- Kleine Festung Theresienstadt
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Die Kleine Festung (Malá pevnost) ist ein Teil von Theresienstadt, die 1780 bis 1790 als eine Festungsanlage von Kaiser Josef II. erbaut wurde.
Inhaltsverzeichnis
k.u.k.-Monarchie
Die Kleine Festung auf der gegenüberliegenden Seite der Eger, wurde schon bald nach ihrer Errichtung als Gefängnis verwendet. Neben zahlreichen Militärgefangenen inhaftierte die kaiserlich und königliche Monarchie hier politische Gefangene, unter anderem den griechischen Freiheitskämpfer Alexander Ypsilantis, ungarische und tschechische Aufständische von 1848 oder auch die Täter des Attentats von Sarajevo (Gavrilo Princip u.a.), deren Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand von Österreich-Este den ersten Weltkrieg einleitete.
Gestapo-Gefängnis
Während der Okkupation der Tschechoslowakei Böhmens und Mährens durch Nazi-Deutschland wurde im Juni 1940 in der Kleinen Festung ein Gestapo-Gefängnis eingerichtet.
Die Nazis nutzten die vorhandene Infrastruktur aus und "perfektionierten" den Ort. Sie bauten ihn zu einem Bestandteil ihres Repressions- und Vernichtungsapparates aus. Das Gefängnis wurde von der Gestapo-Dienststelle in Prag verwaltet. Zu Anfang gab es nur männliche Häftlinge, erst nach dem erfolgreichen Attentat auf Reinhard Heydrich wurde im Juni 1942 eine Frauenabteilung eingerichtet. Zu den bestehenden drei Gefängnishöfen kam 1943 ein vierter hinzu, der für männliche Häftlinge bestimmt war.
Zwischen 1940 und 1945 wurden von den verschiedenen Dienststellen der Gestapo rund 27.000 Männer und 5.000 Frauen an das Gefängnis Theresienstadt überstellt, zunächst mit Inhaftierten aus Prag, dann aus ganz Böhmen und ab 1944 auch aus Mähren. In der Kleinen Festung wurden bis Kriegsende überwiegend Tschechen festgehalten, darunter viele Widerständler gegen das Nazi-Regime. In den letzten Jahren dann auch Bürger der Sowjetunion, aus Polen, Jugoslawien und gegen Kriegsende Gefangene aus den Reihen der Alliierten Armeen.
Von den Insassen kamen etwa 8.000 in anderen Lagern um, in die sie bis zum Ende des Krieges deportiert wurden. 2.500 starben im Lager nach Folter, Krankheiten und aufgrund der Arbeits- und Lebensbedingungen. 250 Insassen wurden in der Festung selbst hingerichtet. Unter den Opfern befindet sich auch eine Gruppe von Juden aus dem Rheinland, die am 4. Oktober 1944 - „irrtümlicherweise “- in der Kleinen Festung und nicht im „Ghetto“ in einem Transport aus Köln ankamen. Dieser Irrtum wurde korrigiert; fast alle wurden ermordet. [1]
Kommandant des Gestapo-Gefängnisses war seit dessen Einrichtung SS-Hauptsturmführer Heinrich Jöckel, der die 1. Kompanie des SS-Wachbataillons Böhmen und Mähren kommandierte.
„Erstes deutsches Konzentrationslager in der besetzten Tschechoslowakei“
Jan Merell wurde 1943 in Prag verhaftet und in der Kleinen Festung inhaftiert. In dem vom Rat der jüdischen Gemeinden in Böhmen und Mähren herausgegebenen Band Theresienstadt hat er seine Eindrücke und Erfahrungen unter dem Titel Wie sie litten und starben festgehalten. Mit sie meint er die Juden, die in die Kleine Festung kamen. Er selbst war katholischer Priester, der wie tausende andere Tschechen nach Theresienstadt kamen, weil sie in Opposition zu den Nazis standen. Merell hatte als Dozent der Theologischen Fakultät der Karls-Universität in Prag auch nach deren Schließung weiter Vorlesungen gehalten.
Der Anteil der Juden unter den 2.500 Toten der Kleinen Festung war hoch. Nur in den ersten Monaten hatten die Nazis im November 1941 eingerichteten Ghetto Theresienstadt eine eigene Hinrichtungsstelle geschaffen. Vom Sommer 1942 an wurden alle Hinrichtungen in Theresienstadt in der Kleinen Festung vollstreckt. Merell schreibt in seinem Bericht:
- „Im Juni 1940 wurde sie (die Kleine Festung) von der Prager Gestapo übernommen, die hier ein Notgefängnis errichtete, um dem Platzmangel im Prager Polizeigefängnis Pankrac abzuhelfen. So wurde die Kleine Festung zum ersten hitlerschen Konzentrationslager auf böhmischem Boden. Bald darauf, im November 1941, kam ein zweites hinzu: die Große Festung, die als Konzentrations-Getto adaptierte Stadt Theresienstadt. Im Getto waren die Juden nicht auf Rosen gebettet, aber wehe denen, die aus irgendeinem Grunde in die Kleine Festung kamen!“ [2]
Der Zusammenhang zwischen Kleiner Festung und Ghetto wird besonders deutlich, wo Merell über das Schicksal der Juden berichtet, die direkt in die Kleine Festung kamen oder aber erst in das Ghetto eingeliefert und dann mit dem Vermerk „RU“ (Rückkehr unerwünscht) in das Gestapo-Gefängnis überstellt wurden. Merell führt dazu aus:
- „Juden, die aus dem Getto in die Kleine Festung kamen, waren zur Vernichtung bestimmt, so daß nur wir, die wir mit dem Leben davonkamen, unsere Stimmen erheben können, um Zeugnis abzulegen von ihrem großen Leiden. Die Kleine Festung war eine Durchgangsstation zwischen Untersuchungshaft und Einlieferung in ein KZ, oder in ein Gefängnis, so daß die Häftlinge für gewöhnlich nicht lange dort blieben. Ich aber verbrachte volle vierzehn Monate dort, so daß ich mehr Gelegenheit als die meisten anderen hatte, Zeuge der unmenschlichen Grausamkeiten zu werden, die die Nazi an den Häftlingen, besonders aber an den Juden, begingen.“[3]
Opfer
- Josef Beran (1888-1969), Erzbischof von Prag
- Rudolf Karel (1880-1945), tschechischer Komponist
- Karel Kosík (1926-2003), Philosoph und Literaturtheoretiker
- Martin Finkelgruen (*? - † 10. Dezember 1942), Kaufmann, "erschlagen" in der Kleinen Festung
- Benno Wolf (1871-1943), Höhlenforscher
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- Theresienstadt-Konvolut
- Kategorie:Häftling im Ghetto Theresienstadt
- Kategorie:NS-Häftling in der Kleinen Festung Theresienstadt
Täter
- Heinrich Jöckel, SS-Hauptsturmführer, Kommandant, 1946 hingerichtet
- Wilhelm Schmidt, stellvertretender Kommandant, am 12. November 1946 verurteilt und hingerichtet
- Rudolf Burian, Aufseher, 1946 hingerichtet
- Anton Malloth (1912–2002), Aufseher, 2001 vom Landgericht München wegen Ermordung eines Häftlings zu lebenslanger Haft verurteilt.
- Albert Neubauer, Aufseher, 1946 hingerichtet
- Stefan Rojko, Aufseher, 1963 vom Landgericht Graz zu lebenslänglicher Haft wegen Tötung und Misshandlung mit Todesfolge von politischen Häftlingen und Juden verurteilt
- Kurt Wachholz, Aufseher, vom Ost-Berliner Stadtgericht 1968 zum Tode verurteilt
- Julius Viel, in dem so genannten "Ravensburger Kriegsverbrecherprozess" 2001 zu 12 Jahren Haft verurteilt.
Nachkriegszeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in der Kleinen Festung ein Internierungslager für Deutsche eingerichtet, die aus Tschechien vertrieben werden sollten. Während der Vertreibung wurden hier insgesamt etwa 3.800 Deutsche interniert, darunter auch Kinder. Insgesamt starben von den Internierten etwa 600 Personen. Das Lager wurde vom kommunistischen Innenministerium verwaltet. [4] Eine Ausstellung in Räumen der Kleinen Festung behandelt diesen Teil der Geschichte von Theresienstadt.
Auf Initiative ehemaliger Gefangener und Hinterbliebener aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs beschloss die tschechische Regierung 1947 aus der Kleinen Festung von Terezin eine Gedenkstätte zu machen. Ein Ghetto-Museum befindet sich in der "Magdeburger Kaserne" in der Großen Festung, die Sitz des von der SS eingerichteten Judenrats war.
- Siehe auch den Artikel Internierungslager Theresienstadt (1945–1948)
Literatur
- Hans G. Adler: Theresienstadt. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft. (1941–1945). Reprint der 2. Auflage 1960. Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-694-6.
Belege
- ↑ Malá pevnost, Prag 1988, S. 46
- ↑ Rat der jüdischen Gemeinden in Böhmen und Mähren. Aus dem Englischen übertragen von Walter Hacker: Theresienstadt, S. 293
- ↑ Rat der jüdischen Gemeinden in Böhmen und Mähren. Aus dem Englischen übertragen von Walter Hacker: Theresienstadt, S. 293
- ↑ Senator Barta: Internierungslager für Deutsche wurde vom kommunistischen Innenministerium verwaltet.
Weblinks
- Theresienstädter Initiative
- Historisches über die Garnisons-Stadt und Festung Theresienstadt Teil 1, Teil 2
- Thomas Karny: Rechenschaft statt Rache. Nach 56 Jahren steht der SS-Mann Anton Malloth vor Gericht. In: Wiener Zeitung, 25. Mai 2001
- Peter Finkelgruen: Kleine Festung Theresienstadt: Oder wie man Geisel der Verhältnisse bleibt
50.512514.157222222222Koordinaten: 50° 30′ 45″ N, 14° 9′ 26″ O
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