandel ebenfalls das Hauptthema sein, allerdings mit vertauschten Rollen: Die Liberalen bekämpften das von den Konservativen vorgeschlagene Freihandelsabkommen.

Die Wahlbeteiligung betrug 70,2 %.

Ergebnisse

Gesamtergebnis

Partei Vorsitzender Kandi-
daten
Sitze
1908
Sitze
1911
+/- Stimmen Anteil +/-
  Konservative Partei Robert Borden 208 82 131 + 49 625.697 48,03 % + 3,08 %
  Liberal-konservative Partei [1] 2 3 1 - 2 6.842 0,53 % - 0,74 %
  Liberale Partei Wilfrid Laurier 214 133 85 - 48 596.871 45,82 % - 3,05 %
  Unabhängige Konservative 3 1 3 + 2 12.499 0,96 % + 0,50 %
  Labour Party 3 1 1 12.101 0,93 % + 0,04 %
  nicht bekannt 10 25.857 1,98 % + 0,83 %
  Unabhängige 12 1 - 1 10.346 0,79 % - 0,65 %
  Sozialistische Partei 6 4.574 0,35 % - 0,17 %
  Nationalistische Konservative 2 4.399 0,34 % + 0,34 %
  Nationalisten 1 3.533 0,27 % + 0,27 %
Total 461 221 221 1.302.719 100,0 %

Akklamationen

4 Kandidaten wurden per Akklamation gewählt:

  • Ontario: 1 Konservativer, 1 Liberaler
  • Québec: 2 Liberale

Ergebnis nach Provinzen und Territorien

Partei BC AB SK MB ON QC NB NS PE YK Total
Konservative Partei Sitze: 7 1 1 8 71 26 5 9 2 1 131
Anteil in %: 58,7 38,5 39,0 51,9 53,5 44,1 43,6 44,5 51,1 60,8 48,0
Liberal-konservative Partei Sitze: 1 1
Anteil in %: 4,1 0,8 0,5
Liberale Partei Sitze: 6 9 2 13 36 8 9 2 85
Anteil in %: 37,7 53,3 59,4 44,8 41,2 44,6 47,7 55,2 48,9 39,2 45,8
Unabhängige Konservative Sitze: 1 2 3
Anteil in %: 1,5 1,6 1,0
Labour Party Sitze: 1 1
Anteil in %: 0,1 3,6 0,9
nicht bekannt Anteil in %: 1,0 2,1 2,6 8,7 2,0
Unabhängige Anteil in %: 3,1 1,6 0,3 0,5 1,2 0,3 0,8
Sozialistische Partei Anteil in %: 3,7 3,0 0,2 0,1 0,4
Nationalistische Konservative Anteil in %: 0,3 1,0 0,3
Nationalisten Anteil in %: 1,1 0,3
Sitze total 7 7 10 10 86 65 13 18 4 1 221

Anmerkungen

  1. Die Liberal-Konservativen bildeten zusammen mit den Konservativen eine Fraktion im Unterhaus.

Weblinks

Siehe auch


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