Karl Wilmanns

Karl Wilmanns

Franz Karl Heinrich Wilmanns (* 26. Juli 1873 in Durango, Mexiko; † 23. August 1945 in Wiesbaden) war ein deutscher Psychiater.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Wilmanns wurde als Sohn der hanseatischen Kaufmanns- und Gelehrtenfamilie Wilmanns in Mexiko geboren, kam mit sechs Jahren nach Deutschland und wuchs in Bremen auf. Sein Vater war Kaufmann und Teilhaber verschiedener Handelshäuser in Durango, Torreón und Honolulu. Seine Mutter Ottilie Delius stammte ebenfalls aus einer in Mexiko tätigen und aus dem westfälischen Versmold stammenden Dynastie von Leinenhändlern.

Karl Wilmanns studierte in Bonn, Göttingen und Berlin und promovierte 1897 mit einer pharmakologischen Dissertation: Die direkte Erregung der Atmungscentra durch den Weingeist.

Von 1898 bis 1901 war er Assistent bei Anton Delbrück – der die Pseudologia phantastica beschrieb – im St.-Jürgen-Asyl in Bremen und bei Carl Wilhelm Pelman an der Heil- und Pflegeanstalt in Bonn. 1902 wurde er Assistent von Emil Kraepelin an der Großherzoglichen Psychiatrischen Universitätsklinik in Heidelberg, wo er sich 1906 bei dessen Nachfolger Franz Nissl habilitierte und 1912 Außerordentlicher Professor wurde. Als „Hilfsarzt“ – heute Oberarzt – von Nissl förderte er den Medizinstudenten und Volontärsassistenten Karl Jaspers. Im Ersten Weltkrieg war er zeitweise als Sanitätsoffizier tätig.

1917 wurde er als Nachfolger von Leopold Oster kurzfristig Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Reichenau bei Konstanz, 1918 erhielt Wilmanns einen Ruf als Nissls Nachfolger als Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg.

1933 wurde er aufgrund § 4 des neu eingeführten „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aus dem Staatsdienst entlassen, da er sich kurz vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten respektlos über Hitler und Göring geäußert hatte. In einer Vorlesung soll er festgestellt haben: „Hitler hat im Anschluß an seine im Feld erlittene Verschüttung eine hysterische Reaktion gehabt“. Über Göring äußerte er, dieser sei ein „chronischer Morphinist“. Sein Nachfolger wurde Carl Schneider, der Anhänger der Nationalsozialisten war und sich in den Dienst der Euthanasie gestellt hatte.

Karl Wilmanns war ein Bruder des Chemikers Gustav Wilmanns.

Prinzhorn-Sammlung

In der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg hatten bereits Kaepelin und Wilmanns Zeichnungen und Aquarelle von Patienten gesammelt. Diese Sammlung wurde in den Jahren 1919 bis 1922 von Hans Prinzhorn, der Assistent bei Wilmanns war, in dessen Auftrag umfassend erweitert. Die daraus entstandene „Prinzhorn-Sammlung“, umfasst heute rund 5.000 Arbeiten von etwa 450 Patienten psychiatrischer Anstalten.

Werke (Auswahl)

  • 1902 Die Psychosen der Landstreicher. Zentralblatt der Nervenheilkunde und Psychiatrie 25: 729–746
  • 1905 Das Landstreichertum, seine Abhilfe und Bekämpfung. Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 1: 605–620
  • 1906 Zur Psychopathologie des Landstreichers. Barth, Leipzig
  • 1908 Über Gefängnispsychosen. C. Marhold, Halle/Saale 1908, 65 S. – Wilmanns, Karl (1908) auf Wikiversity
  • 1911 zus. mit P. Nitsche: Die Geschichte der Haftpsychosen. Zeitschrift für Neurologie, Referate und Ergänzungen. S. 353–382 (auch engl. New York 1912)
  • 1932 Red. v. Schizophrenie. In: Oswald Bumke (Hrsg.): Handbuch der Geistkrankheiten. Bd. 9. Springer, Berlin

Literatur

  • Alma Kreuter: Deutschsprachige Neurologen und Psychiater. Bd. 3 Paetz bis Zwinger. Saur, München u. a. 1996, S. 1588–1590.

Weblinks


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