Kongress für Psychotherapie und Seelsorge

Kongress für Psychotherapie und Seelsorge
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Die Akademie für Psychotherapie und Seelsorge e. V. (APS) ist ein 2000 gegründeter gemeinnütziger Verein evangelikaler Prägung. Satzungsmäßiger Zweck des Vereins ist es, „Begegnungen zwischen Psychotherapie und christlicher Seelsorge in Wissenschaft und Praxis zu fördern.“ Dazu veranstaltet er regelmäßig Tagungen mit diesem Ziel.

Er wurde u. a. von Medizinern der christlichen Psychotherapiekliniken Hohe Mark, Elbingerode und De’Ignis gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Arnd Barocka und Samuel Pfeifer. Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist "ein abgeschlossenes Studium der Medizin, Psychologie, Theologie oder anderer Humanwissenschaften" sowie eine "seelsorgerliche bzw. psychotherapeutische Tätigkeit" sowie eine persönliche Glaubensüberzeugung im Sinne der Deutschen Evangelischen Allianz.[1] 2009 gehören 550 Ärzte, Theologen und Psychotherapeuten zur Akademie. Die Akademie gibt seit 2005 die Zeitschrift Psychotherapie und Seelsorge heraus.

Inhaltsverzeichnis

Kongresse und Tagungen

Alle drei Jahre wird ein Internationaler Kongress für Psychiatrie und Seelsorge in Marburg veranstaltet, wobei eine bereits bestehende Kongressreihe weitergeführt wird. Bisher wurden die Themen "Psychotherapie in der Krise? Die neue Lust auf Sinn und Werte" (2003), "Ich-AG oder Beziehungs-GmbH? Herausforderungen postmoderner Lebensentwürfe" (2006) und "Identität - der rote Faden in meinem Leben" (2009) behandelt.

Zusätzlich wird jährlich eine Arbeitstagung "Empirische Forschung" sowie eine APS-Jahrestagung abgehalten. Seit 2007 gibt es auch Regionaltagungen zu einzelnen Themen[2].

Kontroversen

Die Akademie für Psychotherapie und Seelsorge ist wegen der Beteiligung Vertreter von sogenannten Ex-Gay-Ministries und ihnen nahestehenden Personen am 6. Internationalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge, der vom 20. bis zum 24. Mai 2009 in Marburg geplant ist, von vielen Gruppen (z.B. den Jungen Liberalen, der SPD-Landtagsfraktion, dem Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD), dem Oberbürgermeister der Stadt Marburg, Wissenschaftlern, der autonomen Szene in Marburg, dem Bundestagsabgeordneten Volker Beck und der Landesmitgliederversammlung der hessischen Grünen) kritisiert worden.[3][4] Der LSVD kritisierte die Teilnahme seiner Meinung nach "homophober" Referenten, die wissenschaftlich nicht anerkannte Thesen und Methoden vertreten. Nach Angaben des LSVD unterstütze der Verein solche "antihomosexuellen" Angebote auch sonst. So bewirbt sie zum Beispiel auf Ihrer Webseite ein gemeinsames Angebot von Weißes Kreuz und Wüstenstrom zur Ausbildung von Sexualberatern unter Leitung von Rolf Trauernicht, dem Vorsitzenden des Weißen Kreuzes[5]

Folgende Referenten auf dem Kongress können dem Ex-Gay-Milieu bzw. dem Umfeld von wüstenstrom und OJC/DIJG zugerechnet werden:

Bereits bei früheren Veranstaltungen des Vereins (z. B. 2003 und 2006) hatten Vertreter von Wüstenstrom und der Offensive Junger Christen die Programme ihrer Organisationen vorgestellt und die Streichung der Homosexualität aus dem ICD der Weltgesundheitsorganisation kritisiert.[6]

Die Landesmitgliederversammlung der hessischen Grünen sprach von einem „Homophobiekongress“, protestierte dagegen und kündigte weiteren Widerstand an, wenn der Kongress wie geplant durchgeführt werde.[7][8] Die SPD im Landtag in Wiesbaden hat eine Anfrage zu Homoheilern in Marburg an die hessische Landesregierung gerichtet.[9] Die Jungen Liberalen haben sich der Kritik inzwischen angeschlossen. Der Oberbürgermeister, Egon Vaupel (SPD), distanziert sich von den antihomosexuellen Referenten, will dem Kongress aber nicht die Räume entziehen.[10] Universitäre Gruppen schlossen sich der Kritik der politischen Parteien an und kündigten Widerstandsaktionen an. Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck forderte den Marburger Psychatriekongress auf, sich von den umstrittenen Referenten zu distanzieren und betonte, dass Minderheitenfeindlichkeit keine Meinung sei, die der Kongress unterstützen dürfe.[11] In der autonomen Szene in Marburg hat sich inzwischen ein Bündnis gegen den Kongress mit dem Namen „Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus“ gegründet.[12]

Gegen den Kongress protestieren jetzt auch Wissenschaftler. Die „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“ erklärte, bei den in einigen Workshops angebotenen Ansätzen zur „Behandlung“ von Homosexuellen handele es sich um „Pseudowissenschaften“, die „nicht dem Stand der biologischen und psychologischen Wissenschaft entsprechen“.[13] Auch Detlev Buchholz, der Präsident der Fachhochschule Frankfurt, kritisiert die Leitung der Marburger Universität: "Wir hier an der Fachhochschule Frankfurt tragen zur Akzeptanz unterschiedlicher sexueller Orientierungen bei, z.B. mit Veranstaltungen anlässlich des Internationalen Tages gegen Homophobie. An der Universität Marburg scheint man den Sinn der freiheitlich-demokratischen Grundordnung anders zu deuten und geht den entsprechend umgekehrten Weg. Da gerieten Gleichstellungsreferate und die Öffnung der "Dual Career Services" für Homosexuelle zum Feigenblatt, wenn man gegenüber homophoben Beiträgen in Universitäts-Veranstaltungen kein Rückgrat zeigt." [14]

Eine Reihe von Funktionären und Professoren hat ein Schreiben "Für Freiheit und Selbstbestimmung – gegen totalitäre Bestrebungen der Lesben- und Schwulenverbände"[15] unterschrieben. Dazu gehören der Philosoph Robert Spaemann (München), der Staats- und Verfassungsrechtler Martin Kriele (Köln), der Salzburger katholische Weihbischof Andreas Laun, der Vorsitzende der Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den evangelischen Kirchen Deutschlands, Ulrich Rüß (Hamburg), die Bundesvorsitzende der „Christdemokraten für das Leben“, Mechthild Löhr (Glashütten/Taunus), die Publizistin Gabriele Kuby (Rimsting/Oberbayern) der Bundestagsabgeordnete Norbert Geis (CSU) und 370 andere Personen[16].

Die Veranstalter selbst behaupten, die Referenten würden das komplette kirchliche Spektrum abbilden.[17] Dennoch sind keine Vertreter der affirmativen Psychotherapie auf dem Programm, und keine der Referenten ist offen lesbisch oder schwul. Ulrike Wagner-Rau, Professorin für praktische Theologie an der Universität Marburg, hält die umstrittenen Veranstaltungen für "theologisch nicht zu verantworten".[18]

Quellen

  1. Satzung
  2. Übersicht über die Tagungsthemen
  3. Frankfurter Rundschau: Therapeuten erzürnen Homosexuelle
  4. Standard: „Umpolungsseminare“ bei Kongress für Psychotherapie
  5. Seminar „Fortbildung für Seelsorge und psychologische Beratung“ der Vereine Wüstenstrom und Weißes Kreuz
  6. Akademie für Psychotherapie und Seelsorge: 4. Internationaler Kongress für Psychotherapie und Seelsorge, Programm, 2003 sowie Verschiedene Beträge der genannten aus den letzten Jahren
  7. Beschluss der Landesmitgliederversammlung am 28. März 2009 in Butzbach: Keinen Fußbreit der Diskriminierung – Homophobie-Kongress verhindern!
  8. Frankfurter Rundschau: Psychotherapie-Kongress in Marburg "Homo-Heiler" fühlen sich diskriminiert
  9. Frankfurter Rundschau: "Homoheiler": SPD schaltet Landesregierung ein
  10. Frankfurter Rundschau 14.4.2009 Psychotherapiekongress in Marburg Wirbel um "Homo-Heiler"
  11. Beck: Marburger Psychiatriekongress muss sich von Homo-Umpolern distanzieren - Minderheitenfeindlichkeit ist keine Meinung
  12. Frankfurter Rundschau: "Homoheiler"-Kongress in Marburg: Schwulenreferat organisiert Proteste
  13. Der Tagesspiegel:"Unis sollten Quacksalber nicht fördern"
  14. http://www.asta-fh-frankfurt.de/index.php?option=com_content&task=view&id=138&Itemid=1
  15. Initiative "Für Freiheit und Selbstbestimmung"
  16. kath.net 21.04.2009
  17. http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/Homosexualitaet-Homo-Umpoler;art304,2773277
  18. http://www.epd.de/hessen/hessen_index_64486.html

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