Karl Ritter (Regisseur)

Karl Ritter (Regisseur)
Karl Ritter als junger Offizier (1911)
Karl Ritter mit seiner Frau Erika nach seiner bestandenen Flugprüfung am 30. September 1911
Karl Ritters Flugschein
Karl Ritter
Karl Ritter mit seinem ältesten Sohn Heinz (1954)
Karl Ritter mit der Fliegerin Hanna Reitsch (1968)
Karl Ritter (1975)

Karl Ritter (* 7. November 1888 in Würzburg; † 7. April 1977 in Buenos Aires, Argentinien) war ein deutscher Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ritters Mutter war Opernsängerin, sein Vater Professor am Konservatorium. Nach dem Abitur wurde Ritter Berufsoffizier in der bayerischen Armee.

Ein Besuch auf der ILA 1909 in Frankfurt brachte ihn 1910 auf den Gedanken, es mit dem Bau eines Flugzeuges zu versuchen. Dazu ermuntert wurde er durch Dr. Paul Gans-Fabrice (1866–1915), den Vater der Gräfin Einsiedel, die später mit Ernst Udet flog. Gans-Fabrice war zu jener Zeit gerade dabei, auf dem Münchner Oberwiesenfeld die bayerische Flugschule einzurichten, und versprach dem jungen Flugzeugenthusiasten, ihm bei den Flugversuchen zu helfen.

Ritter begann im Winter 1910 mit Hilfe seines Bataillonskommandeurs das Flugzeug zu konstruieren. Ende Februar 1911 flog Ritter zum ersten Mal seinen neuen Schulter-Eindecker, und am 30. September dieses Jahres legte er vor dem Deutschen-Luftschiffer-Verband seine Flugprüfung erfolgreich ab. Er bekam den deutschen Flugschein Nr. 121.

Fünf Tage vor seiner Fliegerprüfung heiratete er die ein Jahr ältere Erika geb. Ritter (keine Verwandtschaft), eine Großnichte Richard Wagners. Kaum zurück, bekam er die Nachricht, dass die bayerische Armee verordnet hatte, dass es verheirateten Offizieren fortan untersagt war, sich der Militärfliegerei zu widmen. Ritter musste somit bei den Pionieren bleiben, einer Waffengattung, bei der er zum Major befördert wurde. Er hat das Fliegen nicht aufgegeben und gehörte bis zu seinem Lebensende zu dem Verein „Die Alten Adler“.

Nach Kriegsende begann er in München ein Architekturstudium und wandte sich dann der Malerei und Grafik zu. Durch die Familie seiner Frau für den Nationalsozialismus begeistert, trat er 1925 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 23.040).[1]

1925 hatte er seinen ersten Kontakt mit dem Film als Werbegrafiker für die Südfilm AG in Berlin. Ihm wurde die Produktionsleitung verschiedener Filme übertragen und er begann Drehbücher zu schreiben. Auch sein Bruder Rudo Ritter, eigentlich Komponist, schrieb zum Broterwerb Drehbücher. 1932 wurde er Produktionschef der „Reichsliga“, für die er im selben Jahr einen Kurzfilm mit Karl Valentin drehte. 1933 engagierte ihn die Ufa als Produzenten; sein erster Film in dieser Eigenschaft war Hitlerjunge Quex (1933), einer der wenigen Nazi-Filme, die offen für einen Beitritt zur Hitlerjugend warben. Als Regisseur wählte er Hans Steinhoff, der neben ihm und Veit Harlan zu einem der am meisten exponierten Regisseure des "Dritten Reichs" wurde. 1936 begann er seine Karriere als Regisseur mit der Komödie Weiberregiment. Es folgten Der alte und der junge König, Ohm Krüger, Robert Koch und weitere Filme, die die Ideologie des Naziregimes im historischen Gewand transportierten.

Aufgrund einer Anweisung Goebbels, Schauspieler und Regisseure in die Direktion der Filmproduktionsfirmen aufzunehmen, um so die Qualität der deutschen Filme zu verbessern, wurde Ritter 1937 gemeinsam mit den Schauspielern Eugen Klöpfer, Paul Hartmann, Mathias Wieman und dem Regisseur Carl Froelich in den Aufsichtsrat der Ufa berufen; 1939 wurde Ritter aus Anlass des 50. Geburtstages Hitlers zum „Professor“ ernannt.

In den nächsten Jahren war er einer der am meisten beschäftigten Regisseure von ideologisch geprägten Filmen wie Patrioten, Pour le Mérite, GPU und Kadetten. Daneben drehte er Musik-Komödien wie Capriccio (mit Lilian Harvey) und Bal paré. Die letzten Produktionen der nationalsozialistischen Filmwirtschaft, an denen Ritter beteiligt war, waren Wolfgang Liebeneiners Das Leben geht weiter und Gerhard Lamprechts Kamerad Hedwig, die bei Kriegsende unvollendet blieben.

1944 erhielt er von Hitler eine Dotation in Höhe von 100.000 Reichsmark.[2]

Gegen Ende des Krieges wurde Ritter zur Luftwaffe eingezogen und geriet in russische Gefangenschaft, aus der er nach Bayern fliehen konnte. Bei der Entnazifizierung wurde er als Mitläufer eingestuft und erhielt deshalb in der französischen Zone keine Drehlizenz. Im Mai 1949 ging er mit seiner Familie nach Argentinien, wo ihm auf Vermittlung Winifred Wagners durch dort lebende Deutsche der Aufbau einer Filmproduktion ermöglicht werden sollte. Für die Eos-Film in Mendoza dreht er 1950/51 unter Mitwirkung zahlreicher anderer Deutscher, darunter seiner drei Söhne Gottfried, Heinz und Hans, den Film El paraiso, der jedoch ein großer Misserfolg wurde.

Aufgrund der veränderten politischen Situation kehrte er im Juni 1953 in die Bundesrepublik zurück. In Wiesbaden drehte er Staatsanwältin Corda, die Geschichte einer Anwältin, die sich in einen Angeklagten verliebt; die Hauptrolle spielte Paul Klinger. Mit seiner zweiten Produktion Ball der Nationen kehrte er zum Genre der leichten Musik-Komödie zurück, wobei es zu der ungewöhnlichen Partnerschaft von Zsa Zsa Gabor mit Gustav Fröhlich und Alexander Golling kam. 1955 gründete er die „Karl Ritter Filmproduktion GmbH“ und verkündete seinen Plan, Frank Wedekinds Die Büchse der Pandora zu verfilmen. Das Projekt kam jedoch nicht zustande.

Trotz seines Glaubens an „die Gesundung des deutschen Films“ und seines Bemühens „Filme zu gestalten, deren Themen Weltgültigkeit haben“, konnte er sich in der bundesdeutschen Filmindustrie nicht durchsetzen. Ritter kehrte schließlich nach Argentinien zurück, wo er starb.

Filmografie

  • 1928: Das Spreewaldmädel (Drehbuch)
  • 1929: Kehre zurück! Alles vergeben! (Drehbuch)
  • 1929: Fräulein Lausbub (Drehbuch)
  • 1931: Der Zinker (Produktionsleitung)
  • 1932: Muß man sich gleich scheiden lassen? (Produktionsleitung)
  • 1932: Melodie der Liebe (Produktionsleitung)
  • 1932: Im Photoatelier (Regie)
  • 1932: Die verkaufte Braut (Produktionsleitung)
  • 1933: Rivalen der Luft. Ein Segelfliegerfilm (Herstellungsleitung)
  • 1933: Liebe muß verstanden sein (Produktionsleitung und Herstellungsleitung)
  • 1933: Hitlerjunge Quex. Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend (Herstellungsleitung)
  • 1934: Lockvogel (1934, Herstellungsleitung)
  • 1934: Liebe, Tod und Teufel (Produktionsleitung und Herstellungsleitung)
  • 1934: Freut euch des Lebens (Herstellungsleitung)
  • 1935: Die törichte Jungfrau (Herstellungsleitung)
  • 1935: Die Insel (Herstellungsleitung)
  • 1935: Königswalzer (Herstellungsleitung)
  • 1935: Ehestreik (Herstellungsleitung)
  • 1936: Die letzten Vier von Santa Cruz (Herstellungsleitung)
  • 1936: Weiberregiment (Regie und Herstellungsleitung)
  • 1936: Verräter (Regie, Produktionsleitung und Herstellungsleitung)
  • 1937: Urlaub auf Ehrenwort (Regie, Produktionsleitung und Herstellungsleitung)
  • 1937: Unternehmen Michael (Regie, Drehbuch und Herstellungsleitung)
  • 1937: Patrioten (Idee, Regie, Drehbuch-Mitarbeit, Produktionsleitung und Herstellungsleitung)
  • 1938: Pour le Mérite (Regie, Drehbuch und Herstellungsleitung)
  • 1938: Capriccio (Regie und Herstellungsleitung)
  • 1939: Die Hochzeitsreise (Regie, Drehbuch und Herstellungsleitung)
  • 1939: Im Kampf gegen den Weltfeind (Regie und Herstellungsleitung)
  • 1939: Legion Condor (Regie, Drehbuch und Herstellungsleitung)
  • 1940: Bal paré (Regie, Drehbuch und Herstellungsleitung)
  • 1941: Stukas (Regie, Drehbuch und Herstellungsleitung)
  • 1941: …Über alles in der Welt (Regie, Drehbuch, Produktionsleitung und Herstellungsleitung)
  • 1941: Kadetten (Regie, Drehbuch und Herstellungsleitung)
  • 1942: GPU (Regie, Drehbuch und Herstellungsleitung)
  • 1943: Besatzung Dora (Regie, Drehbuch und Herstellungsleitung)
  • 1943: Liebesbriefe (Herstellungsleitung)
  • 1944: Sommernächte (Herstellungsleitung)
  • 1945: Kamerad Hedwig (Herstellungsleitung)
  • 1945: Erzieherin gesucht (Herstellungsleitung)
  • 1945: Das Leben geht weiter (Drehbuch und Herstellungsleitung)
  • 1948: El Paraiso (Produktion und Regie)
  • 1950: Wer fuhr den grauen Ford? (Produktionsleitung)
  • 1954: Staatsanwältin Corda (Regie und Drehbuch)
  • 1954: Ball der Nationen (Regie und Drehbuch)

Literatur

  • GJD (= Gerke Dunkhase): Karl Ritter. In: Hans-Michael Bock (Hrsg.): CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film. LG. 1. München: edition text + kritik 1984.
  • Ernst Klee: „Karl Ritter“ Eintrag in ders.: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S.489.
  2. Gerd R. Ueberschär, Winfried Vogel: Dienen und Verdienen. Hitlers Geschenke an seine Eliten. Frankfurt 1999, ISBN 3-10-086002-0

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