- Kraftwerk Walchensee
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Das Walchenseekraftwerk ist ein 1924 in Kochel am See (Entfernung vom Ortsteil Walchensee: etwa 14 km) in Betrieb genommenes Hochdruck-Speicherkraftwerk in Bayern. Es ist mit einer installierten Leistung von 124 MW bis heute eines der größten seiner Art in Deutschland und gehört der E.ON Wasserkraft GmbH in Landshut.
Inhaltsverzeichnis
Technischer Betrieb
Das Speicherkraftwerk nutzt bei einem natürlichen Gefälle von gut 200 m zwischen dem als „Oberbecken“ fungierenden Walchensee (802 m ü. NN) und dem „Unterbecken“ Kochelsee (599 m ü. NN) die Wasserkraft zur regenerativen Stromerzeugung.
Über sechs ca. 450 Meter lange Rohrleitungen, die die beiden natürlichen „Becken“ verbinden, strömt das Wasser zu den Turbinen dieses Wasserkraftwerks: vier Pelton- und vier Francis-Turbinen.
Anschließend wird es in den Kochelsee eingeleitet. Durch den dadurch stark schwankenden Wasserspiegel frieren im Winter beide Seen nicht mehr richtig zu. Die Eisflächen in den einzelnen Buchten sind dann nur sehr dünn und dürfen nicht betreten werden.
Der natürliche Abfluss des Walchensees bei Niedernach – über die Jachen zur Isar – ist durch ein Wehr versperrt, dennoch reichen die natürlichen Zuflüsse des Walchensees nicht aus, genügend Wasser für den Betrieb des Speicherkraftwerkes bereitzustellen. Daher muss zusätzlich auf das Wasser von Isar und Rißbach zurückgegriffen werden.
Isar-Überleitung
Die Isar, die als Wildwasserfluss aus dem österreichischen Teil des Karwendelgebirges kommt, wird zwischen Mittenwald und Krün bei Flusskilometer 251,5 durch ein Wehr aufgestaut, bildet hier den Krüner Isarstausee (870 m) und wird dann fast vollständig zum Walchensee übergeleitet. Dieses Isarwasser fließt zunächst nach dem Passieren des Laufwasserkraftwerks Krün in einem offenen Kanal, kreuzt vor Wallgau mittels eines Dükers die Bundesstraße 11 und wird dann bei Wallgau durch einen Tunnel dem Sachensee (867 m) zugeführt. Hier beginnt ein 3,9 Kilometer langer Druckstollen, an dessen Ende das Wasser die Turbinen des Laufwasserkraftwerkes Obernach (795 m) antreibt und schließlich in den See mündet.
Am Sachensee wird überschüssiges Wasser – weil die Menge den Bedarf in Obernach überschreitet oder gar nicht benötigt wird – oberirdisch abgeleitet. Es stürzt nach Verlassen des Speichers über eine Steilstufe (den sogenannten Isarfall) hinab, fließt dann im Obernachkanal nach Norden und mündet schließlich bei Einsiedl in den Walchensee. Auf dem Weg dahin wird die Versuchsanstalt für Wasserbau und Wasserwirtschaft der TU München passiert.
Rißbach-Überleitung
Der Rißbach kommt aus dem nördlichen Teil des Karwendelgebirges, wo er im Bereich der Ahornböden das Wasser der kleineren Bäche gesammelt hat. Nach Überschreiten der Grenze zwischen Tirol und Bayern und unmittelbar nach der Einmündung des Fermersbaches wird der wasserreiche Bach bei der Oswaldhütte an der Straße Vorderriß (Bayern) – Hinterriß (Tirol) gestaut (830 m). Hier beginnt ein Stollen mit 6960 m Länge, der bei Vorderriß mit einem Düker unter dem Flussbett der Isar und der daneben laufenden Privatstraße (gebührenpflichtig) hindurchgeführt wird und schließlich am Laufwasserkraftwerk Niedernach am Südostende des Walchensees endet. Das Kraftwerk ist seit 1951 in Betrieb.
Besonderheiten
Die Bundesstraße 11 vom Ort Walchensee nach Urfeld wird entlang des Steilhanges vom Herzogstand am Nordufer geführt. Diese Konstruktion bedarf des Gegendrucks, den das Wasser des Walchensees auf das Ufer ausübt, um die Straße nicht abrutschen zu lassen. Wenn im Winter der Wasserstand wegen des Verbrauchs durch das Walchenseekraftwerk sinkt, muss daher die Benutzung der Straße durch eine Gewichtsbeschränkung für LKW eingeschränkt werden. Zu einem bestimmten Zeitpunkt im Frühjahr ist E.ON unter Androhung einer Konventionalstrafe verpflichtet, den Wasserstand wieder so zu erhöhen, dass die Verkehrsbeschränkungen – vor allem auch wegen des Fremdenverkehrs – aufgehoben werden können.
Daher ist das Unternehmen genötigt, sich im Winter über die Schneelage im Wassereinzugsgebiet zu informieren, um berechnen zu können, wie viel Schmelzwasser voraussichtlich zur Verfügung stehen wird, um die obengenannte Forderung erfüllen zu können.
Geschichte
Oskar von Miller war der Vordenker und Planer für den Bau des Walchenseekraftwerks. Er wollte die Elektrifizierung der bayerischen Bahn (siehe auch Mittenwaldbahn) und des Landes Bayern voran bringen. Nach langer Vorarbeit beschloss der bayerische Landtag 1918 den Kraftwerksbau, und bereits 1924 begann der Betrieb unter der Ägide des staatlichen Bayernwerks. Eine Turbine speiste am 24. Januar 1924 erstmals Energie in das Stromnetz ein.
Nachdem das Bayernwerk privatisiert und von der VIAG übernommen wurde, wird das alte Kraftwerk vom Energieunternehmen E.ON Wasserkraft betrieben. Das Walchenseekraftwerk erzeugt seit seiner Inbetriebnahme auch Bahnstrom. Die erzeugte Gesamtleistung teilt sich auf in 72 MW Drehstrom und 52 MW Bahnstrom.
Tourismus
2001 eröffnete der Kraftwerksbetreiber E.ON ein neues Besucherzentrum, das jährlich knapp 100.000 Besucher zu dem Industriedenkmal hinzieht.
Weblinks
- Das Erlebniskraftwerk Walchensee
- Speicherkraftwerk Walchensee-Kraftwerk – Bebilderte Seminararbeit von Christian Holzhammer, 1999
- Das Walchensee-Kraftwerk – Entstehungsgeschichte und Funktionsweise – Referat von Anja Keim, 2003 (PDF, ca. 110 KB)
- Die „Baraber vom Walchensee“, eine historische Aktie
47.63166666666711.3375Koordinaten: 47° 37′ 54″ N, 11° 20′ 15″ O
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