Klubzwang

Klubzwang

Der Begriff Fraktionszwang (in Österreich Klubzwang) beschreibt im weiteren Sinne den Druck, der auf die Mitglieder einer parlamentarischen Fraktion von der Fraktionsführung und anderen Fraktionsmitgliedern als Mittel des Machterhalts der eigenen Partei ausgeübt wird, um ein einheitliches Abstimmungsverhalten aller Fraktionsmitglieder zu erzielen. Die Begriffe Fraktionszwang und Fraktionsdisziplin werden teilweise synonym verwendet, eine (wenn auch fließende) Grenze gibt es jedoch.

Inhaltsverzeichnis

Fraktionszwang

Beim Fraktionszwang im engeren Sinne hat die Fraktion eine direkte Möglichkeit, den Abgeordneten zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten zu bewegen. In der Weimarer Republik hatte die KPD Blankovorlagen ihrer Mitglieder für einen Verzicht auf ihr Mandat, diese Praxis wurde für verfassungswidrig erklärt. Auch bei einem angenommenen Parteiausschluss aufgrund mangelnder Fraktionsdisziplin kann der Kandidat zu einer Wiederwahl mit Chancen auf seine Person antreten, obwohl bei den Wählern oft auch die Parteizugehörigkeit eine Rolle spielt.

Deutschland

In der heutigen Bundesrepublik Deutschland, wie davor schon in der Weimarer Republik, gibt es aufgrund von Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz, nach dem Abgeordnete Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind, keinen Fraktionszwang, aber auch hier agieren die Abgeordneten aufgrund der Fraktionsdisziplin oder Fraktionssolidarität meist geschlossen.

Die Meinung der Fraktion

Die Fraktion stimmt meist vorher (intern) über eine Entscheidung ab; an das Ergebnis dieser Abstimmung halten sich fast immer alle Mitglieder der Fraktion. Es ist allgemein anerkannt, dass eine gewisse Fraktionsdisziplin in einem parlamentarischen Regierungssystem nötig ist. Die Fraktionsdisziplin ist in keinem Gesetz und keiner Geschäftsordnung verankert. Faktisch jedoch ist die Fraktionsdisziplin Alltag im Parlament.

Möglichkeiten des einzelnen Abgeordneten

Den Abgeordneten steht es immer frei zu entscheiden wie sie wollen, sie müssen dann aber damit rechnen, bei der nächsten Wahl nicht mehr aufgestellt zu werden und von der Fraktion weniger Unterstützung zu erhalten. Innerparteiliche Diskussionen, obwohl sie Ausdruck einer demokratischen Willensbildung und teilweise notwendig sind, führen außerdem erfahrungsgemäß zu schlechten Wahlergebnissen. Ein Abgeordneter hat auch das Recht und die Möglichkeit, die Fraktion zu wechseln. Fraktionswechsel sind umstritten, aber in der Geschichte der Bundesrepublik kamen sie schon mehrmals vor.

Außerdem kann sich jeder Abgeordnete dazu entscheiden, keiner Fraktion mehr anzugehören. Er verliert damit aber bestimmte Rechte, die nur Mitgliedern einer Fraktion zustehen.

Gründe

Es gibt aber auch Gründe für die Fraktionsdisziplin:

  • Wenn Abgeordnete sich nicht an das Programm ihrer Partei (oder bei Koalitionsregierungen nicht an das Koalitionsprogramm) halten, so werden diese Entscheidungspakete wieder aufgeschnürt. Dies ist nicht sinnvoll, weil beim Mehrheitsprinzip nur durch die Bündelung der einzelnen Punkte in einem Programm eine unterschiedlich starke Betroffenheit der Wähler von den Einzelentscheidungen berücksichtigt werden kann.
  • Kein Abgeordneter kann in allen Fachthemen ausreichende Sachkenntnis haben und muss sich daher an den Meinungen der anderen Mitglieder seiner Fraktion orientieren. Außerdem herrscht faktisch eine unausgesprochene Übereinkunft, dass sich die Fraktion an der Meinung von Experten aus selbiger orientiert. So kann ein Fraktionsmitglied in Teilbereichen die Fraktionsmeinung maßgeblich prägen, während es sich darauf verlassen kann, dass die Entscheidungen der Fraktion von Experten anhand von fundierten Argumenten gefällt werden.
  • Jede Partei muss sich, um ihre Interessen durchsetzen zu können, auf ihre Abgeordneten verlassen, und die Abgeordneten verdanken der Partei ihr Mandat. Außerdem erwartet der Wähler für seine Wahlentscheidung letztlich ein klares Profil der Partei, das nur durch ein im Wesentlichen einheitliches Abstimmungsverhalten erreicht werden kann.
  • Die meisten Abgeordneten, vor allem wenn nach dem Verhältniswahlrecht gewählt wird, werden als Mitglieder ihrer Partei gewählt. Es wird also erwartet, dass sie deren Programm umsetzen.
  • Ohne Fraktionsdisziplin wäre die Arbeitsfähigkeit der Regierung stark eingeschränkt, da von Abweichlern aus der eigenen Fraktion und von der Opposition (deren Abgeordnete der Meinung sind, die Regierung müsse abgelöst werden) die Gesetzgebung blockiert werden würde.
  • Es kann durchaus eine Gewissensentscheidung sein, Gesetzen zuzustimmen, die nicht der eigenen Überzeugung entsprechen, da Alternativen (Regierungswechsel) oder die Unterstützung durch die Fraktion bei einem anderen Thema schwerer wiegen.

Lässt sich die Fraktionsdisziplin nicht einfach durchsetzen, kann der Bundeskanzler mit einer Gesetzesabstimmung eine Vertrauensfrage verknüpfen. Insbesondere bei Gewissensentscheidungen (wie zum Beispiel bezüglich Schwangerschaftsabbruch und der Verlängerung der Verjährungsfrist von NS-Verbrechen) werden durch die Fraktionsführung in der Regel die Abstimmungen freigegeben und jeder Abgeordnete muss seine eigene Entscheidung fällen.

Siehe auch


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Synonyme:

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