- Andrés Bello
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Andrés Bello (* 29. November 1781 in Caracas, Venezuela; † 15. Oktober 1865 in Santiago, Chile) war ein südamerikanischer Philosoph, Völkerrechtler, Philologe und Dichter. Er schuf das Chilenische Zivilgesetzbuch von 1855, eine der frühesten und bis heute wegweisenden Kodifikationen Lateinamerikas.
Leben
Andrés Bello wuchs in Caracas im damals spanischen Generalkapitanat Venezuela auf und war als Kind ein eifriger Besucher der nahe seinem Elternhaus gelegenen Bibliotheken. An der Universität Caracas erlangte er mit hervorragenden Noten den Abschluss eines Baccalaureus Artis und machte sich anschließend als Hauslehrer bei den Familien der Oberschicht von Caracas einen Namen. 1800 begleitete er Alexander von Humboldt auf einem Teil seiner Südamerikareise. Für kurze Zeit war er auch Lehrer von Simón Bolívar. Sein 1800 begonnenes Studium der Rechte und der Medizin brach er zugunsten einer Beamtenlaufbahn ab, betätigte sich aber schon bald hauptsächlich als Intellektueller, Publizist und Dichter. Bekannt wurde er neben seinen Gedichten durch Übersetzungen von Teilen der Aeneis und von Voltaires Tragödie Zulime. 1808 übernahm er die Leitung der ersten gedruckten Zeitung Venezuelas, der Gaceta de Caracas.
Nach der Unabhängigkeit Venezuelas im 19. April 1810 ging er im Regierungsauftrag nach England und war bis 1813 als diplomatischer Repräsentant von Venezuela in London tätig, wo er sich bis 1829 ständig aufhielt. Hier traf er Francisco de Miranda und wurde ein häufiger Besucher des Britischen Museums. Er übernahm auch diplomatische Aufgaben für Chile und Großkolumbien. 1822 erhielt er eine Anstellung als Legationsrat der chilenischen Auslandsvertretung.
Als Mitbegründer der Gesellschaft für Amerikanische Dichtung arbeitete er maßgeblich an wichtigen philologischen und literarischen Zeitschriften (etwa El Censor Americano oder La Biblioteca Americana) mit und war Herausgeber der Zeitschrift El Repertorio Americano. Sein bekanntestes Gedicht Silva stammt aus dem Jahre 1826.
1830 wurde er Rektor eines Hochschulkollegs in Santiago de Chile und gründete die Zeitschrift El Araucano. Mehrfach übte er zusätzlich verschiedene Regierungsämter in Chile aus. 1842 gründete er die Universität von Chile, deren Rektor er bis zu seinem Tod blieb. 1851 wurde er zum Ehrenmitglied der Real Academia Española ernannt.
Mehr als 20 Jahre arbeitete der Gelehrte an der Kodifikation des chilenischen Zivilrechts und übergab den Entwurf für einen Código Civil de Chile 1855 dem chilenischen Präsidenten Manuel Montt Torres, der ihn dem Nationalkongress zur Verabschiedung vorlegte. Das Gesetzbuch trat am 1. Januar 1857 in Kraft. Bello wurde danach zum Senator in Chile ernannt. Er gilt als Vertreter einer positivistischen Rechtsphilosophie, die in Amerika unter anderem aufgrund seines Wirkens früher als in Europa Verbreitung fand, und betrachtete das Gesetz als einzige Rechtsquelle mit dem Anspruch umfassenden Inhalts und exklusiver Geltung. Das Zivilgesetzbuch von 1855 wurde in mehreren lateinamerikanischen Staaten umfassend rezipiert, zum Teil sogar (etwa in Ecuador, Kolumbien und El Salvador) fast wörtlich übernommen.
Als Sprachwissenschaftler befürchtete Bello für die spanische Sprache in den nun unabhängigen Ländern Hispanoamerikas ein ähnliches Schicksal, wie es das Lateinische mit der Aufsplitterung in die verschiedenen romanischen Sprachen erfahren hat. Sein erklärtes Ziel war es, mit seiner Grammatik zur Einheit der spanischen Sprache beizutragen.
Im Jahre 1988 wurde in Santiago de Chile die Universidad Nacional Andrés Bello gegründet, die in den 1990er Jahren in den verschiedenen Fakultäten den Betrieb aufmahm.
Das Abbild André Bellos findet sich seit Dezember 1998 auf der 20.000-Peso-Banknote Chiles.
In Venezuela wird der Andrés-Bello-Verdienstorden (Orden de Andrés Bello) in mehreren Klassen verliehen.
Werke (Auswahl)
- 1847 Gramática de la lengua castellana destinada al uso de los americanos („Grammatik der spanischen Sprache für den amerikanischen Gebrauch“)
- 1855 Código Civil de Chile („Zivilgesetzbuch von Chile“)
Weblinks
Commons: Andrés Bello – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Literatur von und über Andrés Bello im Katalog des Ibero-Amerikanischen Instituts Preußischer Kulturbesitz, Berlin
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